Bußgelder nur bei Organisationsversagen
Die nun veröffentlichten Leitlinien machen im Vergleich zum Entwurf noch einmal deutlicher, dass die Netzwerke nicht dafür bestraft werden sollen, wenn sie einzelne strafbare Inhalte nicht sofort gelöscht haben. "Diese Organisationspflicht ist bußgeldbewehrt (...); die einzelnen Fristvorgaben bei der Handhabung von Beschwerden (...) sind lediglich Indikatoren für die Erfüllung dieser Organisationspflicht und nicht selbständig bußgeldbewehrt." Weiter heißt es nun: "Dem sozialen Netzwerk droht bei einer Fehlentscheidung im Einzelfall kein Bußgeld. Diese gebotene systemische Betrachtungsweise verhindert, dass es zur vorsorglichen Löschung oder Sperrung von Inhalten aufgrund der Befürchtung vor einer möglichen Bußgeldandrohung kommt ('Overblocking')."
Zudem wird deutlicher gemacht, dass kein soziales Netzwerk von sich aus nach strafbaren Inhalten suchen muss. Eine Prüfpflicht werde erst dann ausgelöst, "wenn der Nutzer eine substantiierte Beschwerde beim sozialen Netzwerk einlegt. Die Beanstandung des Betroffenen muss so konkret gefasst sein, dass der Rechtsverstoß auf Grundlage der Behauptungen des Betroffenen qualifiziert geprüft werden kann".
Nicht nur in deutscher Sprache
Weiterhin enthalten ist die Forderung, dass auch Inhalte geprüft werden müssen, die nicht in deutscher Sprache verfasst wurden. Maßgeblich ist in diesem Fall, dass es "um Beschwerdestellen oder Nutzer geht, die ihren Sitz im Inland haben oder im Inland wohnhaft sind". Die Leitlinien stellen nun klar, "dass es sich um rechtswidrige Inhalte handelt, die dem räumlichen Anwendungsbereich des deutschen Strafrechts unterfallen". Das heißt, strafbare Inhalte, die nicht durch die deutsche Justiz geahndet werden können, müssen nicht entfernt werden.
Kritiker des NetzDG sehen sich durch die nun veröffentlichten Leitlinien in ihrer ablehnenden Haltung bestätigt. "Die Gefahr des Overblockings als Folge der im Gesetz festgelegten starren Löschfristen bleibt bestehen und wird durch die Leitlinien nicht aufgelöst. Der entscheidende Faktor Zeit geht zwangsläufig auf Kosten der Sorgfalt, die die Betreiber sozialer Netzwerke bei der Prüfung der einzelnen Sachverhalte aufwenden können", teilte der IT-Branchenverband Eco mit. Das Gesetz bleibe "eine Gefahr für die Meinungsfreiheit und sollte grundlegend überarbeitet werden".
Beschwerdeberichte erst im Juli
Inwieweit dies passieren wird, ist noch unklar. Union und SPD haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, das Gesetz "insbesondere im Hinblick auf die freiwillige Selbstregulierung weiterzuentwickeln". Möglicherweise könnte eine firmenübergreifende Einrichtung zur Selbstregulierung künftig zur Pflicht gemacht werden. Dies deuteten Netzpolitiker der CDU wie Nadine Schön und Thomas Jarzombek zuletzt an.
Nach anfänglicher Aufregung über zu viel gelöschte satirische Beiträge ist es in den vergangenen Wochen stiller um das Gesetz geworden. In den ersten beiden Monaten dieses Monats waren zudem nur 200 Beschwerden beim Bundesamt für Justiz eingegangen, weil auf Hinweise nicht schnell genug reagiert worden sei. Das heißt, die sozialen Netzwerke scheinen in der Tat die strengen Löschpflichten ernst zu nehmen. Ob die Netzwerke möglicherweise zu viel löschen, dürfte wohl erst aus den Beschwerdeberichten hervorgehen, die im kommenden Juli veröffentlicht werden müssen.
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Leitlinien zu NetzDG: Regierung legt Bußgeldvorgaben in Millionenhöhe fest |
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Ach so, seit wann ist denn die Bibel Quelle rechten Gedankengutes? https://www.die-bibel...
Ist mir auch aufgefallen, auf Twitter wird von Nutzern oder durch Posts von den...
Twitter macht das mit solchen Länderfiltern. Mir sind in den letzten Wochen vermehrt...
Oder es wird denen Auferlegt, sonst sind die schnell wieder weg.