Icann: Die Tücken der Freiheit
Die Icann soll ab September 2015 unter internationale Aufsicht gestellt werden. Derzeit diskutieren verschiedene Gremien darüber, wie diese Unabhängigkeit aussehen könnte. Noch sind längst nicht alle Gefahren gebannt, die ein freies Icann mit sich bringt.

Die USA will ihre Kontrolle über die Icann aufgeben. Aus ihr soll ein international agierendes Gremium werden, das die Vergabe der Top-Level-Domains sowie das Management der Protokolle Ipv4 und Ipv6 verwaltet. Wie diese Unabhängigkeit aussehen soll, diskutieren derzeit verschiedene Arbeitsgruppen. Im Kern der Debatte steht eine heikle Frage: Wem ist die globale Internetverwaltung eigentlich rechenschaftspflichtig, wenn die US-Aufsicht wegfällt? Um jeden Preis soll verhindert werden, dass die Icann ein Selbstbedienungsladen im Stile der Fifa oder des IOC wird - im freien Raum agierend und von niemandem mehr effektiv kontrollierbar. Auf dem Zukunftsdialog des Branchenverbands Eco haben verschiedene deutsche Vertreter des Icann-Ökosystems über den geplanten Übergang debattiert.
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Die Icann (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) ist für Protokolle zuständig, für IP-Adressen und Webadressen, wie sie in den Browser eingegeben werden. Die IP-Ziffern haben kaum politische Sprengkraft - das Management und die Vergabe der hierarchisch organisierten Webadressen hingegen schon.
TLD-Vergabe soll unter internationale Aufsicht
Gerade hat die Icann die Betreiber-Verträge für .earth, .bingo und .style veröffentlicht. Eine neue Top-Level-Domain nach der anderen wird in diesem Jahr zugelassen. Zum Zeitpunkt der größten Strukturreform des Netzes steht die globale Internetverwaltung auch vor einer Schicksalsfrage: Gelingt der Sprung in die Freiheit?
Das Problem: Die Icann-Unterabteilung Iana (Internet Assigned Numbers Authority), in der die drei genannten Kernfunktionen beheimatet sind, untersteht formal noch dem US-Handelsministerium. Will die Icann eine neue Top Level-Domain delegieren, muss das über den Schreibtisch der zuständigen Behörde NTIA (National Telecommunications and Information Administration) laufen.
Mit dieser Machtposition ist die US-Regierung bisher besonnen umgegangen, sieht man von kleinen Rangeleien ab. Faktisch agiert sie wie ein neutraler Notar: Die Icann entscheidet, die NTIA führt aus.
Freiheit für die Icann?
Trotzdem soll die Icann unabhängig werden, darüber herrscht weitgehend Konsens. Der aktuelle Vertrag mit dem Handelsministerium läuft Ende September 2015 aus. Er kann aber zweimal um je zwei Jahre verlängert werden. Im März 2014 hat die US-Regierung verkündet, dass sie sich von der Aufsicht zurückziehen will. Sie nannte allerdings Bedingungen: Das Multi-Stakeholder-Modell soll aufrechterhalten werden, und Regierungen sollten sich aus der Kontrolle der Icann heraushalten und nicht etwa einfach die Rolle der NTIA übernehmen.
Wie das aussehen könnte, erregt zurzeit die Gemüter der Internet-Governance-Community. Verschiedene Arbeitsgruppen arbeiten darauf hin, dass ein ambitionierter Zeitplan eingehalten wird. Bis zum Sommer 2015 soll der NTIA ein Vorschlag präsentiert werden, dem alle relevanten Gruppen zugestimmt haben. Dann hätte die US-Behörde ausreichend Zeit, den Vorschlag zu prüfen - und am Ende anzunehmen. Ein Gremium namens Cross Community Working Group hat Anfang Dezember einen ersten Entwurf vorgestellt. Der kann bis zum 22. Dezember von jedermann öffentlich kommentiert werden, so dass er weiter ausgearbeitet werden kann.
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