IT-Zeitprobleme: Die Schaltsekunde soll weg und das ist auch gut so
Ein Vorschlag ist nicht deshalb schlecht, weil er von Facebook kommt. Er ist gut begründet und entspricht längst unserem Umgang mit der Zeit.

In einem langen Beitrag auf Facebook wird vom Facebook-Mutterkonzern Meta gefordert, die Schaltsekunden abzuschaffen. Die in unregelmäßigen Abständen eingeschobene 61. Sekunde um Mitternacht verursache immer wieder ernsthafte Probleme. Das beste Vorgehen wäre, die Schaltsekunden einfach abzuschaffen und kleine Abweichungen von der astronomischen Uhrzeit zu akzeptieren. Die Argumentation ist gut und schlüssig, und es fällt schwer, ihr zu widersprechen.
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- Großkonzerne dominieren schon immer die Zeit
Es steht nicht in Frage, dass das Einschieben der Schaltsekunden wie schon 2012 und 2017 zu großflächigen Ausfällen führt, weil irgendein Programm an der Verarbeitung der zusätzlichen Sekunde scheitert. Nun ist es einfach, das als Programmierfehler zu bezeichnen und die Ursache in schlechter Ausbildung oder mangelnder Sorgfalt zu suchen. Aber es spricht vieles dafür, die Programmiererinnen und Programmierer dieser Welt in dieser Sache in Schutz zu nehmen.
Die wichtigste Eigenschaft der Zeit ist ihre Regelmäßigkeit und Vorhersagbarkeit. Die Schaltsekunde ist genau das nicht. Sie entsteht durch Unregelmäßigkeiten in der Erdrotation, die vor allem bei astronomischen Beobachtungen auffallen. Irgendwann sind die Sterne nicht mehr genau zur richtigen Zeit dort, wo sie sein sollten. Schaltsekunden werden eingeschoben, damit die Abweichung nicht größer als eine Viertel Bogensekunde wird.
In der Zeit verliert Astronomie an Bedeutung
Aber es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, weshalb sich der Zeitstandard aller Computernetzwerke nach den Befindlichkeiten der Astronomie richten sollte, zumal die jeweils aktuelle Abweichung ohnehin gemessen wird und für diese Zwecke vom 1987 gegründeten International Earth Rotation and Reference Systems Service jederzeit im Internet abrufbar gemacht werden könnte.
Es stimmt, dass damit ein weiterer Bedeutungsverlust der Astronomie bei der Bestimmung der Zeit einhergeht, die sich zu einem Schiffsunglück mit über 1.400 Toten im Jahr 1707 und den britischen Longitude Act von 1714 zurückverfolgen lässt. Der Grund für das Schiffsunglück war ein Navigationsfehler bei der Bestimmung des Längengrades. Vier Schiffe sanken, weil sie sich in ihrer Position um über 300 Kilometer geirrt hatten. Es war eine der größten solcher Verluste der britischen Flotte.
Gute Uhren vermieden Schiffsunglücke
Solche Fehler können durch die Beobachtung der Höhe und Position von Mond, Sternen und Planeten am Himmel sowie durch präzise Zeitangaben im Vergleich zu einem Referenzort vermieden werden. Die Britische Regierung lobte einen Preis für die Entwicklung der Navigationsmethode aus und präzise Uhren wurden entwickelt.
Berühmt wurde dabei der Uhrmacher John Harrison. Der Referenzort zur Navigation der britischen Flotte wurde die Sternwarte Greenwich bei London, deren Zeit seither der Standard ist.
Spätestes im 20. Jahrhundert, mit der Entwicklung des Radios, der Navigation durch Funkfeuer und später auch mithilfe von Satelliten, verlor die astronomische Zeit immer mehr an praktischer Bedeutung. Im Alltag galt sie längst nicht mehr. Denn genau wie heute wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts zugunsten der Technik und der reichsten Konzerne der Welt immer mehr von der astronomischen Zeit abgewichen.
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Großkonzerne dominieren schon immer die Zeit |
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Und die Schaltstunden im Frühjahr und Herbst?
Die Einheit koppelt auf einfache Weise Zeit und Erdrotation. Und wenn sich der Fehler...
Jede Art Zeitmessung beruht auf "der Natur". Nur nicht unbedingt auf der Erdrotation.
Nennt sich TAI (Temps Atomique International) und kann von Meta sofort verwendet werden...
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