Intel Core Ultra 200: x86 mit bis zu 29 Stunden Akkulaufzeit

Intel hat auf dem Global-Launch-Event in Berlin die Lunar-Lake-Prozessoren vorgestellt. Erstmals gibt es offizielle Angaben zur Konfiguration der unterschiedlichen Modelle, zur Leistungsaufnahme und zu Taktfrequenzen. Die ersten Tests vor Ort zeigen, dass Intel sich weder vor AMD noch vor Qualcomm verstecken muss. Notebooks mit Apple-Silicon- oder Snapdragon-CPU sind nicht mehr die einzigen Geräte, die mehr als 20 Stunden Akkulaufzeit bieten.
Wir konnten im Anschluss an die Vorstellung der CPUs allerhand Vergleiche mit Notebooks von Asus, Dell, MSI, LG und Samsung sehen. Praktisch alle Geräte waren mit Strommessgeräten ausgestattet, sodass man die Leistungsaufnahme ablesen konnte. Lunar Lake ist in den meisten Fällen sowohl sparsamer - und trotzdem schneller. Das ist besonders bemerkenswert, da Lunar Lake mit 9 bis 30 Watt vor allem für kleine und dünne Geräte gedacht ist. Für das High-End-Segment ist Arrow Lake vorgesehen.
Die Leistung der CPU-Kerne und der GPU ist auch im Vergleich zu AMDs Strix Point mehr als nur konkurrenzfähig. Im Notebook-Segment unter 30 Watt gibt es laut Intel aktuell keine schnelleren Prozessoren. AMD und Apple können in einigen Fällen zwar mithalten, insgesamt sind die Intel-Geräte aber entweder schneller, sparsamer oder liegen gleichzeitig in beiden Bereichen vor der Konkurrenz. Einer der Gründe dafür ist der Fertigungsprozess, denn hier gibt es große Gemeinsamkeiten zwischen allen Herstellern.
Von der Konkurrenz gelernt
Vom CPU-Design bis zum fertigen Produkt dauert es mehrere Jahre, laut Intel werden wichtige Entscheidungen wie der Fertigungsprozess etwa drei Jahre vorher festgelegt. Um mit AMD und Apple mithalten zu können, hat Intel sich gegen die eigene Foundry entschieden. Der leistungsrelevante Tile (Chiplet) mit CPU-Kernen, GPU und NPU wird im TSMC-N3-Prozess hergestellt.

























Ähnlich wie bei Smartphones und neueren Apple-Notebooks wird zudem der Arbeitsspeicher direkt auf dem CPU-Package verlötet. Das bringt den Nachteil mit sich, dass eine spätere Erweiterung des Arbeitsspeichers nicht mehr möglich ist. Bereits beim Kauf muss man sich auf 16 oder 32 GByte festlegen, andere Optionen gibt es erst einmal nicht. Notebook-Hersteller haben hier keinen Spielraum für eigene Konfigurationen.
Was bei der Flexibilität ein Nachteil ist, hat technisch gleich mehrere Vorteile. Die kurzen Signalwege erlauben hohe Taktfrequenzen und sind für das Speicherinterface (PHY) einfacher anzusteuern.
Dadurch soll dieser Bereich der CPU 50 Prozent weniger Energie im Vergleich zu Meteor Lake benötigen, wo der LPDDR5X-7500-Speicher auf dem Mainboard verlötet wurde. Lunar Lake ist in allen Konfigurationen mit LPDDR5X-8533 bestückt. Wer mehr Speicher braucht, muss auf Arrow Lake-S warten, wo es Notebooks mit den üblichen SODIMM-Slots und möglicherweise LPCAMM-2 geben wird.
x86 kann effizienter als ARM sein
In Smartphones, Servern und selbst Notebook-CPUs hat sich die ARM-Architektur als besonders effizient erwiesen. Intel will mit Lunar Lake beweisen, dass dies in erster Linie an den Designentscheidungen liegt. Das betrifft die CPU-Kerne selbst, aber auch den auf dem Package verbauten Arbeitsspeicher sowie die interne Anbindung an CPU, GPU und NPU. Die Softwareseite muss zudem gut mit der Hardware zusammenwirken, Intel Thread-Director hilft dem Betriebssystem bei der Zuweisung der Threads.
Effizienz ist in allen Bereichen wichtig, angefangen beim Arbeitsspeicher. Ein aktiver CPU-Kern braucht auch dann Strom, wenn er gerade auf Daten wartet. Intel hat dazu die Latenzzeiten sowohl für die Kommunikation zwischen den CPU-Kernen als auch für Zugriffe auf den Arbeitsspeicher gegenüber Meteor Lake um 40 Prozent senken können. Im Vergleich mit Strix Point sollen sie 30 Prozent besser sein.
Die Performance-Kerne sind per Ringbus untereinander und mit dem L3-Cache mit einer Kapazität von 12 MByte verbunden. Die Latenzzeit für Zugriffe soll 26 Nanosekunden betragen, zwischen Effizienz-Kernen, die sich einen gemeinsamen L2-Cache mit 4-MByte-Speicherkapazität teilen, sind es 22 ns. Der längere Weg zwischen P-Kernen und E-Kernen dauert 55 ns, zum Arbeitsspeicher sind es 90 ns.
Performance-Kerne sind nicht mehr die erste Wahl
Die Nutzung der CPU-Kerne ändert Intel bei Core Ultra 200 grundlegend, denn die Skymont-Kerne sind für ein breiteres Spektrum an Anwendungen geeignet. Statt neue Threads auf den P-Kernen zu starten und bei Bedarf auf die sparsameren E-Kerne zu verschieben, starten alle Anwendungen grundsätzlich auf einem E-Kern und werden bei Bedarf auf schnellere CPU-Kerne verschoben. Dadurch sollen die Performance-Kerne mehr Zeit im Tiefschlaf verbringen können.

























