Mehr Sprengkraft, mehr Rechenaufwand
Verglichen mit dem einfachen Gun-Design, bei dem zwei Klumpen Material aufeinander geschossen werden, hat es zwei Vorteile. Es kann mehr Material eingesetzt werden und die kritische Masse wird schneller erreicht. Es erfolgen mehr Kernspaltungen, bevor alles auseinanderfliegt - das Ergebnis ist eine kräftigere Explosion. Allerdings ist der Entwurf viel aufwendiger, da das Spaltmaterial idealerweise zu einer Kugel verdichtet werden muss. Verschiedene Entwürfe auszuprobieren, war wegen Materialknappheit und wegen des radioaktiven Materials, das eine Kernwaffenexplosion verteilt (Fallout), nicht möglich.
Die schnelleren Berechnungen und höhere Genauigkeit des ASCC lieferten wichtige Erkenntnisse. Da trotzdem nicht sicher war, ob das entwickelte Design funktionieren würde, wurde es im Rahmen des Trinity Project am 15. Juli 1945 getestet. Die Leistung der verfügbaren Computer war so beschränkt, dass nur Teile des Ablaufs simuliert werden konnten. Beim Gun-Design hingegen waren sich die Leiter des Manhattan-Projekts so sicher, dass es direkt auf die japanische Stadt Hiroshima abgeworfen wurde.
Keine Wasserstoffbombe ohne Computer
Ein weiterer Vordenker des Manhattan-Projekts war Edward Teller, Physiker, wie von Neumann gebürtiger Ungar und ebenfalls 1933 in die USA emigriert. Bereits seit Beginn des Projekts dachte er über eine noch mächtigere Waffe als die Kernspaltungsbombe nach: die thermonukleare Bombe, besser bekannt als Wasserstoffbombe. Hierbei erhitzt und komprimiert eine Spaltungsbombe Deuterium und Tritium so stark, dass sie fusionieren. Dies setzt wesentlich mehr Energie frei als die Spaltungsreaktion.
Allerdings ist der Entwurf einer thermonuklearen Bombe noch komplizierter als der einer Implosionsbombe. Entsprechend musste noch mehr gerechnet werden. So lief als erstes Programm auf Eniac, dem ersten universal programmierbaren elektronischen Computer, eine Simulation zur Machbarkeit dieser Waffe. Die Entwicklung der ersten beiden Wasserstoffbomben der USA basierte auf Berechnungen des unter Leitung von Neumanns am Institute for Advanced Studies (IAS) in Princeton gebauten IAS-Computers.
Beide zuvor genannten Computer setzten erstmals Konzepte um, die heute als von-Neumann-Architektur bekannt sind (obwohl von Neumann nicht der alleinige Erfinder ist). Die Programmbefehle liegen mit den Daten in einem gemeinsamen Speicher. Es können, anders als bei vielen zuvor genutzten Computern, beliebige Programme geschrieben werden. Inspiriert von der Turing-Maschine verfolgten von Neumann und diverse weitere Wissenschaftler das Ziel, einen zur Lösung jedes (berechenbaren) Problems programmierbaren Computer zu bauen.
Computer für jedes Atomprogramm
Nicht nur in den USA wurden Computer entwickelt, um beim Waffenbau zu unterstützen. Hier ist das Zusammenspiel allerdings am besten dokumentiert. Die übrigen der ursprünglich fünf Atommächte - die Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und China - entwickelten ebenfalls eigene Computer, auch mit Blick auf ihre Kernwaffenprogramme. In Großbritannien ging der Electronic Delay Storage Automatic Calculator (Edsac) 1949 in Betrieb. Durch regen Austausch setzten sich auf beiden Seiten des Atlantiks gleiche Ideen durch.
In der Sowjetunion litt die Entwicklung der Computer - wie vieles - anfangs unter Stalin. Wissenschaft war hier politisch, Computer und die neue Kybernetik wurden zu Opfern der Propaganda und galten als Beispiel für den kulturellen und moralischen Untergang des Westens. Im Vergleich zu den USA und Großbritannien war zudem die Industrie weniger entwickelt, der Zweite Weltkrieg hatte große Verwüstungen hinterlassen.
Trotz aller Widrigkeiten wurde 1950 MESM, der erste Computer der Sowjetunion, in Kiew (heute Kyjiw) in Betrieb genommen.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Kernwaffen: Der Computer und die Bombe | China zieht nach |
Danke für das positive Feedback! Es freut mich sehr, dass der Artikel so gut ankommt. Was...
Scheint als wöllte man die nun fest geplanten Mehrausgaben / Investitionen in den...
das man immer noch glaubt, dass Krieg/Waffenforschung den techn. Fortschritt ermöglicht...