Jedem Frequenzband sein Material
Im Bereich von 20 bis 40 GHz hat Imec mit GaN gute Erfahrungen gemacht. Verglichen mit klassischen CMOS-Halbleitern sind 15 bis 25 dB höhere effektive Abstrahlleistungen (Equivalent Isotropically Radiated Power, EIRP) möglich. Das bedeutet entweder größere Reichweite, bessere Signalqualität bei gleicher Distanz oder kleinere Halbleiter bei gleichbleibender Abstrahlleistung. Auch im Vergleich zu Galliumarsenid haben GaN-Bauteile hier fast zehn dB Vorsprung.
Noch höhere Trägerfrequenzen im Bereich mehrerer hundert GHz - hier kann nochmal mehr Bandbreite genutzt werden - erfordern aber andere Materialien. Als aussichtsreichen Kandidaten sieht Imec Indiumphosphid (InP), das vor allem in der Optoelektronik eingesetzt wird. Aber auch für Funk-Leistungselektronik ist das Material interessant. Allerdings ist es noch komplizierter in der Handhabung, da es, so Peeters im Vortrag, ziemlich brüchig ist. Das bedeutet kleine Wafer - aktuell haben sie lediglich einen Durchmesser von zwei Zoll - und somit hohe Kosten. Mit neuen Fertigungstechniken will Imec das Material allerdings auf Standard-Silizium-Wafern mit zwölf Zoll Durchmesser nutzen.
Halbleiter aus InP auf einem Silizium-Wafer zu fertigen ist noch herausfordernder als bei GaN. Doch auch hier hat Imec eine mögliche Lösung, die als Heteroepitaxie bezeichnet wird. Dabei wird das Silizium mit Rillen strukturiert, in denen dann das InP wachsen gelassen wird. So wird kein vollständiger Wafer benötigt, Material wird nur da eingesetzt, wo Schaltungen gefertigt werden sollen.
Heterogene Schaltkreise
Die neuen Materialien bringen noch weitere Herausforderungen mit sich: Zumindest vorerst lassen sie sich nicht in einen normalen CMOS-Prozess integrieren. Daher untersucht Imec parallel, welche Schaltungen am besten mit einem bestimmten Prozess zu fertigen sind. Beispielsweise kann ein Verstärker mit InP gefertigt werden, während das eigentliche Funksignal weiterhin in einem CMOS-Halbleiter erzeugt wird. So lassen sich die Vorteile beider Welten - effiziente Verstärkung und günstige CMOS-Technik - miteinander verbinden.
Als Verstärker hat ein Halbleiter auf Basis von InP enorme Vorteile gegenüber regulären Silizium- und Silizium-Germanium-Prozessen. Er benötigt laut Collaert bei einer Trägerfrequenz von 140 GHz für gleiche Funkleistung - verglichen mit einem CMOS-Baustein - die Hälfte an elektrischer Leistung. Außerdem kann der InP-Verstärker auf der halben Fläche realisiert werden. Vorerst müssen allerdings mehrere Dies zusammengefügt werden. Hierfür nutzt Imec spezielle Hochfrequenz-Interposer, auf denen die Dies montiert und miteinander verbunden werden. Das ist erforderlich, da hohe Frequenzen für ein sauberes Signal eine Verbindung mit genau kontrollierter Impedanz und geringer Kapazität benötigen.
Während GaN-Halbleiter bereits in realen Produkten genutzt werden, sind InP-Schaltkreise noch Zukunftsmusik. Bei ersteren geht es aktuell darum, den Preis zu senken, während bei letzteren erst einmal Fertigungsprozesse entwickelt werden müssen. Nichtsdestotrotz erwartet Imec hier bereits 2027 die ersten Produkte. Wie bereits bei der Fertigung von Logik zeigt sich auch beim Funk: Weitere Leistungssteigerungen erfordern immer ausgefeiltere Technik.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Halbleiterfertigung: Abschied vom Silizium für mehr drahtlose Bandbreite |
- 1
- 2
Ich weiß nicht so recht... Gallium (seltener als Lithium) ist nicht gerade häufig und...
Danke für den Hinweis, eigentlich hatte ich das korrigiert - aber offensichtlich nur in...
Kommentieren