Grundrechte gelten immer und überall

Das ist insofern erstaunlich, weil man Grundrechte nicht verlieren kann. Deswegen heißen sie ja so, weil sie die grundlegenden Rechte sind, die immer gelten. "Auch Menschen, die einer rechtswidrigen Handlung bezichtigt werden, sind Grundrechtsträger. Denn gerade ihrem Schutz dienen die Grundrechte ja", sagt Thomas Stadler. "Deshalb sind staatliche Behörden gerade nicht berechtigt, den Schutzbereich eines Grundrechts zu definieren."

Die Begründung des BND hat fatale Ähnlichkeit mit der Idee des Feindstrafrechts, das sich der deutsche Jurist Günther Jakobs einst ausgedacht hat. Jakobs findet, wer Terrorist werde, könne nicht mehr wie die übrigen Menschen behandelt werden. Er wird damit vogelfrei, wie es im Mittelalter hieß. Allerdings wurden Gesetze gerade dazu geschaffen, diesen Zustand der Rechtlosigkeit und Anarchie abzuschaffen. Der BND führt ihn damit wieder ein.

Es ist juristisch sogar so, dass das Grundrecht auch für Ausländer gilt und nicht nur für Deutsche - auch wenn der BND das sicher nicht gern hört. Ulf Buermeyer, Richter am Berliner Landgericht und ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesverfassungsgerichts, sagt: "Das Grundgesetz unterscheidet an dieser Stelle nicht danach, ob jemand Deutscher ist oder nicht - Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes ist ein 'Jedermann-Grundrecht'."

Artikel 10 verspricht, dass Kommunikation nur abgehört werden dürfe, wenn entsprechende Gesetze wie eben das BND-Gesetz das erlaubten. Was möglicherweise bedeutet, dass auch die Praxis des BND, jede beliebige Kommunikation von Ausländern im Ausland abzuhören, nicht ganz so problemlos möglich ist, wie der Dienst es sich erhofft. Bislang unterrichtet er die G-10-Kommission des Bundestages nur, wenn Deutsche von seiner Überwachung betroffen sind. Nach dieser Meinung müsste er das aber wohl immer tun, wenn er irgendwo mithört oder mitliest.

Die Metadatentheorie: Metadaten seien keine personenbezogenen Daten, sagte Unterabteilungsleiter W. K. am Donnerstag. Personenbezogen seien sie nur, wenn man sofort erkennen könne, um wen es sich handele, wenn man also "einen Personenbezug herstellen kann". Ohne diesen seien es "Sachdaten", das sei die Auffassung des BND.

Metadaten sind Daten, die bei jeder digitalen Kommunikation anfallen. Sie definieren, wer wann mit wem wie lange und wo geredet oder geschrieben hat. Das können Uhrzeiten, Geodaten, Telefonnummern, IP-Adressen oder auch E-Mailadressen sein. Wenn man genug von ihnen hat, sind Metadaten mindestens so aussagekräftig wie der Inhalt einer Kommunikation. Aus ihnen lässt sich sehr viel über einen Menschen erfahren. Der BND jedoch findet, eine Telefonnummer habe nur einen Personenbezug, wenn er mit "vertretbarem Aufwand" ermitteln könne, wem diese Nummer gehöre. Stehe der Name nicht dran, seien es eben "Sachdaten". Das ist eine schöne Entschuldigung dafür, solche riskanten Informationen massenhaft und ohne gesetzliche Kontrolle zu speichern und zu verarbeiten.

Aber auch sonst ist der Dienst eher lax mit Daten, selbst wenn es um Deutsche geht. Denn da sind noch die heimlich eingerichteten Datenbanken, die der BND jahrelang betrieb, ohne sie sich genehmigen zu lassen, wie das eh schon zurückhaltende BND-Gesetz in Paragraf 6 eigentlich fordert. Selbst die Datenbank INBE, eine Abkürzung für Inhaltliche Bearbeitung, lief lange, ohne dass es jemand wusste. Dabei enthält INBE auch Telefongespräche, E-Mails und Faxe, in denen Deutsche erwähnt sind.

Der Verdacht liegt nahe, dass der Grüne von Notz Recht hat, und der BND sich seine eigenen Gesetze definiert.

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 IMHO: Die Anarchos vom BND
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Yes!Yes!Yes! 19. Nov 2014

wo steht "zudem dürfen in Ostdeutschland keine NATO-Truppen stationiert werden"? Und im...

Yes!Yes!Yes! 19. Nov 2014

Ein Staat mit Geheimdiensten kann unmöglich ein Rechtsstaat sein.

plutoniumsulfat 19. Nov 2014

Das alles basiert doch auf dem Artikel. Satelliten können auch untereinander Daten...

Ach 18. Nov 2014

Wenn ich an die Vorkommnisse in einer anderen Sicherheitsrelevanten Behörde denke, wie...



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