Kino.to-Chef: "Ich habe neben dem Rechner geschlafen"
Der als Chef von Kino.to angeklagte Dirk B. hat sich heute vor Gericht mit dem forensischen Experten angelegt. Er schilderte sein Leben und versuchte, Angebot, Reichweite, Streamingkapazität und Qualität von Kino.to herunterzuspielen.

Der Angeklagte Dirk B. hat am 22. Mai 2012 beim zweiten Prozesstag vor dem Landgericht Leipzig den IT-Sachverständigen verbal angegriffen und dessen Aussagen infrage gestellt.
Dirk B. bestätigte, dass er wegen Hochladens von Filmen auf Saugstube vorbestraft ist. In seiner Jugend in der DDR sei er benachteiligt worden, weil seine Mutter der "Sekte" Zeugen Jehovas angehörte. Seine Arbeit als Fußbodenverleger lief immer schlechter, weshalb er sich mehr und mehr auf seine Aktivitäten im Internet verlegte. "Mein IT-Wissen habe ich mir als Autodidakt angeeignet. Ich habe neben dem Computer geschlafen. Immer wenn ich etwas nicht wusste, habe ich Leute gefragt", sagte er auf die Fragen seines Anwalts Wolfgang Müller aus Halle und dessen Kollegen.
Doch die Arbeit als Chef von Kino.to machte B. nach eigenem Bekunden schwer zu schaffen: B. bekam Bluthochdruck und Diabetes. Stressbedingt und wegen Überarbeitung, wie er sagte.
Der forensische IT-Sachverständige erklärte, dass von 628 Filmen, die er zur Zeit des Bestehens des illegalen Portals Kino.to abgerufen habe, die meisten verfügbar waren. "Wir haben Blockbuster-Kinofilme und TV-Serien heruntergeladen", sagte er. "Wenn ein Film einmal nicht verfügbar war, haben wir es eine oder zwei Stunden später wieder probiert und dann ging es. Es gab bei Kino.to relativ wenige Filme in schlechter technischer Qualität."
Dirk B. widerspricht Sachverständigem
Die Aussagen des Sachverständigen zur Arbeit einer Familie, die für Kino.to tätig war, stellte B. infrage: "Es gab keine Qualitätskontrolle für komplette Filme, das konnten die mit ihrem langsamen Internetzugang gar nicht leisten. Die sollten nur prüfen, ob keine Kinderpornografie dabei ist."
Auch die Angaben zu den Abrufzahlen zweifelte er an. "Nur jeder zehnte Nutzer hat einen Film zu Ende geguckt, weil es sonst technisch und von der Kapazität her gar nicht möglich gewesen wäre", widersprach er dem Experten.
Auch das Angebot der Filme sei nicht so riesig gewesen. "Es war ein und derselbe Film, der bei Kino.to und in allen anderen Portalen und im Usenet immer wieder auftauchte", betonte B.
Anfang Mai 2012 hatte Dietmar Bluhm von der Generalstaatsanwaltschaft die Anklage gegen Dirk B. verlesen. Das illegale Streamingportal sei von B. und anderen betrieben worden, um sich persönlich zu bereichern.
Anklage: Kino.to war ein neues Massenmedium
Das größte deutschsprachige Internetportal für illegale Kopien wurde neben Fernsehen und Kino zu einem neuen Massenmedium, so die Anklage. Auf die Filme sei von Kino.to nicht nur verlinkt worden, sondern die Kopien seien vom Betreiber selbst beschafft, für das Streaming konvertiert und auf eigenen Filehostern bereitgestellt worden. Diese tauchten in den Linklisten immer weit oben auf.
Als weiterer Kläger tritt vor Gericht die GVU (Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen) auf, deren Vertreter neben dem Staatsanwalt saß.
Im Juni 2011 hatten Ermittler rund 20 Wohnungen und Geschäftsräume der mutmaßlichen Kino.to-Betreiber und Rechenzentren durchsucht und das illegale Streamingportal offline genommen.
Bastian P., der Chefprogrammierer von Kino.to, wurde am 11. April 2012 wegen gewerbsmäßiger Urheberrechtsverletzungen zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Es war die fünfte Verurteilung im Prozess um Kino.to.
Für den Anwalt des Angeklagten Dirk B. war heute vor Gericht bereits klar: "Es wird keinen Freispruch geben, das ist völlig unmöglich."
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Die Erfahrung kann ich nur teilen. Desweiteren sollten jegliche Bücher die eine Kultur...
Na ganz so schlimm ist es auch nicht die Rowling wurde auf diese Tour die Reichste Frau...
Comment des Jahres.
Geht ihr mal weiterdiskutieren, ich geh meine 100 Mbit/s nutzen~ Und es tangiert mich mal...