Kernwaffen: Der Computer und die Bombe
Viel Technologie, die unseren Alltag bestimmt, hat militärische Ursprünge. Die Kernwaffenprogramme beschleunigten die Entwicklung des Computers.

Der Anlass für diesen Artikel ist traurig: Nach über 30 Jahren steht die Gefahr eines Atomkriegs wieder im Raum. So bedrückend die Existenz von Kernwaffen ist, so spannend ist die Physik dahinter. Und nebenbei: Diesen Text stellen wir auf einem Nebenprodukt der Kernwaffenforschung zur Verfügung.
- Kernwaffen: Der Computer und die Bombe
- Mehr Sprengkraft, mehr Rechenaufwand
- China zieht nach
- Supercomputer ersetzen Kernwaffentests
- Auch die Zivilgesellschaft profitiert
Wir zeigen, wie untrennbar Computer und Kernwaffen in ihren Anfangstagen verbunden waren - und noch sind. Denn heute führt die Forschung an Kernwaffen zur Entwicklung der leistungsfähigsten Supercomputer. Davon profitieren auch Anwendungen, die nicht dem massenhaften Töten dienen.
Der Aufschwung des maschinellen Rechnens liegt gute fünfzig Jahre vor der ersten Kernwaffe. Zu den vielen technischen Neuerungen zum Ende des 19. Jahrhunderts gehörten mechanische Rechner. Sie fanden in Behörden und Unternehmen Einsatz, auch das Militär hatte zunehmend Bedarf. Der Erste Weltkrieg führte zur Entwicklung neuer Waffen mit zuvor ungekannter Präzision. Die Artillerie der kriegführenden Staaten wurde so präzise, dass erstmals mittels vorberechneter Tabellen relativ zielgenau geschossen werden konnte.
Die Entwicklung immer leistungsfähigerer Flugzeuge in den 1930er Jahren offenbarte unerwartete Probleme. Die Aerodynamik löste sie mit komplexen Berechnungen. Bomber mussten ihre Last zum richtigen Zeitpunkt abwerfen, um ein bestimmtes Ziel zu treffen.
Kurz gesagt: Es gab immer mehr zu rechnen. Diese Arbeit erledigten "zweibeinige Computer"; so wurden in Großbritannien und den USA Menschen genannt, deren Aufgabe es war, Berechnungen durchzuführen - mit Rechenmaschinen.
Das Manhattan-Projekt zum Bau der ersten Kernwaffen in den USA erforderte Berechnungen in einer neuen Dimension. Das Grundprinzip einer Spaltungsbombe ist zwar relativ einfach und die Physik war in den 1940er Jahren bekannt: Ab einer kritischen Masse beginnt in einem radioaktiven Material eine Kettenreaktion. Es werden mehr Neutronen freigesetzt als nach außen entkommen, die Anzahl an Kernspaltungen pro Zeiteinheit wächst exponentiell, Druck und Temperatur steigen.
Komplizierter als gedacht...
Dann wird die Situation allerdings kompliziert: Der Druck treibt die Spaltmasse auseinander, die Kettenreaktion stoppt. Das alles passiert in Mikro- bis Millisekunden - und es lässt sich berechnen. Was anfangs noch von Hand mit Rechenmaschinen geschah, wurde bald zumindest teilweise auf automatische Computer ausgelagert.
Im Manhattan-Projekt kamen zuerst Lochkartenmaschinen von IBM zum Einsatz. Diese waren für wissenschaftliche Berechnungen umgebaut, allerdings größtenteils mechanisch. Obwohl nicht wesentlich schneller als die menschlichen Computer, überzeugten sie den Kernphysiker Enrico Fermi, einen der führenden Köpfe des Projekts, mit ihrer konstanten Leistung.
Der US Navy stand 1944 ein leistungsfähiger elektromechanischer Computer, der Automatic Sequence Controlled Calculator (ASCC) oder Mark I, zur Verfügung. John von Neumann nutzte ihn ebenfalls für das Manhattan-Projekt. Von Neumann hatte seine Heimat Ungarn bereits Anfang der 1930er Jahre verlassen, war in die USA immigriert und stand schnell auch im Dienst des Militärs. Neben seinen Leistungen in Mathematik und Physik gilt er als einer der Väter des Computers. Den Mark I nutzte er, um das Prinzip der Implosionsbombe genauer zu untersuchen. Bei dieser wird das spaltbare Material durch konventionellen Sprengstoff zu einer kritischen Masse verdichtet.
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Mehr Sprengkraft, mehr Rechenaufwand |
Danke für das positive Feedback! Es freut mich sehr, dass der Artikel so gut ankommt. Was...
Scheint als wöllte man die nun fest geplanten Mehrausgaben / Investitionen in den...
das man immer noch glaubt, dass Krieg/Waffenforschung den techn. Fortschritt ermöglicht...
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