Kontaktverfolgung: Regierung weiter ohne Zeitplan für Corona-App

Die Regierung kann dem Bundestag nicht sagen, wann die Corona-Tracing-App veröffentlicht werden soll. Der Code soll aber Open Source werden.

Artikel veröffentlicht am ,
Der Bundestag stellt kritische Fragen zur Corona-App.
Der Bundestag stellt kritische Fragen zur Corona-App. (Bild: Michele Tantussi/Reuters)

Die Bundesregierung kann derzeit noch keine weiteren Details für die Fertigstellung der Corona-Tracing-App nennen. "Bisher gibt's weder einen Auftrag noch ein Budget- oder Zeitplan. Noch nicht mal ein Gespräch mit Apple/Google gab es. Enttäuschend!", twitterte der Vorsitzende des Bundestags-Digitalausschusses, Manuel Höferlin (FDP), nach einer Ausschusssitzung am Mittwoch in Berlin. Nach Ansicht Höferlins ist der Regierung das Projekt "über den Kopf gewachsen". Daher sollten nun die Deutsche Telekom und SAP "die Kohlen aus dem Feuer holen".

Am Dienstag hatte die Regierung mitgeteilt, dass die beiden Konzerne mit der Entwicklung der App und dem Aufbau der erforderlichen Infrastruktur beauftragt worden seien. Die Telekom soll einem Firmensprecher zufolge für Prozesse rund um Netzwerk- und Mobilfunktechnologie zuständig sein und einen sicheren und effizienten Betrieb zur Verfügung stellen. SAP stellt über eine technische Plattform die erforderliche Software bereit und treibe die Lösungsentwicklung voran.

Ein Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums bestätigte nach Angaben der Grünen-Bundestagsabgeordneten Tabea Rößner, dass der Code für App und Server als Open Source entwickelt wird. Demnach sagte der Vertreter: "Meine Befürchtung ist nicht, dass zu wenige in den Code reinschauen werden." Unter welche Lizenz die Software gestellt werde, sei im Ausschuss nicht besprochen worden. "Das ganze Projekt scheint noch sehr am Anfang zu sein, selbst die Vergabe an SAP und Telekom ist noch nicht offiziell erfolgt", ergänzte Rößner.

Die Entwickler des zentralen Ansatzes PEPP-PT, der zwischenzeitlich von der Bundesregierung präferiert wurde, wollen ihre bisherigen Ergebnisse auch für den nun gewählten dezentralen Ansatz zur Verfügung stellen. Das teilte die Gruppe aus Wissenschaftlern, Unternehmen und einzelnen Entwicklern nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch mit. Man habe in den vergangenen Wochen in einem riesigen Kraftakt eine europäische Software-Architektur für länderspezifische Corona-Contact-Tracing-Apps entwickelt. "Wir stellen unsere Erkenntnisse, Testergebnisse und technischen Komponenten weiterhin allen zur Verfügung."

Die Initiative erklärte nun, ihr Kernanliegen bleibe weiterhin, die Coronapandemie mit Hilfe von privatsphärewahrenden und interoperablen Anwendungen effektiver in den Griff zu bekommen, "damit wir alle möglichst schnell in ein halbwegs normales Leben zurückkehren können. Daran werden wir weiter arbeiten".

Nachtrag vom 29. April 2020, 23:12 Uhr

Nach Angaben der Bundestagsabgeordneten Anke Domscheit-Berg von der Linke-Fraktion sagten die Regierungsvertreter im Ausschuss, es habe bislang keine direkten Gespräche zwischen der Bundesregierung und Apple geben. Weder von Seiten des Bundeskanzleramts noch vom Bundesgesundheitsministerium. Lediglich von Seiten des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts (HHI) habe es Kontakte gegeben.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums hatte in der vergangenen Woche jedoch gesagt: "Wir unterhalten uns jetzt gerade darüber, wie die Schnittstelle zu gestalten ist und wo die Informationen gespeichert werden müssen. Das will ich aber nicht bewerten. Das sind Gespräche, die geführt werden, und wir sind zuversichtlich, dass sie zu einer Lösung führen." Der Tagesspiegel hatte unter Berufung auf Bundestagskreise berichtet, dass das Kanzleramt auf höchster Ebene Verhandlungen mit Apple geführt habe, um möglichst schnell eine technische Kompatibilität mit dem PEPP-PT-Standard zu erreichen.

Laut Domscheit-Berg wurden die Telekom und SAP als Entwickler gewählt, weil sie große Industrieplayer seien, die auf Augenhöhe mit Google und Apple reden könnten. Die beiden Firmen verfügten der Regierung zufolge über die erforderliche Infrastrukturkompetenz und seien in der Lage, rund um die Uhr eine Infohotline zu betreiben. Für die Kosten des Projektes gebe es noch keine Schätzung. Bislang seien 600.000 Euro an die Fraunhofer-Gesellschaft geflossen.

Eine unabhängige Auditierung der App sei nicht geplant, da der Code offen sei und daher von jedem begutachtet werden könne. Den Angaben Domscheit-Bergs zufolge soll die geplante Zusatzfunktionalität zur freiwilligen Datenspende epidemiologischer Daten an das Robert-Koch-Institut (RKI) erst in der zweiten Ausbaustufe über ein Update kommen, das man ablehnen könne.

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herc 30. Apr 2020

ich hab nie was gegen eine tracing app gesagt. es geht mir hier um fehlende transparenz...

WillsWissen 30. Apr 2020

Golem: Du meinste diese Zahl? Bei der Zahl frage ich mich allerdings, wofür die...

DieTatsaechlich... 30. Apr 2020

Ging nicht anders. Der Protest der 25 Datenschutz-Experten im Golem-Forum war einfach...



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