Laschet, Merz, Röttgen: Mit digitalem Bullshit-Bingo zum CDU-Vorsitz
Die CDU wählt am Wochenende einen neuen Vorsitzenden. Merz, Laschet und Röttgens Chefstrategin Demuth haben bei Netzpolitik noch einiges aufzuholen.

Mit einer monatelangen Verzögerung durch die Coronavirus-Pandemie wählt die CDU am kommenden Wochenende auf einem digitalen Parteitag ihren neuen Vorsitzenden. Die Delegierten können den Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer dabei erstmals in einer "digitalen Wahlkabine" bestimmen. Die drei Kandidaten Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen stehen zur Wahl. In längeren Befragungen haben sie ihre netzpolitischen Konzepte dargelegt. Das lief teilweise auf reines Bullshit-Bingo mit wenig Substanz hinaus.
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In 40- bis 55-minütigen Gesprächen nahmen sich Merz, Laschet und Röttgens "Chefstrategin" Ellen Demuth ausgiebig Zeit, um mit zwei Vertretern des Unions-nahen Digitalvereins Cnetz über Digitalisierungsthemen zu sprechen. Kritische Rückfragen stellten Thomas Schauf und Jörg Müller-Lietzkow jedoch nicht. Vielmehr ging es darum, sich gegenseitig die Bälle zuzuwerfen und die Positionen der Kandidaten zu digitalen Buzzwords wie Künstliche Intelligenz (KI), Quantencomputer, Blockchain und Smart Cities abzufragen.
Merz fordert Standortverfolgung bei Corona-Apps
Immerhin waren alle drei Gesprächspartner relativ ehrlich und räumten ein, Computer und Digitalisierung nur aus der Perspektive der Anwender zu kennen. Das ist nicht unbedingt ein Manko für einen Spitzenpolitiker. Denn Informatiker wie die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken sind in solchen Positionen noch eher die Ausnahme. Dennoch zeigt sich in den Gesprächen mehrfach, dass der technische Background für manche Positionen durchaus hilfreich sein könnte. Mit Laschet, Merz oder Röttgen wird auf jeden Fall ein Jurist aus Nordrhein-Westfalen neuer CDU-Chef.
Bezeichnend dafür sind beispielsweise die Vorschläge des früheren Unionsfraktionsvorsitzenden Merz für eine Verbesserung der Corona-App. So sagte der 65-Jährige in dem Talk: "Warum ist die Corona-App so wirkungslos? Weil sie im Grunde genommen zwar registriert, wer Corona hat, aber die Nachverfolgung nicht erlaubt." In asiatischen Ländern wie Südkorea oder Japan sei "die Nachverfolgung der entscheidende Parameter gewesen für den Erfolg der Digitalisierung im Zusammenhang mit Corona. Und wir schicken Faxe in die Gesundheitsämter. Das ist nicht mehr der Stand der Technik, den wir haben sollten".
Untaugliche Vorschläge
Nach Ansicht von Merz steht Deutschland "vor der Abwägung zwischen Datenschutz und Gesundheitsschutz". Sein Vorschlag: "Wenn ich mit meinem Handy in die Niederlande reise, dann werde ich kurz hinter der Grenze freundlich begrüßt vom dortigen Telekom-Provider. Mein Provider weiß, wo ich bin. Warum kann mein Gesundheitsamt das nicht auch wissen?" Merz fügte hinzu: "Ich habe damit keine Probleme. Das ist gar keine technische Diskussion. Es ist eine zutiefst gesellschaftspolitische Diskussion, die wir in diesem Land dringend führen müssen, wenn wir mit der Digitalisierung weiterkommen wollen."
Nun weisen IT-Experten wie der CCC-Sprecher Linus Neumann seit Wochen darauf hin, dass die asiatischen Länder keine anderen oder besseren Corona-Apps als Deutschland verwenden. Die Deutsche Telekom hat schon Anfang März 2020 das Handytracking von Infizierten per Funkzellenabfrage als "Unfug" bezeichnet. Auch wenn sich die Bundesregierung vermutlich lieber für den zentralen Ansatz der Corona-App entschieden hätte: Die Vorgaben von Apple und Google für die Bluetooth-API gaben am Ende den Ausschlag für das dezentrale Konzept. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Das ist eben doch eine technische Diskussion.
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Laschet will nicht "oberster Nerd der Republik" sein |
Ich kann "Digitalministerium" nicht mehr hören, das Thema ist seit 10 Jahren einfach...
Das ist ein echtes Problem. Die Leute, die sich am Status Quo festklammern kommen in...
Merz hat versucht, die taktisch klügste Antwort zu geben. Klingt für einen Entwickler wie...
Föderalismus hat halt auch Vor und Nachteile. Wäre es nicht sinnvoller wenn der Bund für...