Die Oberstufe als ewiges Provisorium

Bei der Oberstufe kann die Ariane 5 mit echter Hightech punkten. Die Oberstufe jeder Rakete hat die kleinsten Triebwerke. Bei Einsatz der gleichen Technik sind kleinere Triebwerke deutlich billiger. Es lohnt sich nirgendwo so sehr, Triebwerke auf größtmögliche Effizienz und Gewichtseinsparung zu optimieren. Leider tut die Ariane 5 genau das nicht.

Sie wurde für den Einsatz des Raumgleiters Hermes im niedrigen Erdorbit entwickelt. Nachdem Hermes gestrichen wurde, sollte die Ariane 5 trotzdem verwendet werden. Aber es gab noch keine passende Oberstufe für höhere Orbits. Dafür wurde die ECA entwickelt. Sie sollte eine Zwischenlösung sein und soviel Technik wie möglich von der Ariane 4 übernehmen. Dazu gehörte auch der Sauerstofftank, der aber für eine Raketenstufe mit viel kleinerem Durchmesser entworfen wurde.

Die notwendigen Strukturen, um den Sauerstofftank in der Stufe zu installieren, und das zusätzliche Gewicht des torusförmigen Wasserstofftanks machten die diese Zwischenlösung zur schwersten Oberstufe der Welt. Ihr Leergewicht beträgt 25 Prozent des Vollgewichts und das Triebwerk ist auch nicht effizienter als die chinesischen YF-75D mit den kleineren Düsen.

Das Provisorium wurde nie ersetzt

Die viel zu schwere Oberstufe macht den gesamten technischen Aufwand für die Optimierung der unteren Stufen und des leichtgewichtigen Vulcain-2-Triebwerks wieder zunichte. Natürlich sollte die ECA immer wieder durch eine bessere ECB-Oberstufe mit dem neuen, stärkeren, effizienteren und wiederstartbaren Vinci-Triebwerk ersetzt werden. Die neue ECB-Stufe wäre für die Ariane 5 optimiert gewesen. Sie wäre leichter und hätte trotzdem größere Treibstofftanks. Allein dadurch hätte die Rakete wenigstens zwei Tonnen Nutzlast gewonnen.

Aber im Jahr 2001 scheiterte der erste Flug mit der ECA, weil das damals noch neue Vulcain-2-Triebwerk einen Defekt hatte. 2003 wurde die Entwicklung der ECB wegen Geldmangel eingestellt, bis sie 2005 im Rahmen der Ariane 5 ME (Midlife Evolution) doch wieder entwickelt werden sollte. Dabei wurden aber die Anforderungen an den Schub des Vinci-Triebwerks von ursprünglich 120 Kilonewton zuerst auf 150 Kilonewton erhöht. Aber auch die Entwicklung der Ariane 5 ME wurde bald gestrichen. Das Vinci-Triebwerk ist auch noch immer nicht fertig, denn inzwischen soll es 180 Kilonewton Schub liefern. Der erste Flug soll jetzt im Jahr 2020 mit der Ariane 6 stattfinden.

Die Esa baut Hightech ohne Organisation

Es ist keine Frage, dass die europäische Raumfahrttechnik der chinesischen weit überlegen sein könnte. Aber seit 20 Jahren schafft es die Esa nicht, das Provisorium zu ersetzen, das als wichtigstes Teil der wichtigsten Rakete der Esa dient und die Leistung der gesamten Rakete stark in Mitleidenschaft zieht. Es ist die Organisation der überlegenen Technik zu einer effektiven Konstruktion, an der die Esa seitdem scheitert.

Dabei ist genau das eine Kunst, die nicht nur in China, sondern auch in Europa einmal meisterhaft beherrscht wurde. Die Esa wurde gegründet, weil zuvor der Bau der Europa-Rakete in einem organisatorischen Desaster endete. Seither heißen Europas Raketen Ariane, um nicht mehr an dieses peinliche Kapitel zu erinnern. Die Esa schaffte es damals mit ungeahntem Pragmatismus, Raketen zu entwickeln, die trotz einfacher Technik konkurrenzfähig waren - eine Tugend, an die sie sich wieder erinnern sollte.

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spammeloop 13. Nov 2016

Wenn wir über Weltraumschrott reden ist (im Monent) das größte Problem alte Satelliten in...

Jossele 11. Nov 2016

Möchte mich diesem Lob anschließen! +1

mnementh 07. Nov 2016

Das ist doch genau die Einschätzung, oder habe ich einen anderen Artikel gelesen?

mnementh 07. Nov 2016

Du hast auch nur die Pinyin-Umschrift (ohne Betonungszeichen) wiedergegeben, der Name...



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