Illegale Inhalte: Weitere Vorgaben des NetzDG sind europarechtswidrig

Soziale Netzwerke wie Facebook müssen weitere Vorgaben des NetzDG nicht umsetzen. Das betrifft nun das sogenannte Gegenvorstellungsverfahren.

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Facebook hat einen weiteren Sieg vor Gericht erzielt.
Facebook hat einen weiteren Sieg vor Gericht erzielt. (Bild: Jakub Porzycki/NurPhoto/Reuters)

Im Streit mit sozialen Netzwerken um die Umsetzung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) hat die Bundesregierung eine weitere Niederlage vor Gericht erlitten. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster entschied in einem Eilverfahren, dass das sogenannte Gegenvorstellungsverfahren bei gelöschten rechtswidrigen Inhalten nicht zulässig ist. Diese Vorschrift verstoße gegen das sogenannte Herkunftslandprinzip in der EU, entschieden die Richter laut Pressemitteilung vom 21. März 2023.

Das im Jahr 2020 eingeführte Gegenvorstellungsverfahren soll einen einfacheren Widerspruch gegen Löschungen oder abgelehnte Beschwerden ermöglichen.

Hintergrund der Klage von Meta waren verschiedene Vorschriften des novellierten NetzDG. Die Weitergabe von Nutzerdaten wie IP-Adressen oder Portnummern an das Bundeskriminalamt (BKA) hatte das Verwaltungsgericht Köln bereits vor einem Jahr für unzulässig erklärt. Jedoch hatten die Kölner Richter das in Paragraf 3b eingeführte Gegenvorstellungsverfahren für zulässig erklärt. Zur Begründung schrieb das Gericht damals, die Vorschrift sei von der Befugnis der EU-Mitgliedstaaten zur Festlegung von Verfahren für die Entfernung einer Information oder die Sperrung des Zugangs gedeckt.

Regierung hat Verfahrensanforderungen nicht eingehalten

Das sah das OVG in Münster nun anders. "Soweit die E-Commerce-Richtlinie den Mitgliedstaaten die Befugnis einräumt, Verfahren für die Löschung einer Information oder die Sperrung des Zugangs zu ihr festzulegen, dürfte sie nur Regelungen für in dem jeweiligen Mitgliedstaat ansässige Anbieter erlauben. Eine Abweichung vom Herkunftslandprinzip wäre daher nur unter den dafür ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzungen zulässig", heißt es in der Mitteilung.

Darüber hinaus rügten die Richter, dass die damalige Bundesregierung von Union und SPD "die maßgeblichen verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht eingehalten hat". Denn vor der Einführung der konkreten Vorschrift habe sie die EU-Kommission sowie die betroffenen Sitzmitgliedstaaten der Anbieter sozialer Netzwerke nicht informiert beziehungsweise letztere nicht erfolglos dazu aufgefordert, selbst Maßnahmen zu ergreifen. "Davon durfte sie auch nicht im Rahmen eines sogenannten Dringlichkeitsverfahrens abweichen", schreibt das Gericht.

Zulässig ist das Gegenvorstellungsverfahren der Entscheidung zufolge in Fällen, in denen es sich um gelöschte oder gesperrte Inhalte aufgrund von Verstößen gegen die Gemeinschaftsstandards handelt. Denn diese Verpflichtung sei nicht bußgeldbewehrt. Meta sei daher zuzumuten, "sich gegen etwaige Maßnahmen der zuständigen Aufsichtsbehörde (Bundesamt für Justiz) im Wege des nachträglichen Rechtsschutzes zur Wehr zu setzen".

DSA könnte NetzDG ersetzen

Die Auswirkungen der Entscheidung halten sich jedoch in Grenzen. Denn seit Mitte November 2022 ist das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act/DSA) in Kraft getreten. Dieses geht dem NetzDG vor und muss daher im Zweifelsfall dessen Vorgaben ersetzen. Juristen vertreten daher die Auffassung, dass das NetzDG weitgehend aufzuheben oder jedenfalls grundlegend zu überarbeiten ist.

Die Bundesregierung hat dies bereits angekündigt. "Aufgrund der vollharmonisierenden Wirkung des DSA muss der nationale Rechtsrahmen grundlegend überarbeitet werden. Dies gilt für das Telemediengesetz (TMG), das NetzDG und voraussichtlich auch für das Jugendschutzgesetz (JuSchG). Im Rahmen der Überarbeitung ist es auch möglich, dass sich ein Bedarf an Folgeänderungen in anderen Gesetzen ergeben könnte", heißt es in einer Antwort (PDF) vom Juni 2022 auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion (PDF).

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