Ich habe nur noch alles ge-fucked
Hannes Grassegger: Dann wurden Sie eingestellt.
García Martínez : Ja. "On-Boarding" nennt man den Einführungstag. Im Publikum sind die Neulinge, die "Kids", auf der Bühne gibt es mitreißende Reden über die neue Kultur und Philosophie, von der wir jetzt Teil sind. Dann folgt eine sechswöchige Schulung. Ein "Bootcamp", wie beim Militär. Man wird in die Philosophie eingewiesen und muss den Code des Netzwerks bedienen lernen.
Hannes Grassegger: Was heißt das?
García Martínez : Die Architektur von Facebook ist ein Code - der verblüffend einfach ist. Ich hab ihn runtergeladen und dann den Like-Button auf meinem Account umbenannt in Fuck. Fortan habe ich nichts mehr ge-liked, sondern nur noch alles ge-fucked.
Hannes Grassegger: Wie sieht es drinnen bei Facebook aus?
García Martínez : Je näher man an Zuckerberg sitzt, desto wichtiger ist man. Es gibt ein zentrales Besprechungszimmer, ganz aus Glas, alle nennen es "das Aquarium". Dort hält "Zuck" Hof. Es ging das Gerücht um, es sei schusssischer. Das alte Facebook-Office, in dem ich mich vorstellte, war noch nicht das Raumschiff von heute. Es war ein ziemlich ordinäres Bürogebäude, schmutzige Büroteppiche, in denen Skateboards und Nerf-Spielzeugpistolen rumlagen. Überall hingen Poster in so einer Revolutionsästhetik.
Hannes Grassegger: Wozu?
García Martínez : Es gab eine eigene Posterpresse bei Facebook für interne Propaganda. Die wichtigsten Lehrsätze lauten: Make an impact! Go fast and break things! Done is better than perfect. Get in over your Head. (Bewirke was! Sei schnell und zerbrich Sachen! Besser getan als perfekt! Überfordere dich!)
Hannes Grassegger: Gibt es eine Kleiderordnung bei Facebook?
García Martínez : Am Einführungstag hat jeder ein blaues T-Shirt bekommen. Die Hälfte aller männlichen Mitarbeiter trug das. Viele hatten Familienfotos rumstehen, auf denen Frau und Kinder ebenfalls die Shirts trugen. Den Frauen wurde schon am Einführungstag "abgeraten", zu knapp angezogen zu sein.
Hannes Grassegger: Wie kamen Sie überhaupt zu Ihrem Job bei Facebook?
García Martínez : Ich hatte ein ziemlich heißes Startup für Internetwerbung aufgebaut. Wir hatten ein paar der bekanntesten Investoren an Bord. Nach zehn Monaten begann Twitter sich für uns zu interessieren. Um deren Angebot zu erhöhen, versuchte ich sie gegen Facebook auszuspielen. Die wollten dann mich. Mein Unternehmen und meine alten Partner hab ich an Twitter verkauft.
Hannes Grassegger: Was war Ihr Einstiegsgehalt bei Facebook?
García Martínez : Nicht so viel. 550.000 Dollar nach Steuern.
Hannes Grassegger: Klingt doch nicht schlecht!
García Martínez : Nein, das ist im Silicon Valley grade mal Mittelschicht. Ich bekam im Jahr 175.000 Dollar Grundlohn. Dazu gab es einmalig ein Paket von 75.000 Unternehmensanteilen, die später 38 Dollar pro Stück wert waren. Hin und wieder gab es Boni. Wichtig sind im Valley allein die Unternehmensanteile, Cash zählt nicht.
Hannes Grassegger: Was war Ihre Aufgabe bei Facebook?
García Martínez : Die Monetarisierung. Ich sollte persönliche Daten in Geld verwandeln. Der Plan: Man versteigert Suchwörter meistbietend an Werbepartner. Es war das Jahr 2011, und Facebook musste endlich Geld verdienen.
Golem.de: Das war Zuckerberg sicher ziemlich wichtig!
García Martínez : Zuckerberg interessierte sich überhaupt nicht für Geld. Das hat er komplett an seine Vize Sheryl Sandberg übergeben.
Hannes Grassegger: Wo standen Sie in der Hierarchie?
García Martínez : Ich war mittlere Ebene, ein Produktmanager, einer von Dutzenden damals. Nach innen hin war ich nicht das höchste Tier. Wenn ich aber als Facebooker Firmen außerhalb sprechen wollte, kam im Handumdrehen deren Chef angelaufen. Die wussten, der ist nur zwei Sprünge von Zuckerberg entfernt.
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Hallo, ich sehe das sehr ähnlich wie sie und mache mir darüber schon länger Sorgen...
nein das ist unsinn, es sei denn du verpasst dem trabbi ein anderes fahrwerk, womit er...
Nein, das IST dann so.
und hier wird sich nicht mit fremdem federn geschmückt wie es bei der zeit nach wie vor...