Wales wirft Kritikern Paranoia vor
Stirnrunzeln bereitet manchem Wikipedianer die Formulierung, wonach das Projekt "Prototypen" für die künftige Ausgestaltung der eigentlichen Enzyklopädie Wikipedia.org entwickeln soll. Befürchtungen, dahinter könnte die computergenerierte Erstellung von Artikeln aus Wikidata stehen, wies Wikipedia-Gründer Jimmy Wales auf seiner Diskussionsseite als "unnötig paranoid" zurück. Dies sei schon allein aus technischen Gründen nicht umsetzbar und würde große Fortschritte bei der künstlichen Intelligenz erfordern.
Zudem verfüge die Stiftung nicht über die erforderlichen Mittel, um eine direkte Konkurrenz zu Google oder Bing zu entwickeln. Solche Berichte seien "komplett und vollständig falsch", schreibt der Wikipedia-Gründer. Wales selbst hatte mit dem Google-Konkurrenten Wikia Search schlechte Erfahrungen gemacht und das Projekt im Jahr 2009 eingestellt. Er wollte aber nicht ausschließen, dass die Wikipedia-Suche künftig auch akademische oder frei zugängliche Inhalte umfassen könnte. Das Wikipedia-Motto "Sei mutig" könne durchaus auf solche Gebiete ausgedehnt werden.
Kampf um die besten Programmierer
So richtig zufrieden sind viele Wikipedianer mit den bisherigen Antworten der Stiftung aber nicht. In der Mailingliste wird beispielsweise darauf verwiesen, dass es durchaus schon erfolgversprechende Projekte gebe (Reasonator), um aus Wikidata-Inhalten automatisch einen Artikel zu generieren. Was die Community am meisten stört, ist vor allem das widersprüchliche und intransparente Gebaren des Vorstands und der Geschäftsführung.
Ob die neue Suchmaschine jemals programmiert wird, hängt nach Ansicht der Spendenvereinbarung auch davon ab, ob dafür im Silicon Valley das geeignete Personal gefunden werden kann. Angesichts der starken Konkurrenz von Startups und etablierten IT-Firmen sei es schwerer denn je, hochqualifizierte Programmierer zu finden und zu halten. Vor diesem Hintergrund wird verständlicher, warum die Stiftung den früheren Personalmanager von Google und Tesla, Arnnon Geshuri, für sich gewinnen wollte.
Vorstand mit großer Nähe zu Google
Beobachter sehen im aktuellen Streit daher eine Art Stellvertreterkrieg über einen fundamentalen Wandel von Wikimedia. Die Stiftung entwickele sich vom Betreiber des Online-Lexikons zu einem normalen Tech-Unternehmen des Silicon Valley, das allerdings auf Spenden und die freiwillige Mitarbeit der Autoren angewiesen sei, heißt es auf Vice.com. Schon Anfang des Jahres hat die Signpost darauf hingewiesen, dass die Vorstandsmitglieder mehrheitlich mit Google verbandelt seien.
Dass das Online-Lexikon der technischen Entwicklung folgen muss, steht außer Frage. Indem Suchmaschinen wie Google neben den Suchergebnissen eine Kurzfassung von Wikipedia-Artikeln anzeigen, gehen dem Lexikon viele Leser und damit potenzielle Unterstützer verloren. Eine gut funktionierende Suche, die alle Wikipedia-Inhalte umfasst, wäre daher eine gute Möglichkeit, die Nutzer solange wie möglich auf der eigenen Seite zu halten und nicht zu kommerziellen Suchmaschinen zu treiben. Ein echter Angriff auf Google würde aber die technischen und finanziellen Mittel der Wikimedia bei weitem übersteigen.
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Knowledge Engine: Wirbel um angebliche Wikipedia-Konkurrenz zu Google |
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