Wir starren auf eine Wand aus Plasma
Je weiter wir in den Kosmos hinausschauen, desto tiefer blicken wir auch in die Vergangenheit. Denn das Licht, das wir beobachten, braucht für seinen Weg zu uns ja umso mehr Zeit, je weiter seine Reise durch den Weltraum war.
Wenn wir an allen leuchtenden Sternen und Galaxien vorbeischauen, dann sehen wir die älteste elektromagnetische Strahlung - eben die kosmische Hintergrundstrahlung. Von der heutigen Erde aus betrachtet sieht das Universum also so aus, als wären alle seine Galaxien in einer riesigen Kugel enthalten, deren Rand aus einer undurchdringlichen Wand aus heißem Plasma besteht (siehe Bild 4).
Die Hintergrundstrahlung bleibt spannend
Obwohl die kosmische Hintergrundstrahlung schon vor mehr als einem halben Jahrhundert entdeckt wurde, ist sie weiterhin von höchstem wissenschaftlichen Interesse. Seit Anfang der 1990er Jahre wurden mehrere Weltraumteleskope ins All geschossen, um kleinste Unregelmäßigkeiten in ihrer räumlichen Verteilung zu messen. Die aktuellste und bisher genaueste Himmelskarte der kosmischen Hintergrundstrahlung stammt dabei vom Planck-Weltraumteleskop, dessen Mission im Jahr 2013 endete.
Diese Kartierung der Hintergrundstrahlung ist deshalb so wichtig, weil sich an der statistischen Verteilung ihrer Intensität unterschiedliche Modelle über das frühe Universum überprüfen lassen. Die kosmische Hintergrundstrahlung wird also weiterhin eine wichtige Rolle spielen, um offene Fragen der Kosmologie zu klären - zum Beispiel die nach der Natur der geheimnisvollen Dunklen Materie.
Nachglühen statt Echo
Zusammenfassend können wir nun also noch etwas konkreter benennen, warum die Hintergrundstrahlung kein Echo des Urknalls ist: Die komplexen physikalischen Vorgänge, welche die Grundbausteine der Materie im Universum hervorbrachten, liefen schon in den ersten Minuten nach dem Urknall ab.
Die Hintergrundstrahlung entstand aber erst einige Hunderttausend Jahre später als Wärmestrahlung eines Gases. Außerdem wurde diese Strahlung nie irgendwo reflektiert, wie es für ein Echo typisch wäre, sondern sie bewegte sich stets in gerader Linie auf uns zu. Allerdings wurde diese Linie dank der Raumdehnung im Laufe der Zeit immer länger.
Mittlerweile findet der Begriff "Nachglühen des Urknalls" für die Hintergrundstrahlung zunehmend Verwendung, auch wenn das "Echo" zumindest bei der Zahl der Treffer einer Google-Suche noch vorne liegt. Tatsächlich bildet das Wort "Nachglühen" die Realität deutlich besser ab: Es wird der Natur einer Wärmestrahlung gerecht, trägt des zeitlichen Verzugs zum Urknall Rechnung und vermeidet andere missverständliche Assoziationen.
Helmut Linde leitete verschiedene Data-Science-Teams in deutschen Konzernen und ist nun bei der Covestro AG für die Digitalisierung von Forschung und Entwicklung verantwortlich. Als Mathematiker und Physiker ist er fasziniert von naturwissenschaftlichen Themen sowie der Anwendung und der Zukunft der künstlichen Intelligenz.
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Das Universum wird durchsichtig |
Hm, ich bin da auch skeptisch, und weigere mich mir etwas einzubilden, was ich nicht...
Und Typen, die mich mit "Du" anquatschen, erst recht ;-)
Das ist alles richtig, darauf wollte ich aber nicht hinaus, sondern auf diese Aussage...
Was mich interessiert, ist die Frage nach dem Antrieb des Urknalls. Eigentlich hätte die...
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