Internetausschuss: Verspottet, aber ehrgeizig
Mit einiger Verzögerung geht der neue Ausschuss für Digitale Agenda an den Start. Die Erwartungen an das Gremium sind nicht besonders hoch. Dennoch wollen die Abgeordneten neue Akzente setzen.

Es gibt keine Statistik darüber, wie viele Abgeordnete im Zeitalter von Computern und Smartphones noch einen Federhalter benutzen. Die Mitglieder des neuen Hauptausschusses Digitale Agenda werden solch ein Schreibgerät aber nicht brauchen. Denn der neue Ausschuss soll bei den Themen Internet und Digitalisierung lediglich "mitberatend" und nicht "federführend" tätig werden, wie es in dem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen heißt. Während die Opposition das neue Gremium deswegen als AOEZ (Ausschuss ohne echte Zuständigkeit) verspottet, setzen Union und SPD darauf, dass der Ausschuss dennoch die Digitale Agenda der Regierung koordinieren und voranbringen kann.
Die Aufgabe von Ausschüssen besteht laut Bundestag darin, "Gesetzesvorlagen inhaltlich zu beraten und Beschlüsse des Plenums vorzubereiten". Da die Koalition die Kompetenzen der Ministerien in Sachen Netzpolitik nicht gebündelt, sondern noch mehr zersplittert hat, soll der neue Ausschuss nun die Aufgabe übernehmen, diese Themen zusammenzuführen. Sowohl Union als auch SPD sehen die inhaltlichen Schwerpunkte des Ausschusses in den Themen Wirtschaft, Existenzgründungen, Industrie 4.0 und Breitbandausbau.
Ausschuss soll den Debatten voraus sein
Auf zwei Pressegesprächen der Fraktionen am Mittwoch in Berlin war viel davon die Rede, dass man inhaltliche Impulse setzen und fachliche Kompetenz bei den Themen einbringen wolle. Der netzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Jarzombek (CDU), sagte, der Ausschuss wolle der öffentlichen und parlamentarischen Diskussion "durchschnittlich drei Monate" voraus sein. Nach Angaben des designierten Ausschussvorsitzenden Jens Koeppen (CDU) will das Gremium eigene Schwerpunkte setzen, "die deutlich über das Tagesgeschäft hinausgehen und Perspektiven aufzeigen".
In dem Ausschuss sei "Musik drin", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Man könne wirksam in die Debatten eingreifen. Hochgesteckte Ziele nannte die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Nadine Schön (CDU): "Wenn wir jetzt alles richtig machen, wird Deutschland 2017 vielleicht als erstes genannt werden bei der Frage, welches Land die Digitalisierung am besten verstanden und umgesetzt hat."
Mehr Transparenz und Beteiligung
Vorreiter im Bundestag könnte der Ausschuss in Sachen Transparenz und Beteiligung werden. Die SPD wolle mit der Union darüber reden, welche Modelle ausprobiert werden könnten, sagte der netzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Klingbeil. Auch Koeppen kündigte an, dass sich der Ausschuss um neue Beteiligungsmöglichkeiten sowie eine eingeschränkte Öffnung für die Öffentlichkeit kümmern werde. Wie das konkret aussehen könnte, war aber noch unklar. Die Enquetekommission Internet und digitale Gesellschaft hatte in der vergangenen Legislaturperiode das Beteiligungstool Adhocracy genutzt. Allerdings war die Resonanz bescheiden, nur rund 3.500 Bürger machten mit und gaben knapp 500 Vorschläge ab.
Am Donnerstagnachmittag will der Bundestag den Ausschuss offiziell einsetzen. In der zuvor angesetzten Bundestagsdebatte wolle die Opposition ihre grundsätzliche Kritik am Vorgehen der Koalition äußern, sagte der Grünen-Politiker Konstantin von Notz. Notz hatte die fehlende Koordinierung der Netzpolitik als "Geburtsfehler des Ausschusses" bezeichnet. Dem neuen Gremium sollen 16 Mitglieder angehören, davon sieben von der Union, fünf von der SPD und jeweils zwei von Linke und Grünen. Stellvertretender Ausschussvorsitzender wird der SPD-Abgeordnete Gerold Reichenbach. Konstituieren wird sich der Ausschuss nach Angaben des Bundestags voraussichtlich am 19. Februar 2014.
Nachtrag vom 13. Februar 2014, 18:00 Uhr
Der Bundestag beschloss am Donnerstag einstimmig die Einsetzung des Ausschusses. In der vorangegangenen 40-minütigen Debatte sprach der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil von einem "bedeutenden Tag" für das Parlament. Dass der Ausschuss nun starten könne, sei auch vielen Netzaktivisten zu verdanken, sagte Klingbeil. Der designierte Ausschussvorsitzende Jens Koeppen (CDU) räumte ein, dass der Ausschuss auch schon vor acht Jahren hätte gegründet werden können. Nach Ansicht von SPD-Fraktionsvize Sören Bartol verlässt die Netzpolitik nun den "Katzentisch des Parlaments".
Die Opposition wiederholte ihre Kritik an der Konzeption des Ausschusses. In der großen Koalition seien die Netzskeptiker in der Mehrheit, die keinen netzpolitischen Ausschuss mit Relevanz haben wollten, sagte der Grünen-Politiker Konstantin von Notz. Die Linke-Politikerin Halina Wawzyniak verwies darauf, dass der Ausschuss auf Beschluss des Bundestages bei einzelnen Themen federführend tätig sein könne. Sie wolle darauf drängen, dass diese Möglichkeit jeweils in Betracht gezogen werde.
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+1 selbst das fernsehern ist schneller als die. und wenn im fernsehen über "aktuelle...
Nein, denn das wäre zu kompliziert, weil es eine Blacklist wäre. Einfacher wäre eine...
das sagt doch alles "Musik drin" also sprich sie suchen noch den kosten losen client von...
Mal ehrlich was können wir denn erwarten? Diese Leute haben bisher NICHTS sinnvolles in...