'Eine Armee aus Hunderten Sockenpuppen'
Doch es macht ständig Pling. Jedes Pling bedeutet: eine neue Nachricht. Gerade hat Klaus Peukert mir geantwortet. Der Liquid-Feedback-Bundesvorstand klingt sauer und findet es "bedauerlich", dass ich nicht seine ausführlichere Antwort abgewartet hätte, denn eigentlich habe er mir darin erklären wollen, welche Gegenmaßnahmen in Zukunft geplant seien. Stattdessen dürfe er sich jetzt "erst mal damit herumschlagen, dass 'Liquid Feedback manipulierbar ist' und jeder vermeintlich eine Armee aus Hunderten Sockenpuppen sein Eigen nennt".
Mein Mitleid hält sich in Grenzen: Wenn die Leute ihm als dem Liquid-Feedback-Verantwortlichen in der Partei jetzt die Bude einrennen und wissen wollen, wie groß das "Sockenpuppen"-Problem wirklich ist, dann habe ich doch genau das Richtige getan.
Ob sich in meinem Piratenpad schon etwas getan hat? Nun ja, ein wenig. Ein anonymer Kommentator behauptet: "Klar sind die Abstimmungsergebnisse aus dem Liquid fürs Klo." Ein anderer hält die Liquid-Feedback-Meinungsbilder sowieso nur für "Spielkram", der "selbst unmanipuliert relativ wenig" aussage. Außerdem hat jemand meinen Text um den Hinweis ergänzt, dass sich das Manipulationsproblem doch eigentlich lösen lassen sollte - mit der "Bundeskiste".
Richtig, die "Bundeskiste". Das Projekt mit diesem komischen Namen hatte mir Peukert in einer seiner E-Mails auch schon angekündigt. Und ich hatte anschließend sogar annähernd verstanden, dass mit der "Bundeskiste" die Mitgliederdaten der Piratenpartei überprüft werden sollen - irgendwie per "Hashtag-Algorithmus" oder so.
Auf Twitter diskutiert der Liquid-Feedback-Bundesvorstand inzwischen mit anderen namhaften Piraten über "Sockenpuppen" und die Möglichkeiten, sie aus dem Liquid Feedback zu entfernen. Ich beschließe, das nicht auch noch auf mich zu beziehen, und mache mich auf zum wöchentlichen Treffen meiner Kiez-Piraten im Caminetto.
Manipulationsspiele bei den Kiezpiraten
Als ich dort mit einer halben Stunde Verspätung ankomme, unterbricht Kapitän Denis die Tagesordnung, damit ich den anderen Crew-Mitgliedern kurz von meiner Aktion erzähle. Ihn selbst, sagt Denis, habe mein Tweet vorhin vom Bürostuhl gehauen. Und auch andere reagieren ungläubig. So einfach sei das mit den Mehrfach-Accounts? Wie viele Piraten diese Masche wohl systematisch ausgenutzt hätten? Ralf, Fraktionssprecher der Piraten in Friedrichshain-Kreuzberg, klingt aufgebracht. Dann werde er sich jetzt aber auch ein paar zusätzliche Stimmen holen, ruft er in die Runde.
Pling! Mein Smartphone meldet: Andere Mitstreiter aus meiner Crew haben meine Twitter-Nachricht über Pirat111 weiterverbreitet, die Zahl meiner Follower wächst.
Die Kellnerin serviert Pizza, mein Vorstoß wird jetzt kontrovers diskutiert: Wenn solche Schlupflöcher existierten, dann würden sie selbstverständlich auch ausgenutzt, argumentieren die einen. Andere melden Zweifel an. Wer bei solchen Betrügereien erwischt werde, sei politisch erledigt. Deshalb werde sich das wohl kaum ein Pirat trauen. Außerdem solle man das nicht alles dem Klaus als Bundesvorstandsmitglied anlasten, schließlich habe der erst im Frühjahr seinen Posten angetreten und einen Berg von Problemen geerbt.
Dann fängt jemand an, alternative Manipulationsmöglichkeiten durchzuspielen: Mit Fantasienamen könne jeder theoretisch diverse Mitgliedsanträge stellen. Auch das falle vermutlich niemandem auf, denn für den Parteieintritt sei ja kein Personalausweis nötig. Tom sieht noch ein anderes Problem: Als Doppelmitglied hätte ich mir theoretisch bei Parteitagen sogar zwei Stimmkarten-Sets holen und doppelt abstimmen können. Und das hätte für die Partei so richtig Ärger bedeutet, denn alle Voten wären anfechtbar gewesen. Auf diese Idee wäre ich nicht mal gekommen!
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