Heroes of Might and Magic 3 (1999): Von Drachen, Medusen und Titanen

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Aus einer unscheinbaren Rundenstrategieserie wurde Heroes of Might and Magic 3 - ein Klassiker, der auch heute noch viele Fans hat.

15. Dezember 2024 um 09:00 Uhr / Von Oliver Nickel

Heroes of Might and Magic 3 erfreut sich ungebrochener Popularität. Bild: Ubisoft / Montage: Golem.de

Die Neunziger waren nicht nur eine Zeit der grauen Computer und bunten Klamotten. Sie können auch als eine der wichtigsten Epochen des Strategiespiel-Genres betrachtet werden: Age of Empires, Command and Conquer, Warcraft, Starcraft, Civilization und Co. hatten ihren Auftakt Anfang oder Mitte der Neunziger.

Zu diesen Klassikern gehört auch Heroes of Might and Magic, dessen dritter Teil selbst heute noch eine kleine, aber hingebungsvolle Spielergemeinschaft hat. Youtuber geben Tutorials und viele Menschen treten weltweit in Partien gegeneinander an. Ein besonders enthusiastisches Team von Fans hat mit der inoffiziellen Erweiterung Horn of the Abyss viele Anpassungen vorgenommen und das Spiel sogar um zwei Fraktionen erweitert. Vor allem in Osteuropa und Russland wird das Game immer noch gerne gespielt.

Doch warum ist uns gerade Heroes of Might and Magic 3 in Erinnerung geblieben? Schließlich gab es zwei Vorgängertitel, die zudem nicht einmal den Anfang der Geschichte bilden. Die startet nämlich mit den Entwicklern Jon Van Caneghem, Mark Caldwell und dem von ihnen gegründeten Spielestudio New World Computing. Mit Might and Magic konnte es sich einen Namen machen.

Der Titel erinnert mit seinen dem Dungeons-and-Dragons-Prinzip nachempfundenen Heldenklassen und Monsterschergen an typische Dungeon Crawler wie Ultima und Wizardry und passte somit gut ins Jahr 1986. Der solide Erfolg des Spiels auf dem Apple 2 ermutigte New World Computing zu vielen weiteren Serienteilen. Bis 1995 gab es insgesamt fünf Might-and-Magic-Spiele.

Eine Fusion zweier Spiele

Diese Titel waren bereits in einer Fantasywelt mit Drachen, Monstern und Helden angesiedelt. Die rundenbasierte Strategiekomponente stammte allerdings von einem anderen Spiel. 1990 brachte New World Computing das bis heute relativ unbekannte King's Bounty auf den Markt. Es hat viel Vorarbeit für Heroes of Might and Magic geleistet - vom rundenweisen Aufbau unserer Stadt über die Erkundung der großen Spielwelt bis hin zu taktischen Kämpfen mit Schwertern, Pfeilen und Zaubersprüchen.

Heroes of Might and Magic III - Golem retro_ (09:07)

1995 wurde die Fantasywelt von Might and Magic mit King's Bounty zu einem Titel vereint. Zunächst arbeitete New World Computing an King's Bounty 2, benannte das Spiel während der Entwicklung jedoch um, damit es von der Might-and-Magic-Marke profitieren konnte. Es war die Geburtsstunde von Heroes of Might and Magic. Dabei wurden die Grundprinzipien von King's Bounty größtenteils beibehalten, jedoch viele neue Monstertypen, abwechslungsreichere Weltkarten, hübschere Charaktermodelle und später sogar ein Welteditor für das Bauen eigener Szenarien hinzugefügt.

Nur ein Jahr später brachte das Entwicklungsteam den zweiten Teil der Saga heraus. Es war eine turbulente Zeit für das kleine Studio, das noch vor dem Release von Heroes of Might and Magic 2 von dem US-Konzern The 3DO Company aufgekauft wurde. Nachdem das Unternehmen mit seiner Spielekonsole 3DO Interactive Multiplayer gnadenlos gescheitert war, richtete sich die Marke durch Zukauf kleiner Entwicklerstudios auf die Spieleentwicklung aus.

Zumindest anfangs machte 3DO einen Glücksgriff. Heroes of Might and Magic wurde durch sein komplexes und taktisches Gameplay zu einem Nischenerfolg. So richtig Fahrt nahm die Serie dann nach einer etwas längeren Entwicklungszeit auf. 1999 erschien der grandiose Klassiker Heroes of Might and Magic 3, der zu Recht auch heute noch beliebt ist.

Perfektion im dritten Teil

Heroes of Might and Magic 3 schnürte die spielerischen Qualitäten der beiden Vorgänger zu einem wesentlich umfangreicheren Paket. Statt einer Handvoll Helden gab es 128 verschiedenen Zauberer und Krieger, die acht unterschiedlichen Fraktionen angehören. Dazu kamen Dutzende Spielkarten und eine besonders herausfordernde KI, die zu vielen Stunden Spielspaß einlud.

