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Limux: München prüft Rückkehr zu Windows

Nach einer hitzigen Debatte hat die rot-schwarze Mehrheit im Münchner Stadtrat den Weg zu einer Abkehr vom Limux -Projekt eingeschlagen. Es soll geprüft werden, wie bis Ende 2020 auf den städtischen Rechnern wieder Windows statt Linux laufen soll.
/ Jörg Thoma
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München wird Limux vermutlich rückabwickeln. (Bild: Metropolico.org/Flickr.com)
München wird Limux vermutlich rückabwickeln. Bild: Metropolico.org/Flickr.com / CC-BY-SA 2.0

Münchens Limux-Projekt läuft mittlerweile im Regelbetrieb, dennoch will die Stadt jetzt eine Rückkehr von Linux zu Windows prüfen. Der Stadtrat hat einen entsprechenden Änderungsantrag des Verwaltungs- und Personalausschusses abgesegnet. Dem zufolge wird nun ein Konzept erstellt, wie das Limux-Projekt bis Ende 2020 komplett eingestellt und die gesamte IT-Infrastruktur mit Windows-Basis-Clients ausgestattet werden kann. Darüber hinaus soll eine Umstellung von "Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationsprogramm, PDF-Reader, E-Mail-Client, Internetbrowser" auf "marktübliche Standardprodukte" erwogen werden.

Zudem wird mit dem Beschluss ein neues zentrales IT-Referat geschaffen und die Gründung einer Betriebs-GmbH soll untersucht werden. Darin könnte unter anderem der technische Dienstleister it@M ausgegliedert werden. In einer GmbH könnten marktübliche Gehälter gezahlt werden, um Experten anzulocken und die vielen nicht besetzten Stellen auszufüllen, sagte Kristina Frank von der CSU. Es handele sich hierbei zunächst aber lediglich um Prüfanträge, betonte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter. Es werde künftig nochmal eine Abstimmung darüber im Stadtrat geben. Zum einen soll zunächst die allgemeine Wirtschaftlichkeit überprüft werden und zum anderen, ob eine Umstellung in jedem Bereich sinnvoll sei.

Frust ist schlechter Ratgeber

Der Entscheidung des Stadtrates war eine hitzige Debatte vorausgegangen, zu deren Schluss sich Reiter selbst zu Wort meldete. Die Mitarbeiter seien überwiegend mit Limux frustriert, sagte Reiter. Über diesen Frust ließe sich hinwegsehen - "wenn wir wenigstens preisgünstig wären" , was laut Reiter aber nicht der Fall ist. Die gefassten Beschlüsse sollen nun dafür dienen, die Frustration der Mitarbeiter zu beenden.

Dem Standratsmitglied Thomas Ranft (Piraten) zufolge handelt es sich hierbei aber nicht um ein Problem von Limux, sondern um Probleme in der IT-Infrastruktur. Auch der Grünen-Politiker Florian Roth sagte, es gebe keinen Grund für den Wechsel, dieser sei lediglich eine politische Entscheidung. Eine Umfrage unter den Beschäftigten habe ergeben, dass nicht Limux, sondern die fehlerhafte Infrastruktur das Problem sei. Auch im jüngsten Gutachten der Firma Accenture sei keine Rede von einer nötigen Rückkehr zu Windows-Produkten.

Tobias Ruff von der ÖDP warnte, dass Frust kein guter Ratgeber bei einer solchen Entscheidung sei. Frust sei bei der PC-Nutzung außerdem allgegenwärtig, das werde auch ein Umstieg auf Windows nicht ändern. Brigitte Wolf von den Linken sagte dazu, die aktuellen Probleme würden durch den Einsatz Windows nicht gelöst. Ein Mailserver könne dennoch abstürzen oder eine Anwendung unter einer Windows-Version nicht mehr laufen, ganz abgesehen davon, dass gerade im mobilen Bereich die diversen Betriebssystemversionen zu Kompatibilitätsproblemen führen.

