Neuronale Netze: Biologie, stark vereinfacht
Wie im Artikel Wie frühe Hirnforschung moderne KI beeinflusst hat beschrieben, kam die Inspiration zu den neuronalen Netzen Mitte des vergangenen Jahrhunderts aus der Hirnforschung. Die Funktionsweise eines künstlichen Neurons entspricht also tatsächlich zu einem gewissen Grad unserer Vorstellung von biologischen Nervenzellen - wenn auch stark vereinfacht.
Biologische Neuronen (Video) haben sehr fein verzweigte Strukturen - die sogenannten Dendriten - als Eingangskanäle. An diesen Dendriten befinden sich Verknüpfungspunkte - die Synapsen (Video) -, über die das Neuron direkte Verbindungen zu anderen Nervenzellen aufbauen kann.
Dabei kann es sich um gleichartige Neuronen aus dem Netzwerk handeln oder auch um Rezeptoren für direkte Sinneswahrnehmungen, etwa die lichtempfindlichen Zellen in der Netzhaut des Auges. Die Anzahl der Synapsen ist beträchtlich: Eine einzelne Nervenzelle kann über die ausgedehnte Baumstruktur ihrer Dendriten mit Tausenden anderen Zellen Verbindungen eingehen.
Neben den Dendriten als Eingangskanäle verfügen Neuronen über einen Ausgangskanal, das sogenannte Axon. Dabei handelt es sich um eine Nervenfaser, die elektrische Impulse innerhalb der Zelle weiterleiten kann. Auch das Axon besitzt typischerweise Verzweigungen, an deren Enden sich Synapsen befinden, die Verbindungen zu den Dendriten anderer Neuronen herstellen.
So ist also jedes Neuron eingebettet in ein großes Netzwerk aus Zellen, von denen es Signale empfängt, und anderen Zellen, an die es Signale weiterleiten kann. Ein künstliches neuronales Netz stellt eine abstrahierte Version dieses biologischen Gewebes dar.
Ob natürlich oder künstlich - Neuronen feuern
Bei den Signalen, welche die Neuronen austauschen, handelt es sich insbesondere um elektrische Impulse, sogenannte Aktionspotentiale (Video). Diese entstehen normalerweise nah am Zellkörper des Neurons und laufen dann am Axon entlang zu den Synapsen - das Neuron feuert.
Über die Synapsen werden dabei Anregungen an die Dendriten anderer Neuronen weitergegeben, die dadurch ihrerseits zum Feuern angeregt werden können. Generell neigt ein Neuron also umso mehr zu Aktivität, je stärker es von anderen Nervenzellen dahingehend beeinflusst wird. Ein einzelnes Aktionspotential reicht dabei im Gehirn normalerweise nicht aus - es bedarf der gleichzeitigen Anregung durch mehrere Kollegen, um ein Neuron zum Feuern zu bringen.
In Summe erinnert das Verhalten des künstlichen Neurons also an seine biologischen Verwandten, auch wenn bei letzteren die Details wesentlich komplizierter sind. Die Biologie der Nervenzellen enthält eine unübersichtliche Vielfalt weiterer Phänomene und Sonderfälle wie hemmende Synapsen, Aktionspotentiale in Dendriten oder elektrische Synapsen, um nur einige wenige zu nennen.
Wie diese Besonderheiten zum Funktionieren des Gehirn beitragen, ist allerdings größtenteils unklar. Sie werden daher im vereinfachten Modell des künstlichen Neurons ignoriert.
Gibt es Musterdetektoren im Gehirn?
Auf der Ebene des einzelnen Neurons sind auch Parallelen zwischen KI und Biologie in der algorithmischen Funktion erkennbar. Ein künstliches Neuron kann man sich bekanntlich als einen Musterdetektor vorstellen, und diese Interpretation drängt sich zumindest in einigen Fällen auch für ihre biologischen Vorbilder auf.
Die wohl bekanntesten Beispiele (Video) dafür finden sich im primären visuellen Cortex, also dem Teil der Hirnrinde, der beim Sehen an den ersten Schritten zur Verarbeitung des Bildes beteiligt ist. Viele Zellen in diesem Hirnareal werden aktiv, wenn bestimmte einfache Muster an einer festgelegten Stelle im Gesichtsfeld erscheinen.
Oft handelt es sich dabei um kleine Kanten mit einem Hell-Dunkel-Kontrast. Auch wenn die Rolle dieser Neuronen als Baustein eines übergeordneten Algorithmus nur unzureichend verstanden ist, erscheint es zumindest sehr verführerisch, sich diese Nervenzellen als Kantendetektoren vorzustellen, die einen Teil der Vorverarbeitung von Bildern übernehmen.
In dieser Interpretation ähneln sie stark den künstlichen Neuronen, die sich in den untersten Schichten eines tiefen neuronalen Netzwerkes finden, und die ebenfalls auf einfache Muster wie Kanten oder kleine einfarbige Flecken im Bild spezialisiert sind (PDF) .
Beispiele für biologische Neuronen (siehe Bild 1), die möglicherweise eine Rolle als Musterdetektor spielen, gibt es auch in anderen Arten von Sinneswahrnehmung: Im primären auditorischen Cortex, also einem für das Hören zuständigen Teil der Hirnrinde, werden viele Zellen bei Tönen bestimmter Frequenz oder bestimmten Kombinationen von Frequenzen aktiv.
Auch im Fall der taktilen Wahrnehmung kennt man Neuronen, die selektiv auf gewisse Berührungsmuster an bestimmten Positionen auf der Haut reagieren.
In Schichten denken
Wie oben beschrieben, verarbeiten künstliche neuronale Netze ihre Eingangsdaten Schicht für Schicht von einfachen hin zu immer komplexeren Mustern. Auch hier gibt es gewisse Parallelen zur Biologie: So lassen sich im visuellen System des Gehirns unterschiedliche Areale ausmachen, deren Neuronen auf Reize steigender Komplexität reagieren. Diese reichen von den schon erwähnten Kanten über einfache geometrische Formen bis zu komplexen Objekten wie Händen oder Personen.
Allerdings sind die algorithmischen Abläufe dahinter bei Weitem noch nicht verstanden. Trotz einiger oberflächlicher Ähnlichkeiten gehen die Grundprinzipien der im Gehirn ablaufenden Berechnungen mit Sicherheit deutlich über das hinaus, was wir von den relativ einfachen, schichtweise angeordneten künstlichen Netzen kennen.
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Künstliche Intelligenz: Wie sich Deep Learning vom Gehirn unterscheidet | Gehirn schlägt KI |
Du gehst davon aus, dass alle Unfälle vermeidbar sind. Das ist nicht der Fall...
das stimmt, deshalb schrieb ich auch "schliesslich macht das Gehirn auch Fehler die...
Letzteres ist aber ein hinkendes Beispiel, da es zum einen die Absicht dieser Politiker...
Darin ist wohl das assoziative Lernen begründet.