Eine der wichtigsten Neuerungen: Erstmals wurden in der Serie höher auflösende und aufwendig animierte Sprites in besserer Farbtiefe eingeführt, die Figuren lebendig und echt aussehen lassen. Diese 2D-Optik sieht auch 25 Jahre später noch immer gut aus.

Dazu kommt der ikonische Soundtrack von Heroes 3. Der ist je nach Fraktion eine Mischung aus feenhafter Eleganz, mystischen Flötentönen und bedrohlichen Blechblasinstrumenten. Das Spiel fängt typische Fantasyklischees audiovisuell sehr gut ein.

Diese Untermalung ergänzt das tiefgründige und taktische Gameplay, bei dem wir Runde für Runde wichtige Entscheidungen treffen müssen. Wollen wir erst einmal mehr Gold generieren oder uns doch für die stärkeren Monster entscheiden? Setzen wir lieber auf einen angriffsstarken Befehlshaber oder einen mächtigen Magier mit todbringenden Zaubersprüchen? Jede Partie in Heroes 3 kann anders verlaufen.

Jedes Szenario ist anders

Das liegt auch an den teils zufällig generierten Inhalten, die in jedem Szenario neu ausgewürfelt werden. In einem Spiel finden wir etwa eine mächtige Klinge, in einem anderen wird unsere Moral in Kämpfen positiv beeinflusst.

In den an Schach erinnernden Schlachten geht es dann aber doch größtenteils um Können und Kampfgeschick. Hier können wir unsere Skeletthorde an die Front schicken oder den Feind zuerst herankommen lassen, um dann mit Angriffen aus der Ferne zuzuschlagen. Dabei kommt ein für 1999 episches Gefühl auf, wenn riesige Drachen gegen Blitze schleudernde Titanen oder Tausende kleiner Goblins kämpfen.

Das sieht, wie bei Schach, einfacher aus, als es ist. Hinter der Fassade steckt ein komplexes Konstrukt aus Fähigkeitswerten wie Lebenspunkten, Initiative und Zusatzfähigkeiten. Jede der acht Fraktionen spielt sich deshalb grundlegend unterschiedlich, wobei wir auch auf logistische Probleme und Versorgungsrouten für unser Reich achten müssen. Ansonsten ist das Spiel schnell aus.

Diese Komplexität machte Heroes of Might and Magic schnell zu einem beliebten Zeitvertreib auf LAN-Parties mit bis zu acht Spielern oder im Hot-Seat-Multiplayer - zwischen hektischen Runden Counter-Strike und Call of Duty. Der Erfolg bescherte dem Spiel zudem zwei weitere Add-ons. Armaggedon's Blade und Shadow of Death führten unter anderem eine neue Fraktion mit Feen und Elementarwesen und eine neue Einzelspielerkampagne ein.

Heroes of Might and Magic III - Golem retro_ (09:07)

Vor allem in Osteuropa und Russland wurde das Spiel etwas verspätet zu einem großen Erfolg, weil es nach dem Zerfall der UdSSR anfangs nicht einer breiten Spielerschaft zur Verfügung stand. Über inoffizielle Wege fand das Strategiespiel aber in die Hände vieler russischer Fans, die es auf den wenigen Heimcomputern auch mit Freunden an einem Bildschirm spielen konnten. Bis heute bilden russische Fans eine der größten Gemeinschaften für Heroes of Might and Magic 3.

Die Zeit nach 3DO

Dem Studio 3DO half das auf lange Sicht aber nicht, es musste im Jahr 2003 und nach dem eher geringen Erfolg von Heroes of Might and Magic 4 Konkurs anmelden. Die Rechte für die Marken Might and Magic und Heroes of Might and Magic gingen für 1,3 Millionen US-Dollar bei einer Zwangsversteigerung an Ubisoft. Heroes V entstand bei dem russischen Studio Nival Interactive, erlangte wie die vielen Nachfolger aber eher wenig Aufmerksamkeit.

Währenddessen konnte sich die Heroes-3-Community über immer weitere Inhalte durch Mods und Maps aus dem Karteneditor freuen. 2011 gipfelte das in der kostenlos herunterladbaren Erweiterung Horn of the Abyss . Fans können sich hier über gleich zwei neue Fraktionen - die mechanischen Konstrukte aus der Factory und die Piratencrew aus dem Cove - und viele weitere Änderungen bei Balance und Gameplay freuen.

Damit nicht genug: Das Studio Unfrozen entwickelt für Ubisoft einen völlig neuen Titel der Serie. Heroes of Might and Magic: Olden Era soll sich auf die Stärken des beliebten dritten Teils zurückbesinnen und ahmt auch den ikonischen 2D-Grafikstil in 3D nach. Der Titel soll im Frühjahr 2025 im Early Access starten.

Heroes of Might and Magic 3 selbst gibt es derweil bei Ubisoft direkt oder im Gog-Store für unter 10 Euro zu kaufen. Es ist der perfekte Zeitvertreib zu Hause und unterwegs - Nostalgiefaktor inklusive.

