Kryptographie: Europa plant 2024 eigenen Quantenkryptografie-Satelliten

Im Jahr 2024 soll mit dem Satellit Eagle-1(öffnet im neuen Fenster) für drei Jahre die Quantenverschlüsselung mit einem europäischen Satelliten in der EU getestet werden. Das Geld kommt von der EU-Kommission. Das Projekt zum Bau des 300 kg schweren Minisatelliten(öffnet im neuen Fenster) soll in Kooperation von Esa und einem Konsortium aus 20 Firmen unter Leitung des luxemburgischen Satellitenbetreibers SES durchgeführt werden.
Bei dem Satelliten handelt es sich um eine Machbarkeitsstudie, mit der die Verteilung von Quantenschlüsseln demonstriert werden soll (QKD - Quantum Key Distribution). Damit wird Eagle-1 frühestens 8 Jahre nach dem Start des 620 kg schweren chinesischen QSS-Satelliten fliegen, der mit der gleichen Aufgabe am 16. August 2016 mit einer Langer-Marsch-2-Rakete startete.
Die Verteilung der Quantenschlüssel, also das Senden von Photonenpaaren vom Satelliten an Sender und Empfänger, die vorher miteinander verschränkt wurden, ist die Grundlage der Quantenverschlüsselung von Nachrichten. Grundlagen dafür wurden erstmals 1997 in einem Experiment unter Leitung von Dik Bouwmeester(öffnet im neuen Fenster) in der Forschungsgruppe von Anton Zeiliger demonstriert. Zeiliger wurde für seine Beiträge in der Quantenforschung mit einem Drittel des Physik-Nobelpreises 2022 ausgezeichnet.
Herkömmliche Verschlüsselung mit Quanten dazwischen
Im Grunde handelt es sich um eine herkömmliche verschlüsselte Informationsübertragung wie bei Benutzung eines One-Time-Pads. Dabei haben Sender und Empfänger zwei identische Folgen von zufälligen Bits, die nur einmal als sicherer Schlüssel verwendet werden können. Der Sender verschlüsselt jedes Bit der Nachricht mit einem XOR und einem Bit des Schlüssels. Der Empfänger entschlüsselt die empfangene Botschaft genauso, mit einem XOR des gleichen Bits im Schlüssel.
Neu ist nur die Erzeugung des One-Time-Pads mithilfe der Quanteneigenschaften der verschränkten Photonen. Dazu beobachten Sender und Empfänger den Satelliten mit einem Teleskop und messen die Polarisation der ankommenden Photonen in einem bestimmten Winkel relativ zur Lage des Satelliten und erhalten zufällige Bits als Messergebnisse. Dabei wählen sie zufällig aus, in welchem Winkel gemessen wird.
Bei jedem Photon, das Sender und Empfänger mit der gleichen Lage vermessen haben, können diese Messergebnisse als Schlüssel verwendet werden. Nachdem alle Messergebnisse aufgezeichnet wurden, können alle zum Abgleich nötigen Informationen unverschlüsselt übertragen werden. Ein Mithörer würde bei der Messung die Übertragung des Schlüssels stören, so dass bei der Entschlüsselung statt Information nur Rauschen beim Empfänger ankommen.
Weißt du wirklich, wer da spricht?
Wie beim One-Time-Pad muss aber der Sender sicher sein, dass der Empfänger auch wirklich die gewünschte Person ist. Sonst ist zwar die Übertragung abhörsicher, aber die Nachricht wird schlicht an die falsche Stelle gesendet. Umgekehrt gilt das auch für den Empfänger, der Nachrichten von einem fingierten Sender bekommen könnte.
Um das zu verhindern, müssen weitere Verfahren benutzt werden, die aber immer auf die herkömmliche sichere Übertragung geheimer Informationen hinauslaufen, zum Beispiel gemeinsame Passwörter, ein gemeinsames One-Time-Pad oder eine abgesicherte Übertragungsleitung. Allenfalls kann mit diesen Verfahren die Länge der nötigen Schlüssel zur sicheren Übertragung weiterer Informationen minimiert werden.
Es ist deshalb nicht klar, ob das Verfahren tatsächlich die Grundlage für ein ultrasicheres Nachrichtennetzwerk ist - wie es die Pressemitteilung der ESA behauptet - oder nur ein besonders aufwändiges Verfahren zum Senden verschlüsselter Botschaften. Aber immerhin legen die Experimente des chinesischen Satelliten(öffnet im neuen Fenster) nahe, dass die Übertragung mit Satellit über große Entfernungen wegen geringerer Störungen derzeit wesentlich effizienter als mit Glasfaser ist.



