Meinungsfreiheit gegen Meinungsfreiheit
Allerdings sieht sich auch Maas als Kämpfer für die Meinungsfreiheit. "Mit dem Gesetz, das wir vorlegen, schützen wir die Meinungsfreiheit. Und zwar die Meinungsfreiheit derer, die durch Bedrohungen, Verunglimpfung, Hass und Hetze mundtot gemacht werden sollen. Das können wir nicht akzeptieren", sagte der Minister und fügte die fast unvermeidliche Feststellung hinzu: "Denn das Bewusstsein, dass das Internet ein rechtsfreier Raum ist, ist in einem Rechtsstaat nicht länger akzeptabel."
Zudem verteidigte er die kurzfristig eingefügte Erweiterung der Bestandsdatenauskunft im Telemediengesetz (TMG). Damit solle erreicht werden, dass "diejenigen, die das Opfer von Hasskriminalität im Netz werden, sich bei den Betreibern einer Plattform davon Auskunft erteilen lassen können, wer derjenige ist, der entsprechend ihn geschädigt hat", sagte Maas. Die Regierung halte das für notwendig, "um die Opfer von Hasskriminalität besser zu schützen und dafür zu sorgen, dass die Täter auch verfolgt und bestraft werden können". Das ist eine (wenn auch nicht strafbare) Falschbehauptung, denn für die strafrechtliche Verfolgung können Ermittler bereits jetzt die Herausgabe von Bestandsdaten verlangen.
Wer darf Bestandsdaten anfragen?
Mit welcher Eile der Entwurf zusammengeschrieben wurde, zeigt die Begründung zur erweiterten Bestandsdatenauskunft. Während in der ersten Version noch auf das Jameda-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) Bezug genommen wurde, wird nun korrekterweise das Sanego-Urteil vom Juli 2014 genannt. Damals hatte der BGH entschieden, dass ein Arzt von einem Bewertungsportal nicht verlangen kann, die Identität des Verfassers einer rechtswidrigen Bewertung herauszugeben.
Dem Urteil zufolge steht Betroffenen einer Persönlichkeitsverletzung "Auskunft über Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten" nur zu, soweit dies für eine Strafverfolgung erforderlich ist. Dem Gesetzesentwurf zufolge können Betroffene auch die Herausgabe von Daten verlangen, um zivilrechtlich gegen den Urheber vorzugehen. Kritiker befürchten daher, dass Nutzer auf Bewertungsportalen oder auch auf Plattformen wie Amazon und Ebay nun mit teuren Anwaltsbriefen rechnen müssen, wenn sie Firmen oder Produkte zu hart kritisieren.
Gerichtliche Anordnung soll erforderlich sein
Das Justizministerium geht jedoch davon aus, dass die Bestandsdatenauskunft in solchen Fällen nur bei Vorlage einer gerichtlichen Anordnung möglich sein wird. "Die Herausgabe der Daten durch das soziale Netzwerk muss durch das zuständige Zivilgericht angeordnet werden. Die gerichtliche Anordnung setzt einen entsprechenden Antrag des Verletzten auf Erlass einer einstweiligen Verfügung voraus", sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage von Golem.de. Voraussetzung sei, "dass eine Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben ist, dass der Verletzte zur Durchsetzung seiner aus der Verletzung erwachsenden Ansprüche der Auskunft des Diensteanbieters bedarf und dass die Auskunftserteilung verhältnismäßig ist".
Bislang findet sich eine entsprechende Erläuterung jedoch nicht in der Begründung. Es ist daher gut möglich, dass diese im Gesetzgebungsverfahren noch ergänzt wird. Zu große Änderungen darf sich der Bundestag aber auch nicht erlauben. Wenn dadurch neue europarechtliche Fragen berührt würden, müsste der Entwurf wohl ein weiteres Mal der EU-Kommission zur Ratifizierung vorgelegt werden. Wenn das der Fall ist, dürfte der Wahlkampf in Deutschland aber schon wieder vorbei sein, bevor das Gesetz überhaupt in Kraft tritt.
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Hasskommentare: Maas droht Twitter mit 50 Millionen Euro Strafe |
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^this!!!! Hätte es nicht besser sagen können.
Man könnte ja meinen es wäre Wahlsaison in Deutschland, so unglaublich eifrig dabei ist...
Die Lieblingstätigkeit von Trollen ist andere als Troll zu bezeichnen.
Du willst mir erzählen, dass das Gesetz alle bisher geltenden rechtlichen Konsequenzen...