ISOC: Internet muss Forderung nach Trennung widerstehen
Das Internet sei die größte Hoffnung für eine Kommunikation zwischen Menschen und respektiere keine Grenzen, so die ISOC.

Der Präsident und CEO der Internet Society (ISOC), Andrew Sullivan, wendet sich in einer Art offenem Brief gegen Forderungen, Russland vom Rest des Internets zu trennen. "Es scheint, dass jedesmal, wenn es ein großes politisches Ereignis auf der Welt gibt, jemand fordert, dass jemand anderes vom Internet ausgeschlossen wird", schreibt Sullivan zur Forderung seitens der Ukraine.
Gefordert wird von ukrainischer Seite, die Top-Level-Domains .ru, .рф und .su ganz oder zumindest zeitweise aus der Root-Zone zu entfernen. Das gelte auch für weitere Domains, die in Russland vergeben werden. Auch die Root-Nameserver innerhalb Russlands sollen stillgelegt werden. Darüber hinaus will das ukrainische Digitalministerium das RIPE NCC auffordern, die Vergabe von IPv4 und IPv6 an alle russischen Mitglieder (LIRs) zurückzuziehen sowie die DNS-Root-Server zu blockieren.
Die aktuellen Forderungen zur Trennung gehen jedoch weiter. Sullivan bezieht sich explizit auch darauf, dass in sozialen Netzwerken keine Inhalte mehr aus Russland dargestellt werden sollen, dass die physischen Verbindungen getrennt , also Kabel gekappt werden sollen, oder dass die BGP Announcements russischer Netzwerke blockiert werden sollen. Letzteres würde ein Routing verhindern.
Sullivan schreibt dazu: "Diese Vorschläge lassen etwas Grundlegendes am Internet außer Acht: Es wurde nie darauf ausgelegt, Ländergrenzen zu respektieren. Die Idee, ein Land vom Netz zu trennen, ist immer falsch, egal, ob Menschen es einem anderen Land antun wollen oder Regierungen ihrem eigenen Land."
Trennung ist technisch wie politisch schwierig
Sullivan stellt sich außerdem gegen die Annahmen, die den Forderungen zugrunde liegen: So sei zum Beispiel überhaupt nicht klar, was ein russisches Netzwerk sein soll und wie genau die Kommunikation damit eingestellt werden soll. Die Struktur des Internets sei schließlich auf Resilienz angelegt. Die Daten würden am Ende wohl dennoch in der vernetzten Welt weiter fließen können.
Darüber hinaus befürchtet Sullivan, dass die Umsetzung solch einer Forderung künftig schnelle politische Nachahmer finden könnte. "Wenn wir diesen Weg gehen, wird das Netzwerk der Netzwerke in Kürze nicht mehr existieren. An seiner Stelle hätten wir ein anderes Netzwerkdesign, das um nationale Gateways herum aufgebaut, nach geopolitischen Linien aufgeschlüsselt und genauso dynamisch und robust wäre wie andere multilaterale, auf Regulierung basierende Systeme." Letztlich bliebe dadurch die Wahrheit aus eben diesen Ländern verborgen, da sie nicht mehr nach außen dringen könne.
Laut Sullivan sollten einfach alle Menschen, auch jene, die von Kriegen und Konflikten betroffen sind, Zugang zu Kommunikation haben. Zuletzt heißt es: "Das Internet ist ein Werkzeug, das ihnen hilft zu verstehen, was vor sich geht, und ihren Kampf zu kommunizieren. Es ist ein Werkzeug für die Unterdrückten, um ihre Unterdrückung zu zeigen. Wenn wir versuchen, es nur nach dem Willen von Regierungen zurechtzubiegen, werden wir es zerstören und all diese Möglichkeiten verlieren."
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Ein wenig wundern tut es mich aber doch. Geldhahn abdrehen? Ok. Warenfluss abdrehen? Ok...