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Kein Ausschluss: EU lobt wohl heimlich die deutsche Huawei-Regelung

Die EU-Vizepräsidentin sieht 12 Länder bei 5G-Sicherheit auf dem richtigen Weg. Ob Deutschland mit dem Huawei -Deal dabei sei, bleibt offen.
/ Achim Sawall
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Die designierte Vizepräsidentin der neuen Europäischen Kommission, Henna Virkkunen (Bild: HEIKKI SAUKKOMAA/AFP via Getty Images)
Die designierte Vizepräsidentin der neuen Europäischen Kommission, Henna Virkkunen Bild: HEIKKI SAUKKOMAA/AFP via Getty Images

Die für Digitalisierung zuständige, designierte Vizepräsidentin der neuen Europäischen Kommission, Henna Virkkunen, hat in einer Anhörung in dieser Woche beklagt(öffnet im neuen Fenster) , dass bislang lediglich 12 der 27 EU-Mitgliedsstaaten Beschränkungen gegen die chinesischen 5G-Ausrüster Huawei und ZTE umgesetzt hätten. "Die Mitgliedsstaaten haben das nicht ernst genug genommen" , sagte Virkkunen. Sie wolle sich das Thema im kommenden Jahr genauer anschauen und auch mit den Mitgliedstaaten diskutieren, zitierte der Tagesspiegel die voraussichtlich nächste Digitalkommissarin.

Auf Anfrage von Golem.de teilte eine Sprecherin der Europäischen Kommission mit, dass man die 12 Länder, die Restriktionen erlassen hätten und mit denen die EU-Kommission zufrieden sei, nicht benennen könne. Somit bleibt unklar, ob die Vereinbarungen, die das Bundesinnenministerium im Juli dieses Jahres mit den drei großen deutschen Netzbetreibern Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica für 5G-Sicherheitsfragen getroffen hat , ausreichen, um die EU-Kommission in ihrem Anti-China-Kurs zufriedenzustellen.

"Wir haben keine besonderen Bemerkungen zu diesen Entwicklungen auf nationaler Ebene" , sagte die Sprecherin Golem.de. Schon zuvor hatte sich die EU-Kommission wiederholt nicht zu 5G-Sicherheitsfragen geäußert und nicht begründet , auf Basis welcher Analysen die Risiken in Bezug auf 5G-Ausrüster bestimmt würden.

Bundesinnenministerium kennt die EU-Zählung nicht

Auch das Bundesinnenministerium hat keine Kenntnis darüber, ob die in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbarten Maßnahmen dazu führen, dass die EU-Kommission Deutschland zu den zwölf Ländern zählt, die hinreichend gehandelt haben. "Das Bundesinnenministerium hat die EU-Kommission in Kenntnis gesetzt, ohne auf die vertraglichen Vereinbarungen selbst im Detail einzugehen, da diese Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse beinhalten. Eine offizielle Antwort der Kommission liegt nicht vor" , erklärte Ministeriumssprecher Lars Harmsen Golem.de. Die sogenannte 5G-Toolbox der EU sieht die Bundesregierung mit dem "IT-Sicherheitsgesetz 2.0 und den korrespondierenden Regelungen im Telekommunikationsgesetz umgesetzt."

Breton wollte viel mehr beschränken

Virkunnens Vorgänger als Digitalkommissar, Thierry Breton, hatte sich mehrfach beklagt , dass die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten keine Veranlassung gesehen habe, Huawei und ZTE in ihren Märkten zu beschränken oder gar auszuschließen. Im Februar dieses Jahres, also einige Monate vor der neuen Regelung in Deutschland, sprach die EU-Kommission allerdings von erst zehn EU-Staaten, die Maßnahmen in ihrem Sinne ergriffen hätten. Da in den vergangenen neun Monaten zwei Länder zusätzlich positiv bewertet wurden, könnte man die deutsche Regelung als ausreichend im Sinne ihrer Forderungen eingestuft haben. Das soll aber offenbar nicht zugegeben werden.

Wichtig daran ist, dass die Vereinbarungen in Deutschland keinen expliziten Ausschluss Huaweis beim 5G-Mobilfunkausbau darstellen, sondern lediglich vorsehen, dass ein Teil der Steuerungssoftware des Antennennetzes bis zum Jahr 2029 ausgetauscht wird. Damit sind rund 99 Prozent der verplanten Huawei-Technologie de facto erlaubt und können weiter unbegrenzt verbaut werden. In den 5G-Kernnetzen hatten die deutschen Netzbetreiber sowieso nie mit chinesischer Technologie geplant.

Sollte die EU-Kommission die deutsche Regulierung als zufriedenstellend eingestuft haben, hätte dies eine Signalwirkung für andere EU-Länder, den Deal zu kopieren, um weiter auf möglichst viele 5G-Ausrüster zugreifen zu können. Die nun für das deutsche Netz zu entwickelnde, separate Steuerungssoftware könnte wahrscheinlich problemlos auch in anderen Ländern zum Einsatz kommen, ohne dass erhebliche Zusatzkosten entstünden.

Das Handelsblatt berichtete(öffnet im neuen Fenster) diese Woche unter Berufung auf Brancheninsider, dass es in Portugal und Tschechien bereits Bestrebungen gebe, das deutsche Modell zu übernehmen. Zur Umsetzung hierzulande zitierte das Handelsblatt die Deutsche Telekom, die schon länger geplant hatte , die neue Antennensteuerungssoftware inhouse herzustellen, dass bereits mehr als 80 Millionen Euro in die neue Software investiert worden seien, und dass Huawei die entsprechenden Schnittstellen für die Telekom geöffnet habe.


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