Kassen-Spitzenverband: Kassen kritisieren Fantasiepreise für Gesundheitsapps

Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Gesundheitsapps auf Rezept steigen deutlich. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Spitzenverbandes der Krankenkassen hervor, der dem Redaktionsnetzwerk Deutschland der Madsack Mediengruppe vorliegt. Danach gaben die Kassen im vergangenen Jahr mit 110 Millionen Euro 71 Prozent mehr für digitale Gesundheitsanwendungen (Diga) aus als im Jahr 2023. In dem Jahr beliefen sich die Ausgaben auf 64 Millionen Euro.
Die Steigerung erklärt sich nicht nur durch die wachsende Zahl von Verordnungen, sondern auch durch deutlich höhere Preise: Lag der Durchschnittspreis für eine App im Jahr 2020 noch bei 411 Euro, waren es 2024 bereits 541 Euro. Das ist eine Zunahme um 32 Prozent. Der höchste Preis liegt derzeit bei 2.077 Euro für eine App bei Multiple Sklerose.
Trotz der Preise ist der Nutzen der digitalen Anwendungen laut Krankenkassenverband oft fraglich: Von den bisher insgesamt 68 in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommenen Apps konnte bei 12 Apps der Nutzen von Anfang an durch Studien nachgewiesen werden. Bei den 56 zur Erprobung aufgenommenen Anwendungen konnten bisher nur für jede zweite App die versprochenen Effekte nachgewiesen werden. Die Hersteller von Apps auf Rezept können nach der geltenden Rechtslage in einem Erprobungsjahr den Preis unabhängig vom nachgewiesenen Nutzen frei festlegen. Erst ab dem zweiten Jahr muss die Wirksamkeit durch Studien belegt werden, woraufhin die endgültigen Preise zwischen Kassen und Herstellern verhandelt werden.
Kassen machen Stimmung gegen Apps
Die Krankenkassen werfen den Herstellern vor, die Preise hochzutreiben. "Die Unternehmen nutzen das gesetzlich festgelegte Recht auf einen beliebig hohen Preis im ersten und teilweise auch im zweiten Jahr voll aus" , sagte Verbandsvize Stefanie Stoff-Ahnis dem RND. Sie sprach von "Fantasiepreisen" , die selbst dann gezahlt werden müssten, wenn der Nutzen der Anwendung nicht nachgewiesen sei. "Dieser Zwang zur Wirtschaftsförderung auf Kosten der Betragszahlerinnen und Beitragszahler gehört beendet" , forderte sie. Dass Apps ohne Nutzennachweis verordnet werden dürften, mache die Patienten zu "Versuchskaninchen" , beklagte Stoff-Ahnis.
Die Krankenkassen machen allgemein Stimmung gegen Gesundheitsversorgung per App. Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung kritisiert in seinem Diga-Report (PDF) vom 31. März 2025(öffnet im neuen Fenster) , "Hürden durch eine verzögerte Bereitstellung von Freigabecodes und den mühsamen Einlöseweg" . Auch seien Diga-behindernde Interventionen der Krankenkassen bekannt geworden. Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) habe aufgrund konkreter Vorfälle klargestellt, dass Krankenkassen nicht berechtigt seien, in die Verordnungsentscheidungen und damit die Therapiefreiheit von Ärzten und Psychotherapeuten einzugreifen.
Dem widersprechen die App-Entwickler: Richtig sei, dass die Hersteller auch bei einem Antrag auf vorläufige Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis Studienergebnisse aus einer systematischen Datenauswertung vorliegen müssten, die eindeutigen Hinweis auf einen positiven Versorgungseffekt zeigten. "Die Grundlagen der Berechnungslogik hinter den Höchstbeträgen hat der GKV-Spitzenverband mit den Herstellerverbänden selbst verhandelt" , hieß es weiter.