Übersicht der vergangenen Staffeln von Golem retro_

In unserer Serie Golem retro_ nehmen wir Spieleklassiker ernst: Wir beleuchten im Video einflussreiche, wichtige oder immer noch sehr gute Spiele und die dafür nötige Hardware.

Die Nähe zu gigantischen Pixeln und quiekigen Midi-Klängen ist uns dabei genauso wichtig wie eine Auseinandersetzung mit den Spielmechaniken.

Wie immer wollen wir auf Wünsche aus der Community eingehen und die Spielepixel zeigen, die unsere Leser am liebsten sehen würden. Dafür bitten wir um reichlich Feedback in den Kommentaren, in denen auch ausdrücklich Spielevorschläge erwünscht sind.

Natürlich lesen wir auch gerne Erlebnisse, die unseren Lesern mit dem jeweils besprochenen Titel in Erinnerung geblieben sind.

Übersicht von Golem retro_ Staffel 11 (2024)

Folge 1 Spezial: Schneider CPC mit SymbOS: Multitasking im 8-Bit-Stil

Folge 2: Jill of the Jungle : Epics (nicht ganz so episches) Dschungel-Jump-and-Run

Folge 3: Heroes of Might and Magic 3 (1999) : Von Drachen, Medusen und Titanen

Übersicht von Golem retro_ Staffel 10 (2023)

Folge 1: Doom (1993): Nicht irgendein Shooter, sondern der Shooter

Folge 2: Mega Man 2 (1988): Mega Man rockt

Folge 3: Super Mario 64 (1996): Als Mario die dritte Dimension eroberte

Folge 4: Commodore 64 (1982): Die Väter des C64

Übersicht von Golem retro_ Staffel 9 (2022)

Folge 1: Star Trek Voyager Elite Force (2000): Widerstand ist Zwecklos

Folge 2: Mass Effect (2007): Epische Schlachten und Sex mit Aliens

Folge 3: ATARI VCS (1977): Das Video Computer System

Übersicht von Golem retro_ Staffel 8 (2021)

Folge 1: Resident Evil (1996): Grauenhaft gut

Folge 2: Half Life (1998): Lange Halbwertszeit

Folge 3: Battlefield 1942 (2002): Flugzeuge, Chaos, Battlefield-Momente

Folge 4: Nintendo Gamecube (2001): Der gefloppte Würfel

Übersicht von Golem retro_ Staffel 7 (2020)

Folge 1: Turrican II (1991): Die letzte Schlacht

Folge 2: Knights of the Old Republic (2003): Auf zu neuen Horizonten

Folge 3: Mafia (2002): Don Salieri lässt grüßen

Folge 4: Sega Mega Drive (1990): Der 16-Bit-Krieg ist eröffnet

Übersicht von Golem retro_ Staffel 6 (2019)

Folge 1: Party like it's 1999: Die 510 letzten Tage von Sega

Folge 2 Spezial: Minikonsolen im Vergleichstest: Die sieben sinnlosen Zwerge

Folge 3: Silent Hill (1999): Horror in den stillen Hügeln

Folge 4: Halo (2001): Der Master Chief mit der Frau im Kopf

Folge 5: TES 3 Morrowind (2002): Im Auftrag des Kaisers nach Vvardenfell

Übersicht von Golem retro_ Staffel 5 (2018)

Folge 1 Spezial: Analogue Super Nt im Test

Folge 2: Need for Speed 3: Hot Pursuit (1998)

Folge 3 Spezial: Playstation Classic im Vergleichstest

Folge 4: Command & Conquer (1995)

Folge 5 Spezial: Commodore CDTV (1991)

Übersicht von Golem retro_ Staffel 4 (2017)

Folge 1: The Legend of Zelda (1986 und 1995)

Folge 2 Spezial: SNES Classic Mini im Vergleichstest

Folge 3: Blade Runner (1997)

Folge 4: King's Field 1 (1994)

Folge 5: Age of Empires (1997)

Folge 6 Spezial: xRGB Mini alias Framemeister

Übersicht von Golem retro_ Staffel 3 (2016)

Folge 1 Spezial: NES Classic Mini im Vergleichstest

Folge 2: Quake (1996)

Folge 3: Super Mario Bros. (1985)

Folge 4: Syndicate (1993)

Folge 5: (Jack) Alone in the Dark (1992)

Übersicht von Golem retro_ Staffel 2 (2015)

Folge 1: Super Metroid (1994)

Folge 2: Anno 1602 (1998)

Folge 3: Star Wars Jedi Knight (1997)

Folge 4: The Secret of Monkey Island (1990)

Übersicht von Golem retro_ Staffel 1 (2014)

Folge 1: Star Wars: X-Wing (1993)

Folge 2: Sid Meier's Colonization (1994)

Folge 3: Ultima Underworld (1992)

Folge 4: Rock n' Roll Racing (1993)

Folge 5: Day of the Tentacle (1993)

Folge 6: Speedball 2 Brutal Deluxe (1990)