Klage zu NSA-Selektoren: Regierung verschanzt sich hinter Notenwechsel von 1960
Die Opposition im NSA-Ausschuss klagt vor dem Verfassungsgericht auf Herausgabe der NSA-Selektorenliste. Selbst die Klageschrift ist so geheim, dass sie in großem Umfang geschwärzt werden musste.

Um exakt 11.12 Uhr am gestrigen Mittwoch hat Anwalt Wolfgang Ewer dem Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle die Klageschrift in die Hand gedrückt. Der frühere Präsident des Deutschen Anwaltsvereins hat schon einiges in seiner Berufslaufbahn erlebt, doch dieser Aufwand an Geheimhaltung war selbst ihm neu. Weil in dem 159-seitigen Dokument ausgiebig aus geheimen Unterlagen der Regierung zitiert wird, durfte er die sogenannte Organklage gegen die Bundesregierung nicht aus der Hand geben und musste sie persönlich einem Richter in Karlsruhe überreichen. Grüne und Linke im NSA-Untersuchungsausschuss wollen mit Ewers Hilfe versuchen, doch noch einen Einblick in die ominöse Liste mit den 40.000 unzulässigen NSA-Selektoren zu erhalten.
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Nach Ansicht ihres Prozessbevollmächtigten stehen die Chancen dazu nicht schlecht. Wie Ewer am Donnerstag vor Journalisten in Berlin erläuterte, verweigert die Bundesregierung den Abgeordneten den Einblick in die Liste mit Verweis auf einen vertraulichen Notenwechsel zwischen der Bundesrepublik und den USA vom 23. Dezember 1960. Die Kläger gehen dabei davon aus, dass solch eine Vereinbarung nicht dazu geeinigt ist, dass in der Verfassung verankerte Recht des Bundestags auf Akteneinsicht auszuhebeln. "In seiner Eigenschaft als Völkerrechtsquelle allein auf der internationalen Ebene und außerhalb des deutschen Rechts kann der Notenwechsel erst recht nicht die innerstaatlichen, verfassungskräftigen Rechte des Deutschen Bundestages ausschließen", heißt es auf Seite 71.
Keine Regierung darf Kontrolle ausschließen
Zudem geht Ewer in seiner Klage davon aus, dass auch der Inhalt dieses Notenwechsels keine ausreichenden Gründe hergibt, um die Einsicht in die Selektorenliste zu verweigern. In einer nicht geheimen Ergänzung des Notenwechsels aus den Jahren 1988 und 1989 heißt es beispielsweise: "Verschlusssachen werden nur von Regierung zu Regierung übermittelt, sofern nicht von den Regierungen etwas anderes genehmigt wird." Nach Ansicht der Kläger bezieht sich diese Abmachung nur auf den Übermittlungsvorgang und bedeutet daher nicht, dass geheime Unterlagen nicht an andere Verfassungsorgane weitergegeben werden dürften. Zudem sei keine der beiden Regierungen "verfassungsrechtlich ermächtigt, die parlamentarische Kontrolle ihrer Geheimdienste auszuschließen oder zu verkürzen".
Wenig überzeugend ist der Klageschrift zufolge die Behauptung der Bundesregierung, die USA würden die Kooperation der Geheimdienste einschränken, wenn Inhalte der Selektorenliste in der Öffentlichkeit bekanntwürden. Dies sei "schwer zu glauben", heißt es auf Seite 128. "Reduzierte die amerikanische Seite also die Zusammenarbeit mit den deutschen Diensten, so wäre dies nicht zuletzt ihr eigener Schaden." Die US-Dienste seien auch "unter größten Anstrengungen" nicht in der Lage, den Verlust der deutschen Dienste als Quelle auszugleichen. An zahlreichen Stellen weist Ewer schließlich darauf hin, dass der NSA-Untersuchungsausschuss denselben Geheimschutz gewährleisten kann wie Regierung und Behörden.
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Per Kryptofax zum Verfassungsschutz |
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Ewer wörtlich: "In dem Zimmer, das ich nutzen durfte, gab es nur einen Computer, einen...
Bei den ganzen Schwärzungen wird das ein sicheres Geschäft!
Wähle sie halt nicht ;)
Einen solchen Passus gibt es afaik nicht. Wäre da auch vollkommen fehl platziert. Aber...