IT-Konsolidierung: Bund braucht sechs Jahre länger für neue IT-Systeme
Für die IT-Konsolidierung des Bundes gibt es einen neuen Zeitplan. Die Opposition hält selbst dessen Umsetzung für nicht sicher.

Die Bundesregierung braucht noch acht weitere Jahre bis zur vollständigen Modernisierung ihrer IT-Systeme. Das geht aus dem sogenannten Reihenfolgeplan hervor, der im vergangenen Jahr ausgearbeitet und im Dezember vom IT-Rat der Regierung beschlossen wurde. Dem Dokument zufolge, das Golem.de vorliegt, sollen die IT-Systeme in vier Wellen zwischen den 2021 und 2028 ausgetauscht werden. Die Kosten für die Umsetzung der neuen Pläne liegen noch nicht vor.
Die Bundesregierung hatte im Jahr 2015 die IT-Konsolidierung gestartet. Ursprünglich sollten bis Ende des Jahres 2022 die IT-Betriebe von Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung in wenigen Rechenzentren konzentriert werden, was als Betriebskonsolidierung Bund (BKB) bezeichnet wird. Darüber hinaus wollte die Regierung bis zum Jahr 2025 die ressortübergreifend nutzbaren IT-Lösungen vereinheitlichen, was unter dem Begriff Dienstekonsolidierung subsumiert wird.
Die zunächst im Bundesinnenministerium angesiedelte Projektleitung wurde Ende 2019 aufgeteilt: Seitdem hat das Finanzministerium die Betriebskonsolidierung übernommen, während das Innenministerium nur noch die Dienstekonsolidierung verantwortet. Das Bundeskanzleramt unter Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) und Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) übernahm die Koordinierung und richtete dazu im April 2020 eine Stabsstelle ein.
130.000 Arbeitsplätze und 30.000 Server betroffen
Der neue Reihenfolgenplan betrifft nur die Betriebskonsolidierung mit 130.000 Arbeitsplätzen und 30.000 Servern. Demnach sollen von April 2021 an 69 Behördenprojekte mit insgesamt 73 Behörden umgesetzt werden. "Grundsätzlich wird ein Behördenprojekt innerhalb einer Laufzeit von drei Kalenderjahren durchgeführt. Ein Behördenprojekt beginnt nach einer dreimonatigen Initialisierungsphase mit der Vorbereitungsphase", heißt es in dem Dokument. Längere Laufzeiten über zwei bis drei Wellen sind für die Bundespolizei sowie die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) mit eigenem Verwaltungsaufbau der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) vorgesehen.
Für bestimmte Bundesbehörden steht jedoch noch nicht fest, ob sie in die neue IT-Verwaltung integriert werden können. "Für die Obersten Bundesgerichte, das Bundespatentgericht und den Generalbundesanwalt bestehen besondere Anforderungen im Hinblick auf die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Grundsätze der Gewaltenteilung und der richterlichen Unabhängigkeit", heißt es weiter. Sofern Vorkehrungen getroffen würden, die die Einhaltung dieser Grundsätze garantierten, sollten sie ebenfalls das Informationstechnikzentrum Bund (ITZ Bund) beauftragen können. Bis das geklärt sei, würden Kapazitäten in der vierten Welle reserviert.
Scharfe Kritik aus der Opposition
Angaben zu möglichen neuen Kosten sind in dem Plan nicht enthalten. Ob es bei den geschätzten Gesamtkosten in Höhe von 3,4 Milliarden Euro bleibt, ist weiter offen. "Die Finanzplanung wird im Ergebnis des Reihenfolgeplans, des Migrationsvorgehens und der technischen Arbeiten grundlegend zu aktualisieren sein. Das kann allerdings aufgrund der zeitlichen Abläufe erst zum Haushalt 2022 erfolgen", schrieb das Finanzministerium im September 2020 in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages.
Die Opposition kritisierte das Vorgehen der Regierung. "Ein komplettes Jahr hat die Bundesregierung damit vergeudet, eine neue Reihenfolge für die IT-Konsolidierung zu planen. Ein weiteres Jahr, in dem keine der Behörden auf der Liste konsolidiert wurde. Wenn das Projekt weiter in diesem Schneckentempo vorangeht, dann wird es auch 2028 nicht abgeschlossen sein. Jede Woche Verzögerung steigert zudem die Kosten", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler, auf Anfrage von Golem.de.
Kindler kritisierte zudem die Aufgabenverteilung innerhalb der Bundesregierung: "Der Finanzminister schafft keine Transparenz über die Kosten, der Innenminister kümmert sich nicht um die IT-Sicherheit und die Staatsministerin für Digitalisierung scheint vollkommen untergetaucht zu sein. Mit dieser Aufstellung wird sich das Projekt nicht nur weiter verzögern, sondern mit Sicherheit auch die Kostengrenze von 3,4 Milliarden Euro sprengen."
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Und woher weißt du wie komplex das Ganze ist?
Nein, diese Sichtweise kann ich nicht mehr akzeptieren, Digitalisierung ist nicht einfach...
Aber wahrscheinlich falscher Ansatz. Der Leiter des Gesamtprojekts hat wahrscheinlich...
Dass jemand der es kann es macht?