Zum Hauptinhalt Zur Navigation

Klimaschutzprogramm: Alle Tankstellen sollen Ladesäulen bekommen

Die Bundesregierung hat ein umfangreiches Klimaschutzprogramm beschlossen. Neben batteriebetriebenen Elektroautos sollen die Wasserstofftechnik und synthetische Kraftstoffe gefördert werden. Für die Installation privater Ladesäulen soll es Geld geben.
/ Friedhelm Greis
129 Kommentare News folgen (öffnet im neuen Fenster)
Ist da noch Platz für eine Strompreisangabe? (Bild: Ikar.us)
Ist da noch Platz für eine Strompreisangabe? Bild: Ikar.us / CC-BY 3.0

Die Bundesregierung will den Aufbau von Ladesäulen für alle Tankstellen verpflichtend machen. Das geht aus dem Klimaschutzprogramm 2030 hervor, das vom Bundeskabinett am 9. Oktober 2019 in Berlin beschlossen wurde(öffnet im neuen Fenster) . Demnach will die Regierung "verbindlich durch eine Versorgungsauflage regeln, dass an allen Tankstellen in Deutschland auch Ladepunkte angeboten werden" . Bereits in den Ende September beschlossenen Eckpunkten hatten sich Union und SPD auf einen umfangreichen Ausbau der Elektromobilität festgelegt. Dafür sollen in den kommenden vier Jahren 9,3 Milliarden Euro ausgegeben werden .

Dem 173-seitigen Programm ( PDF(öffnet im neuen Fenster) ) zufolge soll die vom Bund und von den Herstellern getragene Kaufprämie für Elektroautos von 2021 an für Pkw mit Elektro-, Hybrid- und Wasserstoff- beziehungsweise Brennstoffzellenantrieb verlängert und für Autos unter 40.000 Euro erhöht werden.

Eine genaue Höhe wird in dem Programm jedoch nicht genannt. Die Dienstwagenregelung für die Nutzung eines batterieelektrischen Fahrzeuges oder eines Plugin-Hybriden wird demnach bis 2030 verlängert. Die Dienstwagensteuer soll ferner für reine Elektrofahrzeuge bis zu einem Preis von 40.000 Euro von 0,5 auf 0,25 Prozent gesenkt werden.

Förderung privater Lademöglichkeiten

Darüber hinaus will die Regierung die öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur weiter ausbauen, damit in Deutschland bis zum Jahr 2030 insgesamt eine Million Ladepunkte zur Verfügung stehen. Deshalb fördert der Bund den Aufbau von öffentlichen Ladensäulen mit entsprechenden Programmen bis 2025. Dazu will die Regierung auch die Automobilhersteller und die Energiewirtschaft in die Pflicht nehmen.

1.000-Meilen-Strecke mit dem E-Tron - Erfahrungsbericht
1.000-Meilen-Strecke mit dem E-Tron - Erfahrungsbericht (02:05)

"Wo eine bedarfsgerechte Versorgung marktgetrieben nicht erfolgt, werden auch ordnungsrechtliche Maßnahmen erwogen" , heißt es in dem Programm. Im Falle von "regionalem Marktversagen" soll es auch Verteilnetzbetreibern wie den Stadtwerken ermöglicht werden, öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur zu errichten.

Neben den rechtlichen Erleichterungen für den Einbau von Wallboxen in privaten Tiefgaragen will die Regierung dies auch finanziell fördern. Das betrifft "gemeinsam genutzte private und gewerbliche Ladeinfrastruktur (z. B. in Mehrfamilienhäusern und auf Mitarbeiterparkplätzen)" . Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte dazu im März 2019 die Summe von einer Milliarde Euro gefordert . Zudem verweist das Klimaschutzprogramm darauf, dass die Installation von privater Ladeinfrastruktur mit dem sogenannten Handwerkerbonus(öffnet im neuen Fenster) gefördert werde.

Scharfe Kritik an Förderung von E-Fuels

Doch die Regierung setzt nicht nur auf batteriebetriebene Fahrzeuge, um ihre Klimaschutzziele zu erreichen. Das Programm sieht darüber hinaus die "Entwicklung strombasierter Kraftstoffe" vor. "Die Bundesregierung wird für die Entwicklung und großvolumige Skalierung der Elektrolyse- und Raffinerieprozesse zur Erzeugung von strombasierten klimaneutralen Gasen und Kraftstoffen Rahmenbedingungen schaffen" , heißt es unter Punkt 3.4.3.4. Dies ermögliche "den Einsatz klimaschonender Grund- und Kraftstoffe insbesondere in der Industrie, der Chemie sowie im Luft-, Schwerlast und Schiffsverkehr" .

Zudem muss nach Ansicht der Regierung mittel- und langfristig "die Brennstoffzellentechnologie auf Wasserstoffbasis im Mobilitätssektor zu einer breiten Anwendung gelangen" . Dazu werde bis zum Jahresende eine nationale Wasserstoffstrategie erarbeitet. "Es wird auch eine industriepolitische Initiative der Europäischen Union zum Aufbau einer leistungsfähigen E-Fuel Versorgung auf den Weg gebracht" , heißt es weiter.

BDEW: Programm ist "undurchdacht und nicht kohärent"

Umgehende Kritik an den Plänen kam vom Bundesverband E-Mobilität (BEM). Das Programm schlage "einen neuen, fatalen Kurs bei der Reduktion von CO2-Emissionen ein" , hieß es in einer Stellungnahme. E-Fuels(öffnet im neuen Fenster) würden durch einen energieintensiven Prozess hergestellt, der auf Basis erneuerbarer Energien für die Anforderungen des Individualverkehrs heute nicht realisierbar sei und der "gigantische Mengen an Biomasse und Wasser erfordert" .

Damit werde den Automobilherstellern ermöglicht, "ihre alten Produkte im Angebot zu belassen und die Motoren mit E-Fuel-Beimischungen als umweltfreundlich zu verkaufen; obwohl sie in der Energiebilanz einen großen Schaden anrichten und erheblich weniger effizient sind als batteriebetriebene Autos" . Verglichen mit batteriebetriebenen Elektroautos brauchen E-Fuel-Fahrzeuge rund fünfmal so viel Energie.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bezeichnete das Programm als "undurchdacht und nicht kohärent mit den Zielen der Energiewende" . Das gelte auch für den ebenfalls vom Kabinett beschlossenen Entwurf für ein Klimaschutzgesetz(öffnet im neuen Fenster) von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD).

Das Klimaschutzgesetz soll unter anderem das Ziel verankern, dass Deutschland bis 2050 treibhausgasneutral wird. Bislang lag dieses Ziel bei 80 bis 95 Prozent CO2-Reduktion. "Das neue Ziel ist damit das klare Signal an alle Branchen, sich rechtzeitig auf eine Wirtschaftsweise ohne fossile Energien vorzubereiten," schreibt das Ministerium.


Relevante Themen