Landgericht Köln: Urteil gegen 70-Jährige ohne PC wegen Filesharing bestätigt
Die Mutter eines Freifunkers muss 2.000 Euro Strafe zahlen, obwohl sie keinen Computer hat. Der Betrieb eines Freifunkknotens an ihrem Anschluss war dem Richter nicht Begründung genug.

Das Landgericht Köln hat die Verurteilung der 70-jährigen Mutter eines Freifunkers als Anschlussinhaberin wegen illegalen Filesharings bestätigt. Das gab die Freifunker-Anwältin Beata Hubrig am 25. Oktober 2021 bekannt. Das Urteil (Aktenzeichen 14 S 10/20) wurde bereits am 23. September 2021 gesprochen.
Die Mutter muss jetzt Schadensersatz in Höhe von 2.000 Euro zahlen. Laut Hubrig besaß die Frau nicht einmal einen Computer. Die Freifunk-Firmware war auf dem Router installiert, es wurde aber kein VPN genutzt.
Eine Firma ermittelte mit einem Forensic-System eine Person, die in einer Tauschbörse eine urheberrechtlich geschützte Datei zum Download angeboten haben soll. Der Anbieter wurde über die IP-Adresse bis zu einem Internetanschluss zurückverfolgt. Warner Bros. Entertainment hat die Frau dann wegen illegalen Filesharings verklagt. Die Telekom Deutschland musste die Adresse nach einem Gestattungsbeschluss herausgeben.
Das Gericht unterstellte laut Hubrig, sie hätte beide Urheberrechtsverletzungen an dem Rechner ihres Sohnes oder ihres Ehemannes selbst begehen können. Das sei ein "interessanter Kniff des Gerichts", denn der Kläger Warner Bros. hatte nicht so argumentiert, betonte Hubrig. Jedoch betreibt ihr Sohn einen Freifunkknoten und sie ist die Anschlussinhaberin.
Zudem erklärte die Betroffene, sie habe auf Grund ihres Alters nie die Fähigkeiten erlangt, mit Rechnern umzugehen, besitze keinen Computer und könne nicht an Tauschbörsen über Bittorrent teilnehmen. Dies ignorierten die Richter jedoch, erklärte Hubrig. In der Urteilsbegründung heißt es zudem, einen Freifunkknoten zu betreiben, reiche als Begründung nicht aus, sondern "auch der tatsächliche Zugriff durch Dritte" müsse vorgetragen werden.
Was bedeutet sekundäre Darlegungslast bei illegalem Filesharing?
Da die Betroffene niemand anderen benennen konnte, der die Urheberrechtsverletzung begangen haben könnte, erfüllt sie laut Gericht die "sekundäre Darlegungslast" nicht. Sie habe "fahrlässig Filesharing betrieben".
Mit sekundärer Darlegungslast ist gemeint: Damit die Klage auf Schadensersatz gegen den Anschlussinhaber abgewiesen werden kann, "soll nach § 138 Abs. 2 ZPO der Anschlussinhaber den Täter und die ladungsfähige Anschrift vortragen, damit die Rechteverwerterin gegen den Täter ihren Anspruch durchsetzen kann", erklärte Hubrig Golem.de auf Anfrage.
Nachtrag vom 2. November 2021, 10:25 Uhr
Es handelte sich um den Vorwurf des illegalen Filesharings der Filme Interstellar und Inherent Vice aus der Zeit vom Juli 2015. Das war vor der Novelle der WLAN-Störerhaftung im Oktober 2017. Hubrig verneinte die Aussage, dass es nach heutiger Rechtslage dieses Verfahren nicht gegeben hätte. "Das ist nicht richtig. Die Frau wurde nicht als Störerin verurteilt, sondern als Täterin. Die Novelle von 2017 regelt, dass die Störerhaftung für Anschlussinhaber nicht angewandt werden darf. Die Haftungsprivilegierung gibt es bereits seit 2007." Das Telemediengesetz finde nur Anwendung, wenn sich der Anschlussinhaber mit Nennung des Täters entlasten kann.
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Bei der Frau stand kein Freifunk-Router. Der Enkel hat da einen normalen WLAN-Router...
"in dubio pro reo" gilt m.W. nur im Strafrecht. Und weil hier von Schadenersatz die Rede...
Als Fahrzeughalter haftest du, wenn der Fahrer nicht festzustellen ist. Bei geringen...
Zivilrecht ja, aber der Schadenersatz ergibt sich hier aus einer Delikthandlung. Die ist...