Intelligente Stromzähler: Wenn Verbraucherschützer die Verbraucher verwirren
Der Verbraucherzentrale Bundesverband fährt eine Kampagne gegen die Einbaupflicht für intelligente Strommesssysteme. Die Pressemitteilungen strotzen nur so vor Fehlern und werfen alles durcheinander.

Zugegeben: Die Pläne der Bundesregierung zur Digitalisierung der Energiewende sind nicht ganz unkompliziert. Viele Verbraucher können derzeit nur schwer einschätzen, wann welche "intelligenten" Strommesser in ihrem Keller eingebaut werden. Die Kampagne des Verbrauchszentrale Bundesverbands (vzbv) gegen den Gesetzentwurf der Regierung ist daher durchaus verständlich. Unverständlich ist aber, wenn ein großer Verband wie der vzbv mit jeder seiner Mitteilungen mehr Verwirrung stiftet, als dass er aufklärt.
So auch in einer aktuellen Mitteilung vom 17. November 2015. Darin werden die Begriffe Smart Meter, intelligente Stromzähler, digitale Stromzähler und intelligente Strommesssysteme munter durcheinandergeworfen. Dem Leser schwirrt der Kopf. Was alles sehr ähnlich klingt, ist technisch sehr verschieden und hat große Unterschiede bei den Kosten zur Folge. Dabei kommen unsinnige Sätze heraus wie: "Zu erwarten sind jährliche Kosten in Höhe von bis zu 100 Euro für Bereitstellung und Nutzung der digitalen Stromzähler."
Falsche Zahlen und falsche Begriffe
Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Zum einen sind auch die herkömmlichen elektromechanischen Ferrariszähler keine analogen, sondern digitale Messgeräte. Denn sie zeigen den gemessenen Verbrauch in einer Ziffernfolge an. Die von der Bundesregierung für jeden Haushalt geforderten "modernen Messeinrichtungen" sind nur einfache elektronische Stromzähler. Deren Kosten dürfen 20 Euro im Jahr nicht überschreiten, wie der Gesetzentwurf vorschreibt (Paragraf 32). Ebenso falsch ist die Behauptung des vzbv, die Haushalte sollten schrittweise bis zum Jahr 2020 mit diesen Zählern ausgestattet werden. Laut Gesetzentwurf haben die Messstellenbetreiber dazu bis zum Jahr 2032 Zeit.
Die Verbraucherschützer stören sich vor allem daran, dass der Einbau der teuren intelligenten Messsysteme (Zähler + Smart Meter Gateways) schon ab einem Jahresverbrauch von 6.000 Kilowattstunden verpflichtend sein soll. Allerdings betrifft dies nur rund 2,4 Millionen der 45 Millionen Messstellen in Deutschland. Der überwiegende Teil der Verbraucher, der 38,5 Millionen Messpunkte umfasst, wird vermutlich kein solches Messsystem bekommen. Falls doch, sind die zusätzlichen Kosten dafür deutlich niedriger und liegen zum Teil nur bei drei Euro im Jahr.
Nur die wenigsten Haushalte betroffen
Es ist daher fast schon irreführend, wenn der vzbv stets auf die Maximalkosten von 100 Euro verweist, die nur fünf Prozent der Verbraucher betreffen. Zudem muss man davon Kosten in Höhe von 10 bis 15 Euro abziehen, die für die Nutzung und Ablesung des Ferrariszählers bereits jetzt anfallen. Daher drohen kleinen Haushalten mit einem Verbrauch bis zu 2.000 Kilowattstunden im Jahr lediglich Mehrkosten von rund zehn Euro. Und das nur, wenn der Messstellenbetreiber tatsächlich ein intelligentes Messsystem einbaut.
Es stellt sich daher die Frage, wie aussagekräftig die vom vzbv in Auftrag gegebenen Umfragen zu dem Thema sind. Demnach halten 70 Prozent der Befragten einen Zwangsaustausch der Stromzähler für falsch. Nur die wenigsten von ihnen dürften wissen, welche Geräte damit gemeint, und welche unterschiedlichen Kosten damit verbunden sind.
Kritik an Regierungsplänen durchaus berechtigt
Die Kritik an den Verbraucherschützern bedeutet nicht, dass der Entwurf der Regierung keine Kritik verdient. So ist es in der Tat unverständlich, dass Kleinverbraucher dem Anschluss ihres Stromzählers an ein intelligentes Messsystem nicht widersprechen dürfen. Der faktische Nutzen zum Strom- oder Geldsparen durch Verbrauchsvisualisierung und variable Tarife dürfte gegen Null gehen. Unsicherheiten beim Datenschutz lassen sich durch noch so dicke Anforderungskataloge nie hundertprozentig ausräumen. In ihren im Februar 2015 veröffentlichten Eckpunkten hatte die Bundesregierung noch versichert, ihr Konzept wolle "Klein- und Durchschnittsverbraucher grundsätzlich von der Einbaupflicht mit intelligenten Messsystemen ausnehmen". Zudem ließe sich darüber streiten, ob die Schwelle zur Einbaupflicht nicht generell auf 10.000 Kilowattstunden angehoben werden könnte. Dann wären vor allem gewerbliche Verbraucher betroffen, etwa 2,3 Millionen.
Inwieweit der Gesetzentwurf in der parlamentarischen Debatte noch verändert wird, ist derzeit unklar. Es wäre dabei aber hilfreich, wenn die Verbraucherschützer in der Debatte die Öffentlichkeit und die Abgeordneten nicht noch weiter verwirren würden.
IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach)
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Technologieverweigerer vielleicht nicht, aber doch ein wenig Altmodisch? :) Ist doch...
Soweit denken wohl nicht alle dass man Warmwasser auch durch Strom bekommen kann und das...
Richtig. Aaaber: Die letzte Stelle springt nicht, sie läuft zeitindiskret. Das Ergebnis...
Ja, wenn ich mal ein Elektroauto habe dann sollen sie mir sagen, wann das laden lohnt...