Krieg in der Ukraine: Wissenschaftssanktionen gefährden Großprojekte
Wissenschaftsgesellschaften wie Fraunhofer reagieren mit Sanktionen auf den Krieg in der Ukraine. Allerdings schaden diese auch.

Eine Reihe wichtiger europäischer Forschungseinrichtungen beendet die Zusammenarbeit mit Partnern in Russland oder schränkt sie ein. Das bringt auch Probleme mit sich.
Mehrere Forschungsgesellschaften und -einrichtungen stoppen ihre Zusammenarbeit mit Russland. Dazu gehören die Fraunhofer-Gesellschaft, die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) und das Deutsche Elektronen-Synchrotron (Desy). Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat schon seine Kooperationen beendet. Ziel ist auch, einen Technologietransfer nach Russland zu verhindern.
Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen empfiehlt ihren Mitgliedern, "dass wissenschaftliche Kooperationen mit staatlichen Institutionen und Wirtschaftsunternehmen in Russland mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres eingefroren werden, dass deutsche Forschungsgelder Russland nicht mehr zugute kommen und dass keine gemeinsamen wissenschaftlichen und forschungspolitischen Veranstaltungen stattfinden. Neue Kooperationsprojekte sollten aktuell nicht initiiert werden."
Allianzmitglieder entscheiden selbst
Die Entscheidung müssten die Mitgliedsorganisationen und -institutionen jedoch selbst treffen, heißt es in der Erklärung der Allianz. Der gehören zehn Forschungsorganisationen an, darunter neben Fraunhofer und DFG beispielsweise die Helmholtz-Gemeinschaft und die Leibniz-Gemeinschaft.
Die Europäische Organisation für Kernforschung (Cern) schränkt die Zusammenarbeit mit Russland ein. So hat der Cern-Beirat den Beobachterstatus Russlands bis auf Weiteres ausgesetzt. Es werde zudem keine neuen Kooperationen mit russischen Institutionen geben, heißt es in einer Resolution des Cern.
Die Zusammenarbeit in laufenden Projekten will das Cern jedoch vorerst aufrechterhalten. Der Rat will die Situation weiter beobachten und hält sich ausdrücklich die Möglichkeit für weitere Sanktionen offen.
Aufsätze werden zurückgezogen
Solche Maßnahmen haben natürliche Auswirkungen auf laufende Forschungsprojekte. "Viele Forschungsarbeiten sind auf Jahre angelegt und werden durch die aktuelle Kriegssituation massiv beeinträchtigt", schreibt die Allianz der Wissenschaftsorganisationen. So müssen etwa russische Gastwissenschaftler Deutschland verlassen. Bereits eingereichte Aufsätze bei Fachzeitschriften wie Nature und Science mit russischer Beteiligung werden zurückgezogen. "Die Allianz ist sich der Folgen dieser Maßnahmen bewusst und bedauert diese für die Wissenschaft zugleich außerordentlich."
Durch die Maßnahmen geht aber nicht nur Wissen verloren. Es gibt auch finanzielle Folgen: Russland ist an Großforschungsanlagen wie dem Röntgenlaser X-Ray Free-Electron Laser am Desy in Hamburg oder am Teilchenbeschleuniger Facility for Antiproton and Ion Research (Fair) in Darmstadt beteiligt.
Dessen Bau beispielsweise finanziert Russland mit. Es steuert mit einigen hundert Millionen Euro zu dem rund drei Milliarden Euro teuren Fair bei. Derzeit ist unklar, was mit dem Projekt passiert.
Putin darf keinen Erfolg haben
Das Desy hingegen prüft bereits Möglichkeiten, die Beteiligung Russlands auszusetzen, wie Desy-Chef Helmut Dosch im Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit (Paywall) sagte. "Es geht hier um völkerrechtliche Verträge, die schwer aufzulösen sind. Allerdings habe ich den Eindruck, dass alle dafür plädieren, Putin nicht den Erfolg zu gönnen, ein Großprojekt in Turbulenzen zu stürzen."
Schockiert haben Dosch einige Reaktionen aus Russland auf Sanktionen, etwa von der Staatlichen Universität Moskau und dem Kurtschatow-Institut: "Sie zeigten sich komplett auf Putins Linie. Dass Wissenschaftler einen Vernichtungskrieg bagatellisieren, ist unerhört. Das bestärkt uns darin, die Sanktionen als angemessen zu betrachten. Meine Ehrendoktorwürde am Kurtschatow-Institut habe ich zurückgegeben."
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Ja, nur würde das 10-20 Jahre dauern. Wir hätten allein schon Aufgrund der fehlenden...
Ja genau, ist wie beim ersten Weltkrieg, den haben auch alle gewollt. Das Attentat auf...
Ich meine damit übrigens den Herrn Dosch und sein Zitat im letzten Absatz: "Dass...
Was soll man da noch sagen? Ist nur eine Übung. Einen Angriff wird es nicht geben. Ist...