Halbleiterfertigung: Grünere Chips durch Forschungsprogramm zu Umweltauswirkungen
Das belgische Forschungszentrum Imec gewinnt neue Partner für ein Programm zur Bewertung der Umweltauswirkungen von Chip-Produktion.

Ist die Fertigung eines neuen Chips mit extrem ultravioletter (EUV) Belichtung oder klassischer Immersionslithographie umweltschonender? Welche Fab arbeitet am wenigsten klimaschädlich? Auf solche Fragen finden Chip-Entwickler aktuell keine Antwort. Das Forschungsprogramm Sustainable semiconductor technologies and systems (SSTS) des belgischen Forschungszentrums imec soll das ändern. Mit ASML, ASM, Kurita, SCREEN und Tokyo Electron kamen nun weitere Partner hinzu.
Bereits im Oktober 2021 hatte Apple sich dem SSTS angeschlossen. Dieses bewertet die Umweltauswirkungen verschiedener Fertigungstechnologien anhand von Treibhausgasemission, Wasserverbrauch und benötigter elektrischer Energie. Das soll nicht nur Chipentwicklern helfen, einen möglichst umweltverträglichen Fertigungsprozess auszuwählen. Auch Fab-Betreiber können profitieren, indem sie erfahren, wie sie ihre Emissionen am effektivsten senken können.
Eine solche Bewertung ist komplex, weil sie eine kleinschrittige Analyse des konkreten Produktionsprozesses erfordert. Aus den Veröffentlichungen der Fab-Betreiber zu ihren Umweltauswirkungen lassen sich keine Schlüsse ziehen, da hier alles in einen Topf geworfen wird.
Woher kommen die Zahlen?
Um die Umweltauswirkungen verschiedener Produktionsprozesse bilanzieren zu können, nutzt imec Daten aus seinen eigenen Fertigungsanlagen. Hinzu kommen Informationen von Unternehmen, die in der Halbleiterfertigung eingesetzte Maschinen produzieren. Damit entsteht für verschiedene Prozessknoten mit Strukturbreiten von 28 bis hinab zu 2 nm eine Auflistung von Energie- und Wasserbedarf sowie Emission von Treibhausgasen.
Die Daten werden pro Wafer angegeben und ermöglichen so eine Umrechnung auf den einzelnen Chip. Damit wird beispielsweise erkenntlich, dass EUV-Lithographie weniger Energie benötigt als Mehrfachbelichtung mit Immersionslithographie. Aktuell wird nur der Produktionsprozess von CMOS-Halbleiterfertigung, die beispielsweise für Prozessoren genutzt wird, betrachtet. In Zukunft sollen auch die Produktion von DRAM und Flash-Speicher sowie Packaging und Platinenfertigung analysiert werden. Zudem ist geplant, mit dem Bedarf an Rohmaterialien und Chemikalien weitere Metriken aufzunehmen.
Mit den neuen Partnern kommen umfangreiche Daten zum Produktionsprozess ins Programm. ASML fertigt Belichtungsmaschinen, ASM produziert Maschinen für Atomlagenabscheidung und Kristallwuchs (Epitaxie). Screen stellt unter anderem Maschinen zur Reinigung und Beschichtung von Wafern her, Tokyo Electron bietet ähnliche Maschinen und Systeme zum Halbleiterätzen an, Kurita entwickelt Lösungen zur Wasseraufbereitung.
Wer ist Imec?
Das Interuniversity Microelectronis Centre (Imec) ist ein belgisches Forschungszentrum für Digital- und Nanotechnologie. Es wurde 1984 gegründet, hat seinen Hauptsitz im flämischen Löwen und beschäftigt 5.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in über 95 Ländern. Neben eigener Forschung, beispielsweise im Bereich der Halbleiterfertigung oder Silicon Photonics, bietet es Entwicklungsdienstleistungen an und lizensiert die am Zentrum entwickelten Technologien.
Dafür stehen neben verschiedenen Laboren zwei eigene Reinräume für die Fertigung von 200-mm- und 300-mm-Wafern zur Verfügung. In letzterem wird mit EUV-Belichtung an Prozessen mit Strukturgrößen von unter 7 nm gearbeitet. Das Forschungszentrum erhielt 2006 einen von AMSLs ersten Prototypen für EUV-Belichtung.
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