Keine Mehrheit: EU-Verhandlungen zu Chatkontrolle wieder gescheitert

Die EU-Staaten haben erneut keine Einigung über die geplante EU-Verordnung im Kampf gegen die Verbreitung von Darstellungen von Kindesmissbrauch erzielt. Ein Kompromissvorschlag der dänischen EU-Ratspräsidentschaft habe im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV/Coreper) nicht die ausreichende Unterstützung erhalten, berichtete die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Diplomatenkreise. Das Vorhaben werde daher nicht wie vorgesehen beim nächsten EU-Innenministertreffen am 15. Oktober 2025 zur Abstimmung gestellt.
Die Bundesregierung hatte den dänischen Vorschlag im Laufe des Tages abgelehnt . "Anlasslose Chatkontrolle muss in einem Rechtsstaat tabu sein. Private Kommunikation darf nie unter Generalverdacht stehen" , teilte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) mit. Regierungssprecher Stefan Kornelius bekräftigte vor Journalisten in Berlin, dass eine anlasslose Chatkontrolle für die Bundesregierung ein "Tabu" sei, und "dass wir verschlüsselte Kommunikation natürlich nicht kontrollieren" .
Entscheidung soll im Dezember fallen
Einer Sprecherin von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) zufolge gibt es innerhalb der Regierung jedoch "noch keine verkündbare Einigung" bei dem Thema. Ihrer Einschätzung nach soll nicht in der kommenden Woche, sondern erst auf einer EU-Ratssitzung im Dezember über eine Neuregelung entschieden werden. Zwar werde Deutschland in der kommenden Woche ebenfalls eine Position einnehmen, "aber die endgültige Entscheidung wird dann erst im Dezember fallen" .
Im Rat der Mitgliedstaaten ist für eine Annahme der Verordnung die Zustimmung von 15 der 27 EU-Staaten notwendig, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Solange große Staaten wie Deutschland die Pläne ablehnen, ist eine Sperrminorität vorhanden. Vor den Dänen scheiterten bereits mehrere EU-Länder bei dem Versuch, eine Mehrheit für einen Vorschlag zu finden.
Die Mitgliedstaaten stehen bei dem Thema unter Zeitdruck. Am 3. April 2026 läuft eine Regelung aus , die es Providern von E-Mail- und Messengerdiensten erlaubt, die Kommunikation ihrer Nutzer auf Missbrauchsmaterial zu durchsuchen. Das Europäische Parlament will diese freiwillige Chatkontrolle jedoch kein weiteres Mal verlängern und fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, sich auf eine gemeinsame Position zum neuen Vorschlag zu einigen.



