Intelligente Stromzähler: Rasen mähen bei Vollmond

Der verpflichtende Einbau "intelligenter" Stromzähler könnte für die Verbraucher teuer werden. Noch ist unklar, wie stark die Bundesregierung die Verbreitung der Geräte forcieren will, deren Nutzen sehr umstritten ist.

Artikel veröffentlicht am ,
Neue elektronische Zähler in einem Wohnhaus
Neue elektronische Zähler in einem Wohnhaus (Bild: Friedhelm Greis/Golem.de)

Wer bezahlt die Kosten der Energiewende? In wenigen Wochen wird die Bundesregierung eine Entscheidung fällen, die viele Verbraucher teuer zu stehen kommen könnte. Auf der Basis eines Gutachtens soll entschieden werden, welche Stromkunden in Zukunft ihre Verbrauchsdaten in detaillierter Form an die Netzbetreiber übermitteln müssen. Was vor einigen Jahren noch als gut gemeinter Versuch gestartet wurde, um den Energieverbrauch in privaten Haushalten zu senken, stößt inzwischen auf viel Kritik. Die Verbraucherzentrale Bundesverband warnt vor höheren Kosten von teilweise mehr als 100 Euro jährlich, die durch den Nutzen der Geräte nicht gerechtfertigt sein könnten. Datenschützer verteufeln die sogenannten intelligenten Messsysteme als "Spionagezähler". Dennoch werden vermutlich Millionen Verbraucher und Betreiber von Solarstrom- und KWK-Anlagen davon betroffen sein.

Inhalt:
  1. Intelligente Stromzähler: Rasen mähen bei Vollmond
  2. EU-Pläne weder wirtschaftlich noch umsetzbar
  3. Alptraum für die Privatsphäre

Hintergrund des Gutachtens ist eine Richtlinie der EU zur Energieeffizienz. Demnach sind "mindestens 80 Prozent der Verbraucher bis 2020 mit intelligenten Verbrauchserfassungssystemen auszustatten, wenn die Einführung intelligenter Zähler als kostenwirksam angesehen wird". Es gibt jedoch Messsysteme und Zähler mit sehr unterschiedlichem Grad von "Intelligenz", was die Erfassung und Weitergabe der Verbrauchsdaten betrifft. Und sich stark auf die Kosten auswirkt. Um diesen Punkt entscheiden zu können, erstellte das Beratungsunternehmen Ernst & Young eine umfangreiche Kosten-Nutzen-Analyse. Die rund 240 Seiten umfassende Studie vom Juli dieses Jahres lohnt die Lektüre. Denn, wie Johanna Kardel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen auf Golem.de-Anfrage sagte: "In der Kosten-Nutzen-Analyse sind eine ganze Reihe von Problemen deutlich geworden, auch was Technik und Datenschutz betrifft." Dies betrifft vor allem die Frage, welche Geräte tatsächlich an jeden Stromzähler angeschlossen werden sollen.

Messsysteme ermöglichen direkte Kommunikation

Seit der Reform des Energiewirtschaftsgesetzes im Sommer 2011 müssen bei Neubauten, umfangreichen Renovierungen, größeren Verbrauchern (ab 6.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch) sowie Stromerzeugern (ab sieben Kilowatt Leistung) moderne Messsysteme eingebaut werden. Derzeit beschränken sich die Netzbetreiber meist darauf, statt der konventionellen Ferrariszähler neue elektronische Zähler einzubauen, die später mit Kommunikationsmodulen und anderen Geräten erweitert werden können. Laut Vattenfall sind in Berlin vier Prozent der Haushalte mit solchen Zählern ausgestattet. Nun stellt sich die Frage, in welchem Umfang die Aufrüstung bei den über 44 Millionen Strommessstellen in Deutschland erfolgt.

Die Studie beschreibt verschiedene "Rollout-Szenarien". Diese unterscheiden sich darin, welche Verbraucher in welchem Zeitraum mit einer bestimmten Art von Geräten ausgestattet werden sollen. Wichtig ist dabei der Unterschied zwischen intelligenten Zählern und Messsystemen. Letztere sind in ein bidirektionales Kommunikationssystem mit dem Netzbetreiber eingebunden, wodurch dieser wesentlich mehr Zugriff auf die Daten und das Stromsystem des Verbrauchers hat.

Auch Stromabschaltungen sind durch Erweiterungen möglich. Als Schnittstelle fungiert dabei ein sogenanntes Smart Meter Gateway, das hohe Anforderungen an Datenschutz und technische Sicherheit erfüllen muss, die das BSI bereits festgelegt hat. Bislang bieten Hersteller noch das Vorgängermodell an, den sogenannten Multi-Utility-Communication-Controller (MUC). Dieser erfüllte ähnliche Funktionen und wurde in einigen Pilotprojekten eingebaut. Wegen des anstehenden Systemwechsels wird er aber kaum noch nachgefragt.

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EU-Pläne weder wirtschaftlich noch umsetzbar 
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Ben Stan 03. Dez 2013

Leider eine Tatsache D:

tingelchen 29. Nov 2013

Dieser Fall ist lediglich durch Kommunikation zu lösen. Dafür kann aber die...

Anonymer Nutzer 28. Nov 2013

Doch, das würden sie noch. Denn sie haben Notstromaggregate bzw. die Masten haben...

Argeman 28. Nov 2013

Ja, war nur etwas ZU extrem. 28 dB sind kaum zu hören, 200dB u.U. tödlich (kommt...



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