Umstellung zur Frustvermeidung

SPD-Mitglied Anne Hübner verteidigte hingegen den Antrag. Sie bemängelte den Einsatz veralteter Windows-Clients, sprach aber gleichzeitig von "gut funktionierenden Limux-Clients" und fragte, warum es weiterhin zwei unterschiedliche Systeme geben müsse. Hier gebe auch das Accenture-Gutachten eben keine eindeutige Antwort. Eine politische Auseinandersetzung sei zudem nicht zielführend. In der langen Zeit bis 2020 soll weiterhin untersucht werden, ob die aktuelle Beschlussvorlage in jedem Einzelfall sinnvoll und ob die Kosten einer Umstellung gerechtfertigt sind.

Kristina Frank von der CSU bemängelt, dass die aktuelle städtische IT nicht mehr zeitgemäß sei und legte ihre Argumente wohl ganz im Sinne des Koalitionspartners der SPD dar. In Bezug auf Limux bemängelt Frank, dass sich München alleine auf weiter Flur befinde. Vor allem kritisierte sie, dass es immer wieder Kompatibilitätsprobleme beim Dokumentenaustausch und bei der Verwendung von zusätzlicher Software gebe. Limux sei auch wenig intuitiv. Eine IT-Infrastruktur müsse einfach funktionieren, um dem Frust der Mitarbeiter entgegenzuwirken. Weil der Umstieg schnell gehen müsse, habe man sich für Windows entschieden.

Es muss Windows sein

Im ursprünglichen Antrag(öffnet im neuen Fenster) zur Neuorganisation der kommunalen Informations- und Kommunikationstechnik hatte es noch geheißen, bis Ende 2020 solle ein stadtweiter einheitlicher Standard für "intern und extern kompatible, moderne Bürosoftwareanwendungen" erarbeitet werden. Dazu solle ein eigenes IT-Referat gegründet werden, dessen Referenten für die gesamte städtische IT zuständig sein sollen. "Strategisches Ziel muss es zudem sein, dass die städtischen Anwendungen unabhängig vom Betriebssystem des Endgerätes funktionieren. Dies ist auch deshalb wichtig, weil zunehmend mobile Endgeräte zum Einsatz kommen, die weder unter Linux noch unter Microsoft laufen" , heißt es dort weiter.

Vor knapp einer Woche wurde zusätzlich ein Änderungsantrag gestellt, der explizit die Rückkehr zu Windows als Client-Betriebssystem auf städtischen Arbeitsrechnern vorsieht. In einem neuen Unterpunkt heißt es dort: "Die Verwaltung wird beauftragt, unverzüglich ein Konzept zu erstellen, wie auf Basis des neu zu entwickelnden Windows-Basis-Clients bis spätestens zum 31.12.2020 eine stadtweit einheitliche Client-Architektur geschaffen werden kann." In einer Übergangszeit sollen einzelne Teile der Münchner Verwaltung je nach Bedarf sowohl Windows als auch Limux im Mischbetrieb nutzen. Dies ist heute beschlossen worden.

Mangelnder politischer Rückhalt für Limux

Bereits zu Beginn der aktuellen Legislaturperiode im Jahr 2014 wurde Kritik der politischen Verantwortlichen der rot-schwarzen Mehrheit im Stadtrat an dem Limux-Projekt laut. Weil sich viele Mitarbeiter über das System beschwert hätten, wollte der zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU) eine Rückkehr von Limux zu Windows prüfen lassen . Dieses von Schmid gesteckte Ziel ist nun mehr als zwei Jahre später politisch abgesegnet worden. Die Ausgangslage war damals wie heute aber nicht zwingend auf den Limux-Client zurückzuführen, sondern auf andere Probleme der IT-Organisation.

Anders als sein Vorgänger Christian Ude, der 2003 das Limux-Projekt initiierte, hielt sich auch der aktuelle Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) mit seiner politischen Unterstützung des Limux-Projekts eher zurück. Anlass seiner Kritik war unter anderem der tagelange Ausfall der E-Mail-Infrastruktur. Damals bemängelten Münchner IT-Mitarbeiter den offenbar fehlenden politischen Rückhalt, der ihre Arbeit massiv erschwert.


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