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Halbleiterfertigung: Samsungs Firmenkultur verspielt Vorsprung

Gedrosselte Smartphone-SoCs , schlechte Ausbeute bei der Halbleiterfertigung und verspätete Prozessknoten: Samsung hat Probleme.
/ Johannes Hiltscher
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Nicht nur diese Galaxy Smartphones sind angeschlagen, Samsung geht es ähnlich. (Bild: Wikimedia Commons)
Nicht nur diese Galaxy Smartphones sind angeschlagen, Samsung geht es ähnlich. Bild: Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0

Samsung ist nach Einschätzung des Analysten Dylan Patel dabei, seine Führung bei der Fertigung von DRAM zu verlieren, nachdem zuletzt bereits die Smartphone-SoCs enttäuschten . Nach Einschätzung Patels(öffnet im neuen Fenster) anhand koreanischer Medienberichte hat Samsung durch mangelhafte Führungskultur seinen Vorsprung bei der Entwicklung von SoCs und Halbleiterfertigung verspielt.

So würden bei dem südkoreanischen Konzern Entscheidungen nicht entsprechend den Erfordernissen getroffen, heißt es vom Analysten. Vielmehr verordne das Management den Ingenieuren die zu nutzende Technik, um hier führend zu sein. So sei bei der DRAM-Fertigung frühzeitig und ohne Not auf extrem ultraviolette Belichtung (EUV) gesetzt worden, was zu Problemen bei der Einführung geringerer Strukturbreiten geführt habe. SK Hynix und Micron setzten auf bewährte Belichtungsprozesse, Micron führte im vergangenen Jahr als erster Hersteller einen 14-nm-Prozess ein(öffnet im neuen Fenster) .

Auch bei der Entwicklung von Smartphone SoCs lief es zuletzt nicht gut. Während die Galaxy-S-Modelle früher stets mit selbst entwickelten Exynos-Prozessoren bestückt wurden, greift man mittlerweile teils auf Qualcomm zurück . Und der eigene Exynos 2200 schneidet sogar noch schlechter ab - trotz zugekaufter RDNA2-Grafik, da die eigene Grafikentwicklung eingestellt wurde.

Schlechte Ausbeute bei Chipfertigung

Zudem könne Samsung aufgrund schlechter Ausbeute (Yield) des 4LPE/LPP-Prozesses deutlich weniger Smartphones mit dem eigenen SoC ausstatten, so Patel. Zwar sei die Defektrate gut, die fertigen Chips erreichten jedoch die angestrebten Parameter nicht. Sie müssten niedriger getaktet und mit höherer Spannung betrieben werden als geplant. Hierfür spricht, dass der alternativ verbaute und im selben Prozess gefertigte Snapdragon 8 Gen1 Mediateks Dimensity 9000 mit gleichen Prozessorkernen hinsichtlich CPU-Leistung unterliegt. Letzterer wird bei TSMC ebenfalls in einem 4-nm-Prozess gefertigt und taktet deutlich höher.

Neben den aktuell genutzten Fertigungsprozessen scheint auch die Entwicklung des neuen 3-nm-Prozesses Probleme zu bereiten. Samsung will als erster Fertiger eine Gate-all-around-Technik nutzen, der Gate-Kontakt der Transistoren ist hier auf vier Seiten vom zu schaltenden Kanal umgeben. Ursprünglich sollte die Massenfertigung 2021 beginnen , zuletzt wurde Ende 2022 als Starttermin angegeben. Qualcomm soll aufgrund der aktuellen Probleme bereits Teile der Produktion des Snapdragon 8 Gen1 sowie seine komplette Bestellung für 3-nm-Chips(öffnet im neuen Fenster) an TSMC vergeben haben. Schon Nvidia hatte zuvor die Fertigung des GA100 lieber nach Taiwan vergeben.

Keine Fehlerkultur

Anstatt Fehler aufzuarbeiten, wird versucht, sie zu vertuschen, wie beispielsweise im Fall des Game Optimizing Service . Dieser hatte auf einigen Galaxy-S-Modellen Anwendungen ausgebremst, wohl um ein Überhitzen des SoC zu vermeiden. Für die Probleme der Halbleiterfertigung wird die gesetzliche Begrenzung der Arbeitszeit auf 52 Stunden pro Woche verantwortlich gemacht. Die DRAM-Fertigung galt lange als Aushängeschild, doch auch sie scheint Probleme zu haben.

Kürzlich äußerte ein Ingenieur öffentlich Kritik am Management - ein Affront. Seiner Aussage nach sind die vorgegebenen Anforderungen schlicht nicht erfüllbar und führen zu permanenten Fehlschlägen. So wurde zuletzt die Entwicklung des 1β-Prozesses eingestellt, der die Strukturbreite bei DRAMs auf 13 nm reduzieren sollte. Nun soll Mitte 2022 der nächstkleinere Knoten bereit für die Produktion sein. Die Halbleiterfertigung befindet sich aktuell in einem internen Untersuchungsverfahren. Es bleibt abzuwarten, ob die offensichtlich bestehenden Probleme damit gelöst oder nur verschoben werden.


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