iPhone-Trojaner: US-Rüstungskonzern L3Harris will angeblich Pegasus kaufen
Noch steht die israelische NSO-Group auf einer schwarzen Liste der USA. Doch nun ist ein US-Konzern an deren Spionage-Software Pegasus interessiert.

In der Debatte um die Aktivitäten des israelischen Spionagesoftwareanbieters NSO Group deutet sich eine überraschende Wende an. Medienberichten zufolge ist der US-amerikanische Rüstungskonzern L3Harris am Kauf von deren Überwachungstechnik interessiert. Demnach wolle das Unternehmen nicht nur das Know-how, sondern auch die mit der Entwicklung der Pegasus-Spyware befassten Mitarbeiter übernehmen. Doch vor dem Kauf müssten noch einige Hürden überwunden werden, berichtete der britische Guardian.
Der Konzern L3Harris entstand 2019 aus dem Zusammenschluss der früheren Firmen of L3 Technologies und der Harris Corporation. Mit 47.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von fast 18 Milliarden US-Dollar gilt das Unternehmen als einer der größten US-Rüstungskonzerne. Die frühere Harris Corporation stellte unter dem Produktnamen Stingray auch sogenannte Imsi-Catcher für Ermittlungsbehörden her.
NSO auf schwarzer Liste
Der Einsatz der Software Pegasus gegen US-amerikanische Ziele hatte im vergangenen Jahr die US-Regierung verärgert. So sollen die iPhones mehrerer US-Diplomaten über Pegasus gehackt worden sein. Das Büro für Industrie und Sicherheit (BIS) stellte daher im November 2021 fest, dass sich die Aktivitäten der NSO Group gegen die nationale Sicherheit und die außenpolitischen Interessen der USA richteten. Daher wurde das Unternehmen in eine entsprechende Liste aufgenommen.
Das Weiße Haus zeigte sich zunächst skeptisch, was die Übernahmepläne betrifft. "Eine solche Transaktion, sollte sie stattfinden, wirft für die US-Regierung ernste Fragen der Spionageabwehr und der Sicherheit auf", zitierte der Guardian einen hohen Beamten der US-Regierung unter Präsident Joe Biden. So werde die US-Regierung "gegen Versuche ausländischer Unternehmen vorgehen, US-Exportkontrollmaßnahmen oder Sanktionen zu umgehen". Das betreffe auch die Aufnahme in die Liste des US-Handelsministeriums für bösartige Cyber-Aktivitäten.
US-Regierung kündigt intensive Prüfung an
Eine Transaktion eines US-Rüstungsunternehmens mit einem Unternehmen, das auf der schwarzen Liste stehe, werde nicht automatisch dazu führen, eine solche Firma von der Liste zu streichen. Stattdessen werde der Kauf eine intensive Prüfung auslösen, "um zu untersuchen, ob die Transaktion eine Bedrohung für die Spionageabwehr der US-Regierung und ihrer Systeme und Informationen darstellt, ob andere US-Beteiligungen an dem Verteidigungsunternehmen gefährdet sein könnten, inwieweit ein ausländisches Unternehmen oder eine ausländische Regierung ein gewisses Maß an Zugang oder Kontrolle behält und welche weitergehenden Auswirkungen auf die Menschenrechte bestehen".
Dem Bericht zufolge würde der Deal auch in Israel auf Hürden stoßen. In der israelischen Cyber-Industrie geht man demnach davon aus, dass die Aufsicht über die in Israel hergestellte Technik sowie die gesamte Entwicklung von Pegasus und das Personal in Israel bleiben müssten. NSO unterliegt der Aufsicht des israelischen Verteidigungsministeriums, das auch über die Nutzung der Software durch andere Staaten entscheiden muss.
Weiterhin wird spekuliert, dass der Verkauf der Software an ein US-Unternehmen deren weltweiten Einsatz stark einschränken könnte. Zu den künftigen Nutzern könnten neben dem Geheimdienstbündnis Five Eyes, zu dem die USA, Großbritannien, Kanada, Neuseeland und Australien gehören, noch einige Nato-Verbündete zählen.
Allerdings gibt es Zweifel daran, dass die Geheimdienste genug Vertrauen in die Software haben, um sie für wichtige Spähaktionen einzusetzen. John Scott-Railton, Forscher des Citizen Lab der Universität Toronto, geht dem Bericht zufolge davon aus, dass Pegasus eher an lokale Behörden verkauft würde. "Wo wäre also der große Markt? Ich fürchte, die logischen Abnehmer wären die US-Polizeibehörden. Dies wäre eine noch nie dagewesene Bedrohung für unsere bürgerlichen Freiheiten", sagte er dem Guardian.
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