Leistungsschutzrecht: Sind Suchmaschinen wirklich Alligatoren?
Ist das Leistungsschutzrecht gefährlicher Schwachsinn oder doch dringend notwendig, damit Medien überleben? Im Rechtsausschuss stritten Gegner und Befürworter.

Seit vielen Monaten wird auf Podien und in Artikeln und Blogbeiträgen über das sogenannte Leistungsschutzrecht gestritten. Presseverlage wünschen sich vom Gesetzgeber dieses Sonderrecht, um vor allem Google verklagen zu können. Die Bundesregierung hat ihnen einen entsprechenden Gesetzentwurf geschrieben, der nun durch die Gremien des Parlamentes wandert. Am Mittwoch war der Rechtsausschuss dran. Der hatte Juristen und Verbände geladen, um sich erklären zu lassen, welche Folgen das Gesetz denn hätte, das man da geschrieben hat.
- Leistungsschutzrecht: Sind Suchmaschinen wirklich Alligatoren?
- Nicht notwendig, ohne Nutzen und riskant
Bei der Anhörung im Paul-Löbe-Haus gab es keine Zwischentöne, der Gesetzentwurf kennt nur Fans und erklärte Gegner. Nur die Betroffenen fehlten, Google und andere Suchmaschinenbetreiber waren nicht als Sachverständige geladen und konnten nur als Zuschauer teilnehmen. Drei Stunden lang ging es um das Für und Wider, hier die Positionen: Die Befürworter des Gesetzesvorhabens: Jürgen Ensthaler, Richter am Bundespatentgericht, argumentierte, das Gesetz tue nichts anderes als schon existierende Gesetze, denn auch bei Musik gebe es einen Leistungsschutz. Googles Argument, mit Google News werde kein Geld verdient und mit Presseinhalten insgesamt nur wenig, hält Ensthaler für irrelevant. Denn es besage "noch nichts über die wirtschaftlichen Auswirkungen bei den Verlagen". Irgendeinen Vorteil werde Google schon haben, schreibt er in seinem Gutachten. Sonst würde die Suchmaschine Inhalte von Verlagen nicht indizieren. Dass Verlage durch Google mehr Besucher bekommen, gilt ihm ebenfalls nichts. Denn mehr Besucher würden nicht zwingend bedeuten, mehr mit Werbung zu verdienen.
Der Verband der Zeitschriftenverleger (BDZV) findet, alle anderen Anbieter wie zum Beispiel Musikverlage hätten längst ein eigenes Schutzrecht, nun bekämen es auch endlich die Medien für ihre verlegerischen Leistungen. Es beseitige also nur eine Ungleichbehandlung, zumindest zum Teil. Denn der Verband möchte den Regierungsentwurf noch ausgeweitet sehen. Für einen "effektiven Schutz" der Verleger sei es nötig, zusätzlich ein Vervielfältigungsrecht einzuführen, schreibt Christoph Keese im Namen des Verbandes.
Keese gilt als Vater der Idee, Zeitungstexte auch in kleinsten Schnipseln extra schützen zu lassen. Er ist Lobbyist bei Springer und argumentiert seit langem für ein solches Gesetz. In der Anhörung nannte er Suchmaschinen "Alligatoren", die noch dazu "Ausländer" seien.
Verleger wollen LSR noch ausweiten
Das Gesetz ist in seiner jetzigen Form schon heftig umstritten. Verlegern aber genügt es noch nicht, sie wollen nicht nur Google zur Kasse bitten. Das würde bedeuten, dass auch jene betroffen sind, die beispielsweise einen Newsletter mit Links zu Artikeln verschicken.
Außerdem sei das Leistungsschutzrecht leider auf gewerbliche Anbieter beschränkt, bemängelte der BDZV. Mit anderen Worten: Auch private Anbieter sollten nach dem Wunsch der Verleger zahlen müssen, wenn sie einen Link setzen und Verlagen Nutzer zuführen. Zum Beispiel Medienbeobachtungsdienste. Datenbanken wie Genios sind spezialisierte Suchmaschinen für Presseartikel. Sie sind derzeit nicht betroffen, weil sie nicht offen zugänglich sind. Der BDZV würde das gern ändern, da diese Anbieter mit ihrem Dienst Geld verdienen. Davon hätte man gern etwas ab.
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) befürwortete den Entwurf ebenfalls. Das Internet führe dazu, dass Werke allgegenwärtig legal und illegal genutzt werden könnten, schreibt er in seiner Stellungnahme für den Bundestag. Und versteigt sich zu der unbewiesenen Behauptung, ein Leistungsschutz könnte auch der "Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Kultur und ihrer Vielfalt" dienen.
Technischer Schutz ersetzt kein Gesetz
Auch der DJV stellte in seinem Gutachten die Frage, ob Suchmaschinen wirklich die Einzigen seien, die "verlegerische Leistungen gewerblich in Anspruch nehmen". Randnotiz: Als einziger der geladenen Vertreter machte der DJV konkrete Vorschläge, wie der Gesetzestext in seinem Sinne umformuliert werden sollte.
Zu den Befürwortern gehört auch Rolf Schwartmann, der Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht. Er findet es "systemwidrig", dass es noch kein solches Recht gibt. Denn das Internet habe die Verhältnisse umgekehrt. Bislang hätten allein Verleger die Verwertungskette für Druckerzeugnisse kontrolliert. Das sei dank Netz nun anders, daher brauche es ein neues Recht.
Schwartmann ging auf das Argument ein, Verlage könnten ihre Inhalte vor Suchmaschinen verbergen, indem sie in der robots.txt genannten Datei eine Verwendung untersagen. Das Argument "läuft leer (...) mit speziellen Crawlern oder auch händisch" könnten Artikel ja trotzdem verlinkt werden. Technischer Schutz ersetze nicht den Schutz durch ein Gesetz.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Nicht notwendig, ohne Nutzen und riskant |
- 1
- 2
Zum diesem Leistungsschutzgesetz fällt mir nur eines ein: Die menschliche Dummheit ist...
Das ist völlig richtig, aber nicht das, wovon neocron schreibt. Denn die Trailer werden...
Pö, zu umständlich! Ich habe die Feeds von vielen abonniert, da klicke ich einfach nur...
Das ist wahrscheinlich nicht ganz nicht, da vom LSR eventuell auch journalistische Blogs...