IMHO: Bundestag, empöre dich!
Aufregung führt meist zu blindem Aktionismus. Wenn sich aber die Vorwürfe bestätigen, ein BND-Mitarbeiter habe den NSA-Untersuchungsausschuss ausspioniert, dann kann das der entscheidende Schritt für eine echte parlamentarische Aufklärung sein.

Seit 13 Monaten gärt und schwelt die NSA-Spähaffäre in Deutschland und manchmal brennt sie, jetzt gehört endgültig der deutsche Bundestag zu den Betroffenen. Die in Medien und Bundespressekonferenz zu beobachtende Aufregung ist nur mit der vergleichbar, die herrschte, als bekannt wurde, dass das Handy der Kanzlerin abgehört wurde. Natürlich tritt Merkel diesmal nicht mit einem "Das geht gar nicht" vor die Journalisten, sie schickt ihren Sprecher Steffen Seibert.
Dem blieb am Mittag des 4. Juli 2014 nichts anderes übrig, als zuzugeben, was die Süddeutsche Zeitung zuvor berichtet hatte: Die Bundesanwaltschaft hat einen Mitarbeiter des BND festnehmen lassen, weil der für einen ausländischen Dienst spioniert haben soll. Ein von den deutschen Steuerzahlern bezahlter Spion soll also für eine fremde Macht spioniert haben - allein das wäre schon ein katastrophales Versagen aller Schutz- und Kontrollmechanismen.
Noch mehr Brisanz bekommt der Vorgang, weil der Beschuldigte nicht für die Staaten gearbeitet haben soll, gegen die der Bundesnachrichtendienst spioniert. Sondern für die immer wieder als enger Partner und Freund Deutschlands bezeichneten USA. Genauer, und das ist bisher nur ein Verdacht: für die NSA, deren Aktivitäten derzeit Gegenstand eines Untersuchungsausschusses des Bundestages sind.
Man kann nun, in schönster Agentenromantik, natürlich annehmen, dass es dabei um Geld ging oder um einen Spion, der sich verliebte - das Versagen eines einzelnen Mitarbeiters. Würde nicht schon so lange erfolglos versucht, die Affäre unter den Teppich zu kehren, wäre schnell von einem "bedauerlichen Einzelfall" die Rede.
Das ist jedoch kaum noch möglich, denn dass es zu dem Fall kommen konnte, zeigt deutlich, was aus den Geheimdiensten dank völlig unzureichender Kontrolle durch die Staatsorgane geworden ist: wütende Monster, die gegen ihren eigentlichen Auftrag handeln und nur noch um den Schutz ihrer selbst bemüht sind. Die Loyalität des mutmaßlichen NSA-Agenten im Dienste des BND galt offenbar mehr dem System der Massenüberwachung als dem deutschen Staat.
Der Bundestag, und nicht nur seine Vertreter im NSA-Untersuchungsausschuss, muss das bemerken. Es ist den Volksvertretern nicht mehr möglich, die schärfste Waffe der parlamentarischen Demokratie - eben einen Untersuchungsausschuss - zu nutzen, ohne dabei von denen angegriffen zu werden, deren Handeln geprüft werden soll. Die Abgeordneten sind nicht mehr frei in der Wahl ihrer Mittel, sie können nicht mehr unabhängig handeln, wenn auch sie zum direkten Ziel des weltweiten Spähapparats werden.
Ein effektiverer und hinterhältigerer Angriff auf die deutsche Demokratie ist schwer vorstellbar. Wenn der Bundestag jetzt nicht mit echter Aufklärung beginnt, die auch die Vernehmung des Hauptzeugen Edward Snowden umfasst, dann zeigt er, dass solche Aufklärung nicht gewünscht ist. Dann ist endgültig klar, dass wirtschaftliche und geopolitische Interessen über den im Grundgesetz verbrieften Rechten der Bürger stehen, selbst über denen der Abgeordneten.
Enttarnt wurde der mutmaßliche NSA-Spion am 4. Juli 2014 - dem Datum des US-amerikanischen Unabhängigkeitstages. Der Bundestag sollte diesen Tag nutzen, um ihn zu seinem eigenen "Independence Day" zu machen. Denn von der unabhängigen Arbeit des deutschen Parlaments kann jetzt keine Rede mehr sein.
IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach)
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Sicherlich, aber das war wohl weniger ein Übersetzungsfehler sondern eine Anordnung von...
mit welchem recht verbieten die eigentlich uns zu filmen? soweit ich weiß, darf der...
Da alle Beteiligten es lustig fanden...was könnte uns dies sagen?!
Es ist deun gutes recht dich selber als "niemand" zu bezeichnen. aber ich bin jemand und...