Löschung von Terrorinhalten: Kleinen Providern drohen Bußgelder in Millionenhöhe
Das Kabinett hat den Bußgeldrahmen für die Schnelllöschung von Terrorpropaganda beschlossen. Der Eco hält dies für "unverhältnismäßig".

Die Bundesregierung will bei Verstößen gegen die neuen Löschfristen für Terrorinhalte kaum Unterschiede zwischen der Größe der Provider machen. Das geht aus dem Entwurf für das Terroristische-Online-Inhalte-Bekämpfungs-Gesetz (TerrOIBG) hervor, der vom Kabinett am 6. April 2022 beschlossen wurde. Demnach droht auch kleinen Providern und Inhalteanbietern je nach Verstoß ein Bußgeld von bis zu fünf Millionen Euro, wenn sie eine Löschanordnung des Bundeskriminalamts (BKA) nicht umsetzen. Damit ignoriert die Regierung entsprechende EU-Vorgaben.
Die Europäische Union hatte die Verordnung zur Schnelllöschung von Terrorinhalten vor gut einem Jahr gebilligt. Die Vorgaben für die IT-Firmen treten zum 7. Juni 2022 in Kraft. Die einzelnen Mitgliedstaaten müssen bis dahin noch Details der Umsetzung regeln.
Eco hält Vorschriften für "unverhältnismäßig"
Dazu zählen unter anderem Bußgeldvorschriften. Bei der Bußgeldbemessung sollen die Behörden laut Artikel 18 der Verordnung (PDF) unter anderem die Art und Größe des Hostingdiensteanbieters berücksichtigen, "insbesondere, ob es sich um ein Kleinst-, Klein- und mittleres Unternehmen handelt".
Nach Ansicht des IT-Branchenverbands Eco sieht der Gesetzentwurf eine solche Differenzierung nicht vor. Der Rahmen für Geldbußen erscheine "unverhältnismäßig", heißt es in einer Stellungnahme des Verbands (PDF). "Hierdurch werden insbesondere kleine und mittlere Unternehmen unverhältnismäßig und unangemessen mit einer Geldstrafe sanktioniert und in ihrer Existenz bedroht", kritisiert der Verband.
Der Eco verweist darauf, dass das Gesetz weitere Vorgaben der EU-Verordnung zur Bußgeldverordnung ebenfalls nicht berücksichtigte. Das betreffe beispielsweise Art, Schwere und Dauer des Verstoßes, frühere Verstöße oder die Finanzkraft des Hostingdiensteanbieters. Ebenfalls unterscheide der Entwurf nicht zwischen vorsätzlich und fahrlässig begangener Ordnungswidrigkeit. Eine entsprechende Korrektur und Klarstellung halte Eco "allerdings für dringend notwendig".
Deutlich höhere Bußgelder drohen jedoch einer "juristischen Person oder Personenvereinigung mit einem jährlichen Gesamtumsatz von mehr als 125 Millionen Euro". Diese müssen mit einer Geldbuße von "bis zu 4 Prozent des im vorangegangenen Geschäftsjahr erwirtschafteten weltweiten Jahresumsatzes" rechnen. Allerdings nur dann, wenn sie vorsätzlich einen Terrorinhalt "nicht oder nicht innerhalb einer Stunde nach Erhalt einer vollziehbaren Anordnung entfernt und den Zugang nicht oder nicht innerhalb einer Stunde nach Erhalt einer vollziehbaren Anordnung sperrt". Bei einem Unternehmen wie Meta entspräche dies einer Summe von rund 4,7 Milliarden US-Dollar.
Auch in diesem Fall erscheint die Umsetzung der Verordnung nicht nachvollziehbar. Denn sie sieht ein so hohes Bußgeld nur "bei einem systematischen oder ständigen Verstoß" gegen die Löschpflichten vor. Dies wird im Gesetzentwurf nicht berücksichtigt.
Verzehnfachung gestrichen
Gestrichen im Kabinettsbeschluss wurde jedoch ein Passus, wonach sich das maximale Bußgeld auf bis zu 50 Millionen Euro verzehnfachen könne, "wenn es sich bei dem Hostingdiensteanbieter um eine juristische Person oder Personenvereinigung handelt". Eine solche Formulierung mit Verweis auf Paragraf 30, Absatz 2, Satz 3 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) fand sich noch im Referentenentwurf des Innenministeriums (PDF).
Dem Gesetzentwurf zufolge soll künftig das BKA als zuständige Behörde die Löschanordnungen erlassen und überprüfen. Die Bundesnetzagentur wiederum soll überwachen, ob Hostinganbieter bestimmte Maßnahmen umsetzen, wenn diese vermehrt terroristischen Inhalten ausgesetzt sind. Technische Maßnahmen wie Uploadfilter, um das Hochladen solcher Inhalte zu verhindern, werden in der Verordnung nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Vorgeschrieben sind hingegen unter anderem "eine angemessene Ausstattung mit Personal oder technischen Mitteln, um terroristische Inhalte zu ermitteln und unverzüglich zu entfernen oder den Zugang dazu zu sperren".
Kritik an EU-Verordnung
Mehr als 60 Menschenrechts- und Journalisten-Organisationen hatten vor einem Jahr die EU-Verordnung kritisiert. Denn diese schaffe Anreize für Online-Plattformen, automatisierte Werkzeuge wie Upload-Filter einzusetzen, um Inhalte zu entfernen. Es sei "besonders besorgniserregend", dass jedes beliebige EU-Land ohne jede Kontrolle oder gerichtliche Überprüfung Löschungen anordnen könne. "Dies könnte autoritären Regimen wie denen in Polen und Ungarn den Weg ebnen, ihre Kritiker im Ausland zum Schweigen zu bringen, indem sie jenseits ihrer Grenzen geltende Entfernungsanordnungen ausstellen und so ihre Gerichtsbarkeit effektiv über ihre Grenzen hinaus ausweiten", hieß es.
Dem Gesetzentwurf müssen noch Bundestag und Bundesrat zustimmen. In Kraft treten soll das Gesetz am Tag seiner Verkündigung.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Wäre mir neu das Putin behauptet das es keinen Krieg gibt. Nur haben die Russen ein...
Was ist denn der Unterschied zwischen Deutschland dann? Ich sehe nicht das sowas wie die...
1. Ein Server einer Firma wird kompromitiert und es findet entsprechendes Hosting statt...
und dort wird die nicht stattfindende Verhältnismässigkeit moniert werden. Im Idealfall...
Kommentieren