Human Robots: Roboter, menschengleich

Wie menschlich muss ein Roboter sein, damit er ein guter Partner ist? Hiroshi Ishiguro glaubt, er müsse so menschenähnlich wie möglich sein. Nicht alle sehen das so. Von Felix Lill

Artikel veröffentlicht am , Felix Lill
Ob eine allzu starke Ähnlichkeit bei Hilfsrobotern wirklich hilft, ist umstritten.
Ob eine allzu starke Ähnlichkeit bei Hilfsrobotern wirklich hilft, ist umstritten. (Bild: Hiroshi Ishiguro Laboratories)

Wird Hiroshi Ishiguro nach Menschlichkeit gefragt, denkt er schnell an Maschinen. "So läuft ja mein Alltag ab", sagt er wie auf Knopfdruck. Der berühmte Ingenieur, der vor acht Jahren durch eine Roboterkopie von sich selbst weltberühmt wurde, sitzt in seinem Labor in Kyoto, der alten japanischen Kaiserstadt. Neben ihm ruhen zwei andere seiner Schöpfungen, die Roboterpuppen Hugvie und Telenoid. Seinen Gedanken führt der Japaner ohne Nachfrage aus: "Es geht doch vor allem darum, das zu erkennen, was uns Menschen ausmacht. Oder etwa nicht? Und das wollen wir dann nachbauen, die Natur nachbilden."

Inhalt:
  1. Human Robots: Roboter, menschengleich
  2. Der Roboter soll zum Partner werden

So richtig menschlich wirken die beiden Puppen neben ihm nicht. Aber Ishiguro hält sie für gelungen, gute Dienstleister seien das. Er muss erklären.

"Damit ein Mensch einen Roboter als humanoid wahrnimmt, muss der Roboter mindestens zwei menschliche Eigenschaften haben." Eine passende Körperform oder das Aussehen allein reichten nicht. Komme aber eine menschliche Stimme oder ein Geruch dazu oder fühle sich der Roboter irgendwie menschlich an, dann werde die Assoziation hergestellt. Ishiguros Hugvie, eine nur grob menschenförmige Puppe, in deren Kopf ein Handy eingesetzt werden kann, um den Nutzer während des Telefonierens eine körperliche Nähe spüren zu lassen, ist also noch nicht humanoid.

Umarmung per Tastendruck

Der Telenoid daneben aber schon: Er ist die fortgeschrittene Form des Hugvie und besteht aus einem menschenartigen Torso mit Kopf samt Gesicht, Kamera und Lautsprechern, in dessen Körper sich reichlich Elektronik abspielt. Durch sein Gesicht hat der Telenoid nicht nur eine dem Menschen ähnlichere Form als Hugvie, sondern durch seine Fähigkeit, Stimmen zu übertragen, auch noch eine weitere menschliche Eigenschaft. Derjenige, der durch den Telenoid mit einer anderen Person kommuniziert, kann per Tastendruck am Computer auch eine Umarmung veranlassen.

"Das ist doch schon irgendwie menschlich, oder?", fragt Ishiguro wieder, ohne eine Antwort zu erwarten. Andere würden meinen, so viel Menschenähnlichkeit könnte unheimlich werden. Dieses Prinzip des Unheimlichen hat einst Sigmund Freud erkannt: Bei allem, was irgendwie menschlich, aber gleichzeitig unvertraut daherkommt, bekommen viele Personen ein unangenehmes Gefühl. Was sie wahrnehmen, stößt sie ab.

Der japanische Robotiker Masahiro Mori beschrieb dies vor gut 40 Jahren als Phänomen des Uncanny Valley: Ist eine Kreatur noch kaum menschenähnlich, wird sie von Menschen umso mehr akzeptiert, je menschenähnlicher sie wird. Bis bei weiteren artifiziell menschlichen Eigenschaften schließlich eine steile Talfahrt in der Akzeptanz folgt. Plötzlich wirkt das Wesen bei zunehmender Menschlichkeit unheimlich, weil es nicht völlig unmenschlich ist, aber irgendwie auch noch nicht menschlich. Erst später, bei einer sehr starken Ähnlichkeit, soll die Akzeptanz nach Moris These wieder zunehmen.

Das Problem des Unheimlichen hinter sich lassen

Das Uncanny Valley ist das zentrale Problem bei den Arbeiten von Hiroshi Ishiguro. "Ich glaube, dass wir den Menschen prinzipiell perfekt nachbauen können", sagt er, ohne eine Miene zu verziehen. Mit seinem Geminoid, seiner Selbstkopie, glaubt er, dem Original schon sehr nahe zu sein. Auf den ersten Blick ist in der Tat kaum zu erkennen, dass es sich bei dem Roboter, der auch sprechen, nicht aber laufen, riechen oder schmecken kann, nicht um einen Menschen handelt. Die neueste Version seines Alter Ego hat er erst vor wenigen Wochen fertiggestellt. "Er ist wirklich gut geworden, besser als alle Versionen vorher." Ishiguro sagt das mit Stolz, nicht so hektisch wie sonst.

Er stellt sich an ein Whiteboard, nimmt einen Stift in die Hand und malt zwischen Asymptote und Abszisse den Graphen mit dem Uncanny Valley auf. Ein blaues Kreuz setzt er weit rechts oben auf der Kurve, deutlich jenseits des Tals. "Ich glaube, da sind wir im Moment." Seine Einschätzung ist klar: Das Problem des Unheimlichen habe er mit dem neuesten Geminoid hinter sich gelassen. Je menschenähnlicher er ab jetzt noch werde, desto eher werde er von Menschen auch so wahrgenommen. "Das war schon bei einigen vorigen Versionen so. Aber die Akzeptanz ist eine individuelle Sache. Bei einigen Leuten liegt der Punkt auf dem Graphen auch weiter links unten."

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Der Roboter soll zum Partner werden 
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marwie 01. Apr 2014

Auch wenn die Roboter keinen Lohn bekommen, kosten sie Geld, da sie ja hergestellt und...

MrSpok 01. Apr 2014

Das waren mal lebensechte, coole Roboter! - Mit allen Vor- und Nachteilen ...

Anonymer Nutzer 29. Mär 2014

Auja das wäre so himmlisch süß <3 Chii ist so mega putzig! xDDDD Pesocons ftw x) Wären...

andybest 29. Mär 2014

Der Uncanny Valley Effekt bezeichnet das Phänomen, dass die Akzeptanz von technisch...



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