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Klage zum Leistungsschutzrecht: Verlage ziehen gegen Google in die nächste Runde

Die Verlage wollen ihre eindeutige Niederlage vor dem Landgericht Berlin gegen Google in zweiter Instanz korrigieren. Auf europäischer Ebene will die VG Media das Leistungsschutzrecht auch für solche Verlage durchsetzen, die es grundsätzlich ablehnen.
/ Friedhelm Greis
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Die Verlage zielen weiter auf die Gewinne von Google ab. (Bild: Eric Gaillard/Reuters)
Die Verlage zielen weiter auf die Gewinne von Google ab. Bild: Eric Gaillard/Reuters

Im Streit über die Durchsetzung des Leistungsschutzrechts setzen mehrere deutsche Verlage ihren juristischen Kampf gegen Google fort. Nach der Niederlage vor dem Landgericht Berlin im vergangenen Februar wollten die Verlage nun Rechtsmittel einlegen, berichteten mehrere Nachrichtenagenturen am Montag. Das Kammergericht Berlin soll in zweiter Instanz darüber entscheiden, ob der Suchmaschinenkonzern seine Marktmacht missbrauchte, indem er von den Verlagen eine kostenlose Darstellung von Textausschnitten und Thumbnails erbeten hatte.

Das Landgericht hatte die Klage vor vier Monaten abgewiesen (Aktenzeichen 92 O 5/14 kart). In dem Urteil, das seit Ende Mai vorliegt(öffnet im neuen Fenster) , heißt es zur Begründung: "Die Suchmaschine, die in Beziehungen zu den Suchnutzern, den Webseitenbetreibern und den Werbekunden steht, erbringt für alle Beteiligten erhebliche wirtschaftliche Vorteile, weshalb von einem Marktgeschehen auszugehen ist. Letztendlich stellt sich die Suchmaschine als Win-Win-Situation für alle Beteiligten dar."

Gericht kritisiert Leistungsschutzrecht

Die Richter kritisieren dabei offen die Ambitionen der Verlage, mit Hilfe des im Jahr 2013 beschlossenen Gesetzes an den Milliardengewinnen von Google zu partizipieren: "Dieses ausbalancierte System wird durch das Leistungsschutzrecht aus dem Gleichgewicht gebracht, in dem die Presseverleger nunmehr verlangen, dass die Beklagte als Betreiberin der Suchmaschine etwas vergütet, was diese im wirtschaftlichen Interesse auch der Webseitenbetreiber erbringt."

Das Landgericht hält es daher für verständlich, dass die Suchmaschine "bemüht ist, an ihrem ursprünglichen Geschäftsmodell, das auf einer Unentgeltlichkeit für die Darstellung der Suchergebnisse beruht, festzuhalten und erforderlichenfalls bei denjenigen, die Rechte geltend machen, anfragt, ob sie mit einer Nutzung einverstanden sind oder verneinendenfalls die entsprechende Nutzung einstellt" . Es sei in diesem Zusammenhang "sachlich gerechtfertigt" , dass Google nur von denjenigen Verlagen eine kostenlose Lizenz verlange, die ihre Ansprüche zum Leistungsschutzrecht über die Verwertungsgesellschaft (VG) Media geltend gemacht hätten.

Keine Gleichbehandlung erforderlich

Denn von den anderen Verlagen, zu denen auch Golem.de gehört, seien derartige Ansprüche nicht zu erwarten. Daher sei Google aus Gleichbehandlungsgründen nicht verpflichtet, "auch bei diesen Unternehmen die unentgeltliche Nutzung der Snippets und Vorschaubilder zu erfragen und verneinendenfalls anzukündigen, diese nicht mehr in den Suchergebnissen abzubilden" . Das Gericht stellte klar: "Nicht jede unterschiedliche Behandlung gleichartiger Unternehmen verstößt gegen das Diskriminierungsverbot."

VG Media bringt Außenseiterregelung ins Spiel

Nachdem die Durchsetzung des Leistungsschutzrechts in Deutschland praktisch gescheitert ist, setzen die Verlage nun auf die Einführung eines ähnlichen Rechts auf europäischer Ebene. Dazu hatte die EU-Kommissionen ein eigenes Konsultationsverfahren gestartet . Sowohl in der diesbezüglichen Stellungnahme(öffnet im neuen Fenster) als auch in einer umfangreichen Broschüre(öffnet im neuen Fenster) arbeiten die VG Media und die Verlage mit einer ganzen Reihe Falschbehauptungen(öffnet im neuen Fenster) , um ein europäisches Leistungsschutzrecht einzufordern. So wird unter anderem behauptet, dass Verlage, "eingeschüchtert durch Googles Drohungen" , auf die Durchsetzung ihres Leistungsschutzrechts verzichtet hätten.

"Flankierende Maßnahmen" gefordert

Aus der Stellungnahme geht allerdings nicht hervor, inwieweit ein europäisches Leistungsschutzrecht dazu führen könnte, dem gescheiterten deutschen Versuch doch noch zum Erfolg zu verhelfen. So schreibt die VG Media: "Solange es an einem rechtlichen Rahmen für eine gemeinsame Durchsetzung der Rechte aller Presseverleger fehlt, wird es dem Marktbeherrscher durch sein Verhalten gelingen, die Rechteinhaber zu einem Verzicht jeglicher Geltendmachung zu bewegen." Ein EU-weites Schutzrecht der Presseverleger würde nach Ansicht der VG Media nicht zuletzt auch die Durchsetzung des Leistungsschutzrechts der Presseverlage in Deutschland stärken.

Allerdings hält die Gesellschaft "flankierende Maßnahmen" für erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen. Dazu zähle "auch eine sogenannte Außenseiterregelung, die es Verwertungsgesellschaften ermöglicht, über ein Gesamtrepertoire zu verhandeln, auch wenn nicht sämtliche Rechteinhaber ihre Rechte ausdrücklich in die Verwertungsgesellschaft eingebracht haben" . Mit anderen Worten: Die VG Media würde gerne die Rechte von solchen Verlagen vertreten, die das Leistungsschutzrecht ablehnen. Denn: "Nur auf diesem Weg kann eine Spaltung der Rechteinhaber in verschiedene Gruppen vermieden werden, die ein Marktbeherrscher sodann gegeneinander ausspielen und so eine wirksame Rechtsdurchsetzung verhindern kann."

Verlegerverbände machen mobil

Derzeit ist noch unklar, ob die EU-Kommission im Herbst tatsächlich ein EU-weites Leistungsschutzrecht fordern wird. Aber auch auf europäischer Ebene sind die Verlage in dieser Frage sehr gespalten(öffnet im neuen Fenster) . Vier europäische Zeitschriften- und Zeitungsverlegerverbände sprechen sich beispielsweise gemeinsam für ein EU-weites Leistungsschutzrecht aus(öffnet im neuen Fenster) . Die Buchverlage sind hingegen skeptisch(öffnet im neuen Fenster) , ob ihnen ein solches Recht tatsächlich Vorteile bringt.

Hinweis: Golem.de hat sich gemeinsam mit anderen europäischen Verlagen an die EU-Kommission gewandt und in einem offenen Brief vor der Einführung eines europäischen Leistungsschutzrechts gewarnt.


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