US-Importverbot: Autos als potenzielle Cyberwaffen

Moderne Autos als digitale Waffe: Die US-Regierung sieht das offenbar so und begründet das folgendermaßen : Diese Autos verfügten über Hardware und Software, auf die von außen zugegriffen werden könne, und der Zugang zu diesen Systemen könne es Angreifern ermöglichen, an vertrauliche Daten zu kommen oder sogar Autos ferngesteuert zu manipulieren.
"Autos verfügen heute über Kameras, Mikrofone, GPS-Tracking und andere Systeme, die mit dem Internet verbunden sind. Es braucht nicht viel Fantasie, um zu verstehen, wie ein ausländischer Gegner mit Zugang zu diesen Informationen eine ernsthafte Gefahr sowohl für unsere nationale Sicherheit als auch für die Privatsphäre der US-Bürger darstellen könnte" , sagte US-Handelsministerin Gina Raimondo(öffnet im neuen Fenster) .
Dass auf Autos von außen zugegriffen werden kann, ist bekannt. Es gibt genug Berichte über Sicherheitslücken, die sich drahtlos ausnutzen lassen, etwa bei Jeep im Jahr 2015 .
Ist ein Cyberangriff mit Autos möglich?
Würde der Zugriff auf Autos aber reichen, um einen ernsthaften Cyberangriff auf die USA auszuführen? Etwa, indem alle in China gebauten Fahrzeuge gleichzeitig bremsen oder beschleunigen und so ein Verkehrschaos auslösen? Ein solcher Angriff könnte Verunsicherung auslösen, aber kaum ein ganzes Land destabilisieren.
Unklar ist, ob sich durch Elektroautos beim Laden eine Angriffsmöglichkeit auf das Stromnetz ergibt. Eine Ladestation sei der Endpunkt des Stromnetzes und Manipulationen an der Ladestation könnten einen Zugang zur Backend-Infrastruktur des Anbieters ermöglichen, warnte etwa Kuldeep Saini(öffnet im neuen Fenster) , Security-Consultant bei dem Rüstungskonzern Thales, vor einiger Zeit.
Andreas Rohr, Geschäftsführer der Deutschen Cyber-Sicherheitsorganisation (DCSO) sieht Sicherheitsrisiken beim bidirektionalen Laden: Dann werde das Elektroauto Teil eines virtuellen Kraftwerks, dessen Komponenten an- und abgeschaltet werden. Falle die Kontrolle in falsche Hände, seien Angriffe auf das Stromnetz nicht auszuschließen, sagte er der Berliner Tageszeitung Tagesspiegel(öffnet im neuen Fenster) . Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) antwortete auf Anfrage von Golem.de, man habe dazu keine Informationen.
Aspekte der Sicherheit und der Privatsphäre könnten eher relevant werden.
Das Auto als Spion
Moderne Autos sind mit Sensoren, darunter Kameras, ausgestattet und sammeln jede Menge Daten . Wenn eine Person in einer sicherheitsrelevanten Position ein solches Auto fährt, könnte sie überwacht werden.
Das Fahrzeug zeichnet Routen auf und überträgt sie an den Gegner. So ließe sich eine Zielperson - seien es Regierungspersonal, Geheimdienstmitarbeiter oder Personen in verantwortlicher Stellung in Unternehmen - lückenlos verfolgen. Eventuell könnte es sogar möglich sein, Gespräche im Inneren abzuhören. Je nach erlangter Erkenntnis könnte diese Person abgeschöpft oder erpresst werden. Zudem könnten die Fahrzeuge zur Spionage genutzt werden. Kameras sind ja genug vorhanden.
Diese Probleme wären jedoch leicht zu umgehen: So sind sich sicherheitsrelevante Stellen wie Behörden oder bestimmte Unternehmen dessen bewusst, wie eine Golem.de-Recherche anlässlich der Einführung von Teslas Sentry-Mode ergab. So verwehren einige Firmen Fahrzeugen mit Kameras die Zufahrt auf ihr Gelände, die Bundeswehr dort, wo es sicherheitsrelevant ist. Andere Stellen, wie etwa die Geheimdienste, verweigerten vielsagend eine Auskunft. Personen mit Zugang zu vertraulichen Informationen könnte der Besitz eines solchen Autos verboten werden.
Daten werden gern als das Öl des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Sie sind ein wichtiger Rohstoff, der zu vielen Zwecken genutzt werden kann - in kriegerischer Absicht ebenso wie um Geld zu verdienen. Der Zugang und die Nutzung sollten deshalb geregelt und beschränkt werden - wie der auf andere kritische Infrastrukturen auch .
Der Versuch, den Einfluss der Gegner - das geplante Importverbot wendet sich sowohl gegen chinesische als auch russische Technik - unter Kontrolle zu halten, ist berechtigt. So wurden auch Sicherheitsbedenken angeführt, als bekannt wurde, dass im Windpark Waterkant vor Borkum Windräder des chinesischen Herstellers Mingyang aufgestellt werden sollen.
Ähnliche Bedenken gibt es auch bei Huawei und ZTE beim Aufbau des europäischen 5G-Mobilfunknetzes . In den USA dürfen die Geräte der beiden Hersteller nicht mehr verkauft werden .
Allerdings haben diese Bedenken immer auch eine wirtschaftliche Komponente: nämlich die Befürchtung, sich - noch mehr - von chinesischen, russischen oder überhaupt ausländischen Lieferanten abhängig zu machen. Zumal bei chinesischen Unternehmen der Verdacht besteht, dass sie staatliche Subventionen erhalten, was ihnen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der westlichen Konkurrenz bringt.
Die wiederum sind der Grund, weshalb die US-Regierung vor einigen Monaten Sonderzölle in Höhe von 100 Prozent auf Elektroautos aus China verhängt hat sowie neue oder stark erhöhte Zölle auf weitere Produkte wie Solarzellen, Halbleiter, Batterien, Hafenkräne und Medizinartikel wie Kanülen und Schutzmasken.



