Regierung ließ Peilverfahren nicht prüfen
Die Regierung ging demnach davon aus, dass eine genaue Ortung nur bei einem Satellitentelefon mit GPS-Peilung möglich sei. Er wisse aber bis heute nicht, wozu die US-Streitkräfte militärisch in der Lage seien, sagte Romann, der seit 2012 Präsident des Bundespolizeipräsidiums ist. Zuvor hatte Verfassungsschutzmitarbeiter Henrik Isselburg versichert: "Mit Handynummern kann man keinen töten. Das ist nicht möglich und war nicht möglich."
Isselburg und Romann widersprachen damit Einschätzungen von US-Drohnenpiloten und Äußerungen des früheren US-Geheimdienstchefs Michael Hayden. Letzterer hatte vor zwei Jahren gesagt: "Wir töten Menschen auf der Basis von Metadaten." Der frühere Drohnenpilot Brandon Bryant hatte berichtet, dass die Drohnen über eine Art Imsi-Catcher verfügten, um die Handys zu orten und deren Kommunikation zu verfolgen.
Deutscher Dschihadist getötet
Dass es zwischen der Datenweitergabe an die US-Geheimdienste und der Tötung von Terrorverdächtigen einen Zusammenhang geben könnte, muss den Behörden allerdings auch klar gewesen sein. Denn im Jahr 2010 verfügte das Innenministerium, dass der Verfassungsschutz keine Daten an US-Dienste weitergeben darf, die zu einer "unmittelbaren" Ortung geeignet sein könnten. Der damalige Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm hatte um eine solche Klarstellung gebeten, nachdem im Oktober 2010 der deutsche Dschihadist Bünyamin Erdogan von einer CIA-Drohne in Pakistan getötet worden war.
"Unmittelbar" für eine Lokalisierung durch eine Drohne waren nach Ansicht von Regierung und Geheimdiensten damals nur präzise GPS-Daten oder genaue Aufenthaltsbeschreibungen mit Zeitangaben geeignet. Laut Fromm prüften die Verfassungsschützer jedoch nicht, inwieweit Drohnen mit Hilfe von Imsi-Catchern damals schon in der Lage waren, den Standort eines Handys genau zu orten. "In meinem Haus ist nichts getan worden, um die Frage zu klären", sagte Fromm und fügte hinzu: "Ich habe nicht selbst gegoogelt."
Ausnahme für tödliche Einsätze erlaubt
De facto änderte sich nach dem Erlass an der Datenweitergabe nichts. Der Grünen-Ausschussobmann Konstantin von Notz warf der Regierung daher vor, die Frage bewusst nicht geklärt zu haben, um die Weitergabe von Daten nicht zu stoppen. Der Verfassungsschutz hatte zu seiner Rechtfertigung darauf verwiesen, dass die Daten mit einem "Disclaimer" versehen seien, der eine Weiternutzung nur zu "nachrichtendienstlichen Zwecken" erlaube. Zeit Online berichtete jedoch am Mittwoch, dass der Vermerk folgenden Zusatz enthalte, der das Verbot faktisch wieder aufhebe: "Eine Verwendung zum Zwecke des Einsatzes tödlicher Gewalt ist nur dann zulässig, solange und soweit ein gegenwärtiger Angriff vorliegt oder unmittelbar droht." Demnach muss die Regierung davon ausgehen, dass eine solche Verwendung tatsächlich möglich ist.
In seiner Vernehmung vor dem NSA-Ausschuss hatte auch der derzeitige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen die Weitergabe verteidigt. Eine Handynummer reiche nicht aus, um eine Person zu lokalisieren, selbst wenn die US-Drohnen eine Art Imsi-Catcher einsetzten, hatte er gesagt. Es wird sich zeigen, ob sich diese Position nach dem Gutachten ändert und die Datenweitergabe an die USA weiter eingeschränkt wird. Sollte der Disclaimer tatsächlich den Zusatz enthalten, ist wohl nicht davon auszugehen.
Allerdings schränkt Gutachter Federrath am Ende ein: "Die Lokalisierung eines Mobilfunkgerätes bringt keine Gewissheit, welche konkrete Person das lokalisierte Mobilfunkgerät bei sich hat, das heißt eine Personenidentifizierung ist mit den beschriebenen Verfahren nicht möglich." Selbst Drohnenpilot Bryant hatte Maaßen teilweise zugestimmt. So hatte er während dessen Vernehmung getwittert: "Technisch hat er recht, wenn man nur auf die Genauigkeit der Schläge und nicht auf ihre Gründe schaut."
Das heißt, die Lokalisierung erfolgt nicht alleine auf Basis der Handy-Ortung, sondern auch mit Hilfe der Drohnenkamera, die von den Drohnenpiloten gesteuert wird. Dennoch reicht den USA offenbar die Ortung eines Handys aus, um einen Drohnenangriff zu starten. Das heißt: Man kann einen Menschen in der Tat auf Basis einer Handy-Ortung töten, wenn man durch Informanten oder andere Quellen weiß, dass er in diesem Moment auch tatsächlich das Handy in der Hand hat.
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Gutachten für NSA-Ausschuss: Eine Handynummer reicht doch zum Töten |
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Wenn man mit EINEM Finger auf jemanden zeigt, zeigen die DREI anderen Finger der Hand...
Nein, die ethische Komponente besteht hierbei darin, dass ein Mensch (denn als solcher...
Wird sicher lustig wenn er nach Den Haag "müsste". Dir ist wohl folgendes nicht bekannt...
kwt