Leistungsschutzrecht: Kollateralschäden eines unsinnigen Gesetzes
Seit drei Jahren gilt das Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Welche Nebenwirkungen es hat, zeigt der Streit der Süddeutschen Zeitung mit einem Startup.

Selten sind sich Richter, Kläger und Beklagter so einig, dass ein Gesetz nichts taugt, wie an diesem Donnerstag im Juli. Im Sitzungssaal E.06 des Oberlandesgerichts München (OLG) geht es um das Leistungsschutzrecht für Presseverleger, in Kraft getreten vor ziemlich genau drei Jahren und seither Musterbeispiel für gesetzgeberischen Murks.
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Eigentlich wollte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung mit den neuen Paragrafen 87f bis 87h, die sie ins Urheberrechtsgesetz geschrieben hat, den deutschen Presseverlagen helfen. Die klagten, Google schade ihnen und ihrem Geschäftsmodell mit seinen kostenlos angebotenen Ausschnitten von Presseartikeln. Also verpflichtete die Regierung alle Betreiber von Suchmaschinen und ähnlichen Diensten, Lizenzverträge mit Verlagen abzuschließen, wenn sie deren Inhalte in kurzen Vorschautexten zusammenfassen wollen. Für alles, was über "einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte" hinausgehe, sollten Suchmaschinen den Verlagen Geld bezahlen. So weit die Theorie.
Es gibt keine Gewinner
Die vorläufige Bilanz: Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger kennt nur Verlierer. Die damalige Bundesregierung hat sich blamiert, weil das Leistungsschutzrecht wie ein fortschrittsfeindliches Geschenk an die mächtigen deutschen Verleger wirkte. Die Verleger verlieren, weil sie von Google kaum Geld bekommen. Bisher haben sie ganze 714.540 Euro aus dem neuen Recht eingenommen - davon exakt nichts von Google. Im Gegenteil: Die juristische Auseinandersetzung mit dem Suchmaschinenanbieter hat die Verlage schon jetzt 3,3 Millionen Euro gekostet. Vergleichsweise kleine, innovative Onlinedienste verlieren, weil sie durch das Leistungsschutzrecht in ihrer Existenz gefährdet sind. Dabei hätte sich die Bundesregierung so gerne auf die Fahnen geschrieben, gerade sie zu fördern.
Einer dieser Dienste ist Ubermetrics, gegründet 2011 von Patrick Bunk. Der sitzt nun mit seinen Anwälten im Sitzungssaal E.06 und versucht darzulegen, wie praxisfern das Leistungsschutzrecht ist.
Ubermetrics bietet einen sogenannten Medienbeobachtungsdienst an, er heißt Delta. Bunks Firma analysiert vom Alexanderplatz in Berlin aus die Medienlandschaft und stellt gegen Gebühr zusammen, was Online- und Offlinemedien über die vom Kunden gewünschten Themen berichten. Neben Überschrift, Erscheinungsdatum, Quelle und Autor zeigt Delta auch, wie groß die Reichweite der gefundenen Artikel oder Sendungen war, wie schnell sie sich in sozialen Netzwerken verbreitet haben und ob sie eher positiv oder eher negativ über das Thema berichteten. Wer den Dienst nutzt, kann beispielsweise sehen, wie erfolgreich die eigene PR und das Marketing sind, wer zu einem bestimmten Themengebiet etwas Wichtiges zu sagen hat, oder auch, welcher Zulieferer im Ausland gerade in Schwierigkeiten steckt. Patrick Bunk bezeichnet Delta als "High-End-Variante von Google Alerts".
"Wir sind auch nicht glücklich mit diesem Gesetz"
Der Süddeutsche Verlag findet, Bunk hätte eine Lizenz kaufen müssen, um in seinem Dienst auch Textausschnitte der Süddeutschen Zeitung (SZ) anzeigen zu dürfen. Daher sitzen Bunk im Gerichtssaal in München nun Vertreter der Dokumentations- und Informationszentrum München GmbH (DIZ) gegenüber. Die DIZ vermarktet im Auftrag der SZ die Nutzungsrechte an den Inhalten der Zeitung und sie verfolgt Verstöße gegen diese Rechte. Die SZ und ihr Verlag gehören zwar nicht zu jenen Leistungsschutzrecht-Befürwortern, die sich in der VG Media zusammengeschlossen haben und seither gemeinsam, aber weitgehend erfolglos mit Google streiten. Der Anwalt der DIZ sagt sogar: "Wir sind auch nicht glücklich mit diesem Gesetz." Trotzdem geht der Süddeutsche Verlag gegen Ubermetrics vor.
Im Kern geht es in der Auseinandersetzung um einige Artikel, die in der Onlineausgabe der SZ erschienen sind, und darum, was Delta mit ihnen gemacht hat. Wie andere Medienbeobachtungsdienste und Suchmaschinen auch erstellt Delta nach Eingabe bestimmter Suchbegriffe kurze Vorschautexte der Artikel, sogenannte Snippets. Die werden den Nutzern zusammen mit einem Link auf die Quelle angezeigt. Einige dieser Snippets waren ziemlich lang, nämlich zwischen 235 und 250 Zeichen. Bunk erklärt das mit einer "temporären Überlastung unserer Schnittstelle in Verbindung mit einem Implementierungsfehler". Doch auch wenn die Snippets länger waren als von Ubermetrics vorgesehen, seien sie "im Markt bei anderen durchaus üblich und unserer Ansicht nach rechtskonform" gewesen.
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Was sind 'kleinste Textmengen'? |
Ein MdB hat zu keinem Zeitpunkt Anspruch auf eine Abfindung. Die gibt es schlicht nicht...
Sie wollen ja alle in der Trefferliste angezeigt werden. Google hat nach Einführung des...
Hast Recht. Ein guter Lobbyist liegt in diesem Gehaltsgefüge.
Und solange das nicht passiert muss das Gesetz ja automatisch ungültig sein, denn sonst...