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Hobby: Excel als E-Sport

Gabriela Strój sieht komplexe Finanzmodelle als sportliche Herausforderung. Wir haben uns mit der Nummer 16 der FMWC-Weltrangliste unterhalten.
/ Martin Wolf
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Ambitionen auf die Excel-Krone hat Gabriela Strój nicht, den Ehrgeiz, besser zu werden, aber schon. (Bild: Martin Wolf / Golem.de)
Ambitionen auf die Excel-Krone hat Gabriela Strój nicht, den Ehrgeiz, besser zu werden, aber schon. Bild: Martin Wolf / Golem.de

Excel-E-Sport hört sich trocken an - und das ist es für die meisten sicherlich auch. Aber wer gern knobelt und keine Angst vor ein bisschen Mathematik hat, dürfte seinen Spaß an den Aufgaben haben, die der Financial Modeling World Cup (FMWC) bereithält. Ein paar Beispiele finden sich auf der Webseite(öffnet im neuen Fenster) des Wettbewerbes.

Um auf die Rangliste zu kommen ist jedoch eine Qualifikation vonnöten - und um nach oben zu klettern, bedarf es mehr als nur ein paar Tastenkürzeln und etwas Formelwissen. Als Preisgeld winken von Microsoft ausgelobte 10.000 Dollar.

Gabriela Strój(öffnet im neuen Fenster) aus Polen nimmt seit acht Jahren an solchen Turnieren teil. Sie ist als Angestellte der Wirtschaftprüfungsfirma Price Waterhouse Coopers (PWC) gut im Training, denn komplexe Finanzmodelle sind ihr Job. Derzeit ist sie auf Rang 16 der Teilnehmerliste(öffnet im neuen Fenster) , aber Ambitionen auf die Spitze hat sie eigentlich nicht - ihr sind andere Aspekte wichtiger.

Golem.de: Sie sind schon einige Male ziemlich erfolgreich beim Financial Modeling World Cup angetreten. Wie läuft so ein Wettbewerb ab?

Gabriela Strój: Es gibt immer drei Fallbeispiele, davon ist eines zum Aufwärmen gedacht und eher ein Puzzle, das sich mit logischem Denken lösen lässt. Die anderen sind echte Finanzmodelle, bei denen Wissen über Buchhaltung und die Börse nötig ist.

Das Zeitlimit beträgt lediglich zwei Stunden. Das ist schon lustig, weil man mitunter das komplette Finanzmodell einer Firma erstellen muss, wofür ich sonst vielleicht sechs Wochen brauche. Der Link zum Online-Quiz mit den Materialien zum Download ist 48 Stunden lang gültig, sobald man es aufruft, laufen die zwei Stunden.

Golem.de: Das klingt nach Stress - wie gehen Sie mit dem Druck um?

Strój: Ich würde es nicht als Stress bezeichnen, aber ich muss mich sehr stark konzentrieren. Es gibt Fotos von einem Teilnehmer, der sich in eine Decke eingehüllt hat, so dass er nur noch seinen Bildschirm sieht und in seiner kleinen Höhle durch nichts abgelenkt werden kann. Ich meditiere drei Minuten und versuche meinen Geist zu leeren. Außerdem mache ich mir einen Kaffee und starte meist mitten in der Nacht.

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Golem.de: Warum nehmen Sie an den Wettbewerben teil?

Strój: Ich liebe Rätsel und Puzzles, auch Mathematikwettbewerbe. Wenn ich Freizeit habe oder auf der Arbeit keine herausfordernden Fälle anliegen, löse ich Datenprobleme. Das ist Unterhaltung für mich. Es gibt doch Leute, die den ganzen Tag Lkw fahren und dann zu Hause nach Feierabend den Rechner anmachen, um Euro Truck Simulator zu spielen ... so bin ich auch.

Das Bewerbungsgespräch als Ansporn

Golem.de: Wie sind Sie zum Excel-E-Sport gekommen?

Strój: Ich weiß gar nicht, ob ich diese Geschichte erzählen sollte (lacht), aber was soll's: Vor zehn Jahren war ich beim Vorstellungsgespräch hier bei PWC und der Manager, mit dem ich redete, bekam mit, dass ich ein Excel-Nerd bin. Er erzählte mir von diesen Wettbewerben und meinte, ich solle mir das mal ansehen. Er war gerade von einem Turnier aus New York zurückgekehrt.

Ich hatte zu diesem Zeitpunkt das Gefühl, dass mein Bewerbungsgespräch nicht so gut lief. Abseits von meinen technischen Excel-Kenntnissen dachte ich, dass meine Antworten auf Finanzfragen eher zu wünschen übrig ließen.

Ich dachte: Ich werde hier zwar nicht eingestellt, aber ich nehme an dem Wettbewerb teil und dann zeige ich euch, dass ich Probleme effizient lösen kann!

Golem.de: Also ist es auch ein gewisser Ehrgeiz, der Sie antreibt?

Strój: Das ist schwer zu beantworten. Ich bin nämlich eigentlich kein Typ für Wettbewerbe. Ich mache mir beispielsweise wenig aus meinem Rang in der Liste. Das ist für mich eher ein Nebeneffekt. Ich möchte mir nur gern selbst beweisen, dass ich das kann. Ich muss nicht unbedingt Nummer eins sein oder mehr und mehr Punkte bekommen. Ich mache das, weil mich die Probleme interessieren - und weil es im Gegensatz zu meiner Arbeit eine freiere Herangehensweise ermöglicht. Dieser Gamification-Aspekt ist wichtig.

Golem.de: Wie hat sich der Excel-E-Sport in den letzten Jahren entwickelt?

Strój: Ich denke, er wird zunehmend ernster genommen. Er entwickelt sich zu einem echten E-Sport, ähnlich wie Schach im realen Leben irgendwann als Sportart anerkannt wurde. Inzwischen gibt es in der E-Sport-Szene auch Live-Übertragungen(öffnet im neuen Fenster) der Excel-Turniere.

Golem.de: Welche Ziele haben Sie?

Strój: Ich möchte gern weiter in der Excel-E-Sport-Gemeinschaft sein, teilhaben an den Events. Es ist nicht so, dass ich gar keine eigenen Ziele habe, ich möchte natürlich besser werden. Aber ein hoher Weltranglistenplatz ist nicht mein Ziel.


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