Bei den Performance-Kernen fällt erstmals Hyperthreading (HT) weg. Laut Intel hat es in Desktop-CPUs mehr Nachteile als Vorteile. Das Verhältnis aus Performance, Flächenbedarf und Leistungsaufnahme ist laut Intel ohne HT 15 Prozent besser im Vergleich zu einem optimierten Entwurf mit Hyperthreading. Die weiteren Architekturverbesserungen bringen laut Intel 14 Prozent höhere Leistung pro Takt.
Beim Nichtstun wird am meisten gespart
Eine Leistungsmessung bei einer der Demos zeigt, dass Intel sowohl bei Belastung durch UL Procyon als auch im Ruhezustand zwischen den Tests viel Energie einsparen kann. In den Folien gibt Intel eine Verbesserung um 50 Prozent an, was auch die Messwerte durchaus hergeben. Der Produktiv-Test von UL ist zudem nur für anspruchsvolle Arbeitsumgebungen repräsentativ, etwa wenn viele Meetings abgehalten werden und Medien bearbeitet werden.
Wenn das Notebook vor allem für E-Mails, Webbrowsing und Office-Programme genutzt wird, dürfte die Leistungsaufnahme im Ruhezustand am interessantesten sein. Durch den Wechsel von 100 MHz auf 16,67 MHz Basistakt kann die CPU das Verhältnis von Taktrate und Spannung genauer anpassen, was in allen Lastzuständen für Einsparungen sorgen soll.
Viel Schadenfreude gegenüber Qualcomm
Bereits bei der Präsentation zog Intel mehrfach einen direkten Vergleich mit Snapdragon X Elite. Und Intels Leiter für technisches Marketing, Robert Hallock, hatte bei einigen Folien sichtlich Spaß, denn die Snapdragon-Chips scheiden häufig bereits aus Kompatibilitätsgründen aus. Das betrifft insbesondere die GPU, bei der aus einem Vergleich von 45 Spielen 23 überhaupt nicht auf einem Snapdragon X Elite lauffähig sind. Die Liste der Spiele beinhaltet zudem tatsächlich viele Spiele, die laut Steam-Charts und Bewertungen beliebt sind und viele aktive Nutzer haben.
Bei den Titeln, die lauffähig sind, hat Lunar Lake einen durchschnittlichen Vorsprung von 68 Prozent gegenüber den Snapdragon-X-Elite-SoCs. Dabei handelt es sich bei Lunar Lake um Chips mit einer TDP zwischen 9 und 30 Watt, bei einer Spitzenleistung von maximal 37 Watt. AMD erlaubt beim Ryzen AI 9 370HX bis zu 54 Watt TDP, ein Snapdragon X Elite X1E-84-100 kann mit bis zu 80 Watt konfiguriert werden.
Die integrierte Grafikeinheit ist eine der großen Stärken von AMDs Notebook-APUs. Anders als Qualcomm kann AMD durchaus mithalten, liegt aber nicht in Führung. Die integrierte GPU trägt den Namen Arc 140V und ist laut Intels Vergleich mit 45 Spielen durchschnittlich 16 Prozent schneller als die AMD Radeon 890M in AMD Ryzen AI 9 370HX.
Noch immer keine Einigung bei KI-Frameworks in Sicht
In KI-Anwendungen hat Qualcomm ebenfalls aus Kompatibilitätsgründen das Nachsehen. Zwar ist die NPU der Snapdragon-X-Elite grundsätzlich nicht viel langsamer, allerdings gibt es neben INT-8 auch keine ernsthafte Alternative. Lunar Lake kann wie bereits der Vorgänger Meteor Lake die GPU, NPU und sogar CPU gleichzeitig nutzen. Dadurch ist auch die Nutzung von Datentypen mit höherer Genauigkeit möglich. Dafür werden mittlerweile einige Frameworks unterstützt, darunter Direct-ML (ONNX), Open-Vino und Pytorch und Windows-ML.

























AMD und Qualcomm fehlen selbst bei Standard-Benchmarks häufig die notwendigen Softwarepakete, um überhaupt ein Testergebnis zu produzieren. Die jahrelange Kooperation mit Entwicklern und eigene Open-Source-Projekte zahlen sich mittlerweile aus. In den Benchmarks, die auch von Konkurrenten per NPU oder GPU beschleunigt werden, liegt Intel in Führung. Besonders Videobearbeitungssoftware bietet immer häufiger KI-Funktionen, die erst mit Hardwarebeschleunigung in kleinen und sparsamen Notebooks sinnvoll nutzbar werden.
Notebooks sind so gut wie fertig
Lange warten müssen wir auf Notebooks mit Intel Core Ultra 200 nicht mehr. Am 24. September 2024 soll der Verkauf starten. Die meisten Testgeräte vor Ort waren laut den Herstellern entweder bereits Seriengeräte, die so auch verkauft werden, oder zumindest seriennah. Wir sind gespannt darauf, welche Leistung und Akkulaufzeit wir bei den Testgeräten sehen werden. Acer gibt bis zu 29 Stunden an; das Dell XPS-14 soll 26 Stunden Netflix schaffen, sofern das sparsamere Full-HD-Display verbaut ist.



