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IG Metall Stuttgart: Bosch-Zukunftsstandort wird zur Bauruine

Bosch-Mitarbeiter in Leonberg protestieren gegen massiven Stellenabbau. Während in Deutschland 3.800 Jobs wegfallen sollen, fließt eine Milliarde Dollar nach China.
/ Michael Linden
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Protest bei Bosch in Leonberg (Bild: Julian Rettig)
Protest bei Bosch in Leonberg Bild: Julian Rettig

In einer symbolträchtigen Aktion haben sich am Sonntagabend Betriebsrat und Beschäftigte des Bosch-Werks Leonberg an einer mit Unkraut überwucherten Baugrube versammelt, wie die IG Metall berichtet(öffnet im neuen Fenster) . Die Demonstration folgte nur wenige Tage nach der Ankündigung des Technologiekonzerns, bis zu 5.550 Arbeitsplätze abzubauen, davon 3.800 in Deutschland.

Die einst als "Silicon Valley der Fahrerassistenz" geplante Entwicklungsstätte in Leonberg steht nun vor dem Aus. Wo noch vor wenigen Jahren Investitionen im dreistelligen Millionenbereich vorgesehen waren, werden heute Baugruben wieder verfüllt und bestehende Gebäude zum Abriss freigegeben.

Massive Umstrukturierung trifft deutsche Standorte

Besonders betroffen von den Kürzungen ist der Bereich Cross-Domain Computing Solutions, der sich mit Fahrerassistenzsystemen und autonomem Fahren beschäftigt. Hier plant Bosch den Abbau von 3.500 Stellen weltweit bis Ende 2027, die Hälfte davon in Deutschland.

Die Entscheidung steht in deutlichem Kontrast zu den Investitionen des Unternehmens in China, wo zeitgleich zur De-Investition in Leonberg eine Milliarde Dollar in einen Entwicklungsstandort im gleichen Geschäftsbereich floss, berichtet die IG Metall. Der Betriebsrat kämpft seither für den Erhalt der Entwicklungsarbeitsplätze in Deutschland.

Dirk Taffe, Betriebsratsvorsitzender in Leonberg, kritisiert die Unternehmensstrategie: "Statt in zukunftsfähige, innovative Entwicklungsstandorte zu investieren, begegnet das Management dem Wettbewerb mit Kostenreduzierung durch Personalabbau. Das ersetzt aber keine Strategie."

Die IG Metall Stuttgart sieht in der Entwicklung ein besorgniserregendes Signal. Gewerkschaftssekretärin Maren Of betont die soziale Verantwortung des Unternehmens gegenüber seinen Mitarbeitern und kritisiert den Umgang mit langjährigen Beschäftigten.

Als Grund für die Restrukturierung nennt Bosch die stagnierende globale Fahrzeugproduktion, die 2024 bei etwa 93 Millionen Einheiten erwartet wird. Zudem verschiebt sich die Nachfrage nach Zukunftstechnologien langsamer als erwartet, was zu erheblichen Überkapazitäten führt.

Betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen

Der Gesamtbetriebsrat hat seit Juni 2023 acht Vereinbarungen zur Zukunft der deutschen Standorte verhandelt. Die aktuelle Entwicklung stellt diese Bemühungen jedoch infrage. Betriebsbedingte Kündigungen sind durch eine Vereinbarung bis Ende 2027 ausgeschlossen, dennoch bleiben die genauen Modalitäten des Stellenabbaus Gegenstand weiterer Verhandlungen.

Die Situation bei Bosch spiegelt einen branchenweiten Trend wider. Auch andere Zulieferer wie ZF, Continental und Schaeffler haben bereits Stellenkürzungen angekündigt. Die Automobilindustrie befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, der besonders die traditionellen Entwicklungsstandorte in Deutschland vor große Herausforderungen stellt.


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