IMHO: Die Grenzen des Silicon-Valley-Imperialismus
Immer häufiger stoßen digitale Geschäftsmodelle an rechtliche Grenzen. Der Fall Uber zeigt aber: Nicht jede App muss gleich die Regulierung einer ganzen Branche überflüssig machen.

Ein amerikanisches Unternehmen widersetzt sich einem Gerichtsurteil, weil es sein digitales Geschäftsmodell bedroht sieht und die Rechte der Nutzer verteidigen will. Darf das sein? Na klar, sagen selbst Kritiker der Firma. Denn Microsoft will damit verhindern, dass die US-Regierung auf Daten zugreift, die in der Cloud außerhalb der USA gespeichert sind. Ein amerikanisches Unternehmen widersetzt sich einem Gerichtsurteil, weil es sein digitales Geschäftsmodell bedroht sieht und die Rechte der Nutzer verteidigen will. Um Gottes willen! Uber darf sich mit seiner Mitfahr-App Uber Pop nicht über deutsches Recht stellen: Da sind sich die linke Tageszeitung und die Unionsfraktion im Bundestag ausnahmsweise einig.
Beide Fälle machen deutlich: Digitale Geschäftsmodelle ecken bisweilen hart im Raume der Gesetzesbücher an. Die tollen Versprechen lassen sich nicht immer mit bestehenden Strukturen, Regelungen und den Interessen wichtiger Akteure vereinbaren. Besonders problematisch ist das für Firmen, deren Geschäftsmodell noch im Aufbau ist.
Für die Cloud-Dienste amerikanischer Unternehmen oder das Mitfahr-Konzept von Uber sind die beiden Gerichtsurteile existenziell. Wenn klar ist, dass die US-Behörden weltweit auf die Datenzentren ihrer einheimischen Unternehmen zurückgreifen können, wird dies deren Geschäften einen herben Schlag versetzen. Noch schlechter sieht es für Uber aus. Es ist kaum zu erwarten, dass die kalifornische Firma sich juristisch im Streit gegen die alteingesessene Taxi-Konkurrenz in Deutschland durchsetzen wird. Aber das ist dem Startup derzeit offenbar egal. Wenn sich die App erst einmal etabliert hat und sich genügend Fahrer und Mitfahrer gefunden haben, wird sich irgendeine Lösung oder ein Schlupfloch finden lassen, scheint das Unternehmen zu denken.
Wildgewordene Digitalcowboys
In solchen Fällen, dazu gehört auch die Zimmervermittlung von Airbnb, werden schnell mehrere Grundsatzfragen aufgeworfen: Sind bestehende Regulierungen nicht viel zu antiquiert, als dass Wirtschaft und Gesellschaft die Möglichkeiten des digitalen Zeitalters nutzen könnten? Müssen überkommene Strukturen nicht irgendwann weichen, um neuen und angeblich besseren Modellen Platz zu machen? Ist die Welt nicht darauf angewiesen, die Ressourcen besser zu nutzen und mehr Güter und Dienstleistungen zu teilen? Auch wenn diese Fragen in vielen Fällen mit Ja beantwortet werden können, lässt sich daraus noch keine Pauschalerlaubnis für jedes Geschäftsmodell herleiten. Auch Megaupload, Kino.to und Silkroad waren für ihre Nutzer brauchbare digitale Dienste, aber nicht mit dem bestehenden Recht vereinbar.
Das wird am Ende auch Uber einsehen müssen, wenn alle Rechtsmittel gegen die einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main ausgeschöpft sind. Dass Uber die fälligen Strafen von 250.000 Euro pro Fahrt auf Dauer "aus der Portokasse" zahlt, wie die klagende Taxi-Genossenschaft behauptet, ist eher unwahrscheinlich. Der Eindruck, einige wildgewordene US-Digitalcowboys würden in Europa die ganze Taxibranche über den Haufen schießen, dürfte nicht der Realität entsprechen. Die drei Uber-Autos, die am Donnerstag in Berlin und Hamburg herumkurvten, schaffen das so schnell noch nicht.
Das Internet ist revolutionär genug
Das wird aber nicht die Debatte darüber beenden, ob das Personenbeförderungsgesetz oder andere Gesetze aus der vordigitalen Ära noch zeitgemäß sind. Problematisch wäre hingegen, wenn solche Fragen durch Handelsabkommen wie TTIP eines Tages obsolet würden. Durch die Übernahme des Schiedsverfahrens ISDS (Investor-State Dispute Settlement) könnten Unternehmen die Möglichkeit erhalten, Staaten im Fall von nichttarifären Handelsbeschränkungen zu verklagen. Auch in diesem Fall sollten sich die Verhandlungspartner EU und USA sehr gut überlegen, wie internetfest diese Vereinbarung sein kann. Die US-Regierung muss sich hingegen klar werden, ob sie das internationale Cloud-Geschäft ihrer Konzerne wirklich sabotieren will. Selbst ein großer Konzern wie Microsoft wird am Ende die Nutzerdaten herausrücken, wenn das höchste US-Gericht dies für rechtens erklärt.
Festzuhalten bleibt: Mit europäischem Recht lassen sich auch US-Konzerne in die Schranken weisen. Google hatte kein Problem damit, dass EuGH-Urteil zum Löschen von Links schnell und fast schon zu umfassend umzusetzen. Auch Facebook setzt durchaus Vorgaben europäischer Datenschützer um, wohl wissend, dass die Nutzer dennoch dem sozialen Netzwerk treu bleiben. Aber gerade das Urteil zu den Suchmaschinenergebnissen zeigt überdeutlich, dass das Recht bisweilen den digitalen Möglichkeiten nicht mehr den richtigen Rahmen geben kann. Was in diesem Fall zumindest schon beim Gesetzgeber angekommen ist.
Andererseits kann jedoch nicht verlangt werden, dass mit jeder neuen App die Regulierung eines ganzen Sektors infrage gestellt wird. Ganz gleich, wie erfolgreich das Konzept in einem anderen Land sein mag. Selbst innerhalb des geltenden Rechts ist das Internet revolutionär genug und wälzt fast jede Branche um. Der Buchhandel und die Medien können ein Lied davon singen. Wenn es um Fragen wie Sicherheit, Gerechtigkeit und öffentliche Dienste geht, muss manche Revolution auch mal etwas länger warten.
IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach)
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Also in deiner ersten Quelle steht sogar das drin, das ich behaupte: (Quelle) In deiner...
Das haben wir doch schon längst! Meine Nachbarin zB geht Vormittags in eine Küche; nach...
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/uber-im-test-kann-mein-auto-auch-ein...
Das hat doch nichts mit Lobbyarbeit zu tun... Um erstmal beim Auto zu bleiben: Alleine...