Hogwarts Legacy: Harry Potter und der Kampf der unterschiedlichen Zielgruppen

Das im Universum von Harry Potter angesiedelte Hogwarts Legacy gilt aus kommerzieller Sicht als erfolgreichstes Computerspiel 2023 - und auch in Tests hat der Titel überwiegend sehr gut abgeschnitten. Nur über das Entwicklerstudios Avalanche Software(öffnet im neuen Fenster) ist wenig bekannt.
Nun hat Senior Technical Designer Stephen Dona auf der Game Developers Conference (GDC) 2024 ein paar Blicke hinter die Kulissen gewährt. Unter anderem hat er erzählt, dass Hogwarts Legacy keine Auftragsarbeit war.
Stattdessen habe sich das Team nach der Übernahme durch Warner Bros Games im Jahr 2017 mehr oder weniger eindeutig gewünscht, ein Rollenspiel auf Basis von Wizarding World zu produzieren - was dann ja auch passiert ist.
Womit die Entwickler nach Angaben von Stephen Dona nicht mal ansatzweise gerechnet haben: In der vorbereitenden Marktforschung hat sich herausgestellt, dass es zwei extrem unterschiedliche Hauptzielgruppen von ungefähr gleicher Größe gibt.
Auf der einen Seite seien die erfahrenen Computerspieler, die sich laut Dona ein möglichst innovatives Programm mit mindestens der Schwierigkeitsstufe eines Dark Souls gewünscht hätten.
Und auf der anderen Seite habe es Fans von Harry Potter gegeben, die überhaupt keine Innovationen wollten, sondern eine möglichst detailgenau dargestellte Wizarding World - und die keinerlei Wert auf besondere Herausforderungen gelegt hätten.
Laut Stephen Dona habe das Team versucht, beiden Zielgruppen gerecht zu werden. Alle drei bis sechs Wochen seien interne Playtests durchgeführt worden, um Design und andere Elemente auszuprobieren.
Es habe viele Arten von Lösungen gegeben, um alle Spieler zufriedenzustellen. Beim Kampfsystem habe das Team etwa darauf geachtet, dass man stärkere Waffen nicht nur durch erfolgreich geschlagene Schlachten freischalten kann, sondern notfalls auch durch Angeln oder andere Aktivitäten, um möglichst viel Flexibilität zu bieten.

Ein Bereich, bei dem sich die beiden Zielgruppe extrem unterschiedlich verhalten hätten, sei das Skillsystem gewesen. Erfahrene Gamer hätten jeden Fähigkeitenpunkt sofort in Verbesserungen investiert - selbst wenn dadurch etwa die Stärke nur ein bisschen erhöht wurde.
Die Potter-Fans ohne Spieleerfahrung hingegen hätten erst Fähigkeitenpunkte gesammelt, und dann viele auf einmal für einen stark optimierten Wert ausgegeben. Das entsprechende Menü sei von den Entwicklern mit am häufigsten überarbeitet worden.
Insgesamt habe es laut Dona über zwei Jahre rund 25 teils sehr unterschiedliche Versionen gegeben, bis die Fan-Spieler bei den Playtests kaum noch Punkte gehörtet hätten.
Sehr unterschiedlich sei auch die Navigation abgelaufen. Die erfahrenen Gamer hätten sich quasi sofort zurechtgefunden und ein erkennbar schnelles Gefühl für die Umgebungen, Himmelsrichtungen und Ähnliches entwickelt.

Das sei bei den Probanden, die sich vor allem für Potter interessierten, ganz anders gelaufen. Diese Zielgruppe habe sich bereits beim ersten Einsatz außerhalb von Hogwarts verlaufen, also auf dem Weg nach Hogsmead.
Nach und nach hätten die Entwickler dann festgestellt, dass sich die weniger erfahrenen Gamer schlicht anders orientieren: Viele von ihnen würden sich die Pfade merken - etwa "erst links, dann rechts und bei der Kreuzung wieder links" . Das sei dann auch Spiel verstärkt verwendet worden, außerdem sei auch dafür ein spezieller Kompass eingebaut.
Laut Stephen Dona seien so nach und nach viele Elemente so gestaltet, dass beide Zielgruppen in Playtests so viel Spaß wie möglich gehabt hätten - fast jedenfalls. Denn rund ein Jahr vor der Veröffentlichung im Frühjahr 2023 sei der Schwierigkeitsgrad für die Potter-Fans immer noch zu hoch gewesen, ein relativ großer Teil habe irgendwann aufgegeben.
Im Team habe das zu Diskussionen geführt, was zu tun ist. Es habe durchaus die Option gegeben, mit der Sache zu leben und einige Fans möglicherweise zu frustrieren. Dann sei aber eine andere Entscheidung gefallen: den Schwierigkeitsgrad der Hauptkampagne bei Kämpfen und Rätseln weiter zu senken und die Welt etwas weniger offen zu machen.



