Klimaschutz: Die scheinheilige Debatte um höhere Benzinpreise
Plötzlich wollen SPD und Union keine höheren Benzinpreise mehr, obwohl sie selbst die CO2-Besteuerung im Verkehr eingeführt haben.

Werden der Klimaschutz und die damit verbundenen Kosten zum bestimmenden Wahlkampfthema? Nachdem die Grünen bekräftigt haben, hinter der beschlossenen Kohlendioxid-Besteuerung im Verkehrssektor zu stehen, wollen SPD und Union plötzlich nicht mehr mit steigenden Benzinpreisen in Verbindung gebracht werden.
"Wer jetzt einfach immer weiter an der Spritpreisschraube dreht, der zeigt, wie egal ihm die Nöte der Bürgerinnen und Bürger sind", sagte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz der Bild-Zeitung. Dabei hat die aktuelle Koalition selbst im vergangenen Jahr die CO2-Steuer beschlossen.
Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will plötzlich nichts mehr damit zu tun haben, dass die Preise durch die neue Steuer schon zum Jahresanfang um 6 Cent pro Liter gestiegen sind. "Es geht nicht, dass die Preise immer weiter nach oben gehen", sagte Scheuer und hält die Forderung der Grünen nach höheren Spritpreisen für "besorgniserregend".
Grüne fordern lediglich schnelleren Preisanstieg
Da muss man sich aber fragen: welche Forderung? Die Grünen-Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck unterstützen die von der Koalition beschlossenen Emissionszertifikate im Brennstoffemissionshandelsgesetz (PDF). Eine Tonne CO2 kostet seit Anfang 2021 laut Paragraf 10, Absatz 2 des Gesetzes 25 Euro, was den Benzinpreis um 7 Cent pro Liter teurer macht, den Liter Diesel um 8 Cent.
Der CO2-Preis wird dem Gesetz zufolge demnach jährlich angehoben und soll 2025 bei 55 Euro liegen. Dann würden der Liter Benzin vermutlich 15 Cent und der Liter Diesel 17 Cent mehr kosten als Ende 2020. Der von den Grünen geforderte CO2-Preis von 60 Euro pro Tonne unterscheidet sich davon nur wenig. Allerdings hat Habeck einen solchen Anstieg des CO2-Preises im kommenden Jahr ins Spiel gebracht. Einen noch höheren CO2-Preis hat er nicht gefordert.
Vorschlag zu Energiegeld
Die Frage ist daher nicht, ob die Benzinpreissteigerungen kommen, sondern wann. Somit scheint es nicht ganz nachvollziehbar, wenn Scholz und Scheuer plötzlich einen höheren Benzinpreis verhindern wollen. Schließlich soll die CO2-Bepreisung doch dazu führen, dass sich der Ausstoß von Treibhausgasen durch Kraftstoffe reduziert. Von den Mineralölgesellschaften ist jedenfalls nicht zu erwarten, dass sie den CO2-Preis nicht an die Autofahrer weitergeben. Ohnehin ist der Benzinpreis sehr volatil und stark vom Weltmarktpreis abhängig.
Baerbock hat auf einer Wahlkampfveranstaltung ein "Energiegeld" für einkommensschwache Familien gefordert. Dieses soll pro Jahr und Kopf 75 Euro betragen und aus den Mehreinnahmen finanziert werden, die der Staat durch höhere CO2-Preise erzielt. Eine solche Ausgleichszahlung könnte sinnvoll sein, wenn der bürokratische Aufwand für Antrag und Auszahlung dazu im Verhältnis steht.
Scholz negiert Lenkungswirkung
Das dürfte die anderen Parteien aber nicht davon abhalten, die "populistische Benzinwutkampagne" gegen die Grünen fortzuführen, wie es deren Fraktionschef Anton Hofreiter befürchtet. Dabei hat sogar Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) kürzlich eine Klimaschutzpolitik durch Preisanreize gefordert: "Wir machen das so teuer, den Umweltverbrauch, den Ressourcenverbrauch, die Verschmutzung, wir ziehen das ein in die Preisbildung, dann muss der Verbraucher bezahlen."
Nach Ansicht von Scholz sorgt ein höherer CO2-Preis aber "nicht für mehr Klimaschutz, sondern nur für mehr Frust". Damit behauptet er, dass sich durch höhere Preise keinerlei Steuerungswirkung beim Klimaschutz erzielen lasse. Dann hätte er die CO2-Steuer als Vizekanzler komplett verhindern müssen.
Die Union wiederum blockiert die Vermieterbeteiligung an der CO2-Abgabe bei den Heizkosten. Hier scheint die Partei plötzlich nicht mehr das Interesse der Verbraucher im Blick zu haben.
Wer bezahlt den Klimaschutz?
Nicht nur Union und SPD, auch FDP und Linke werfen den Grünen nun vor, Klimapolitik "auf dem Rücken der kleinen Leute" zu betreiben. Das lässt befürchten, dass die Parteien im Wahlkampf den Bürgern zwar Klimaschutz versprechen, aber nicht erklären wollen, wie dieser bezahlt werden soll. Das erinnert ein wenig an die Versprechungen des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl (CDU) im Wahlkampf 1990, dass die Wiedervereinigung ohne zusätzliche Steuern finanziert werden könne.
Das böse Erwachen dürfte spätestens nach der Wahl kommen. Den Solidaritätszuschlag gibt es 30 Jahre später immer noch.
IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach).
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Das Problem bei den Grünen ist, dass sie nur zwei Instrumente kennen - Verzicht und...
Ja na klar - schafft die Pendlerpauschale ab. Sollen die Leute doch gefälligst näher zu